Maaßen„Wir müssen die Programme gegen Rechts finanziell besser ausstatten“

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Hans-Georg Maaßen (CDU), Ex-Verfassungsschutzpräsident 

  • Seit einem Jahr ist Hans-Georg Maaßen nicht mehr Präsident des Verfassungsschutzes.
  • Doch seit der Debatte über den Begriff “Hetzjagden” in Chemnitz und die verhinderte Beförderung zum Staatssekretär bleibt er eine hoch umstrittene Figur der deutschen Politik.
  • Im Interview erklärt er, wie er nach dem Terrorakt von Halle auf die Gefahr von Rechts blickt.

Herr Maaßen, laut Sicherheitsbehörden hat sich die Zahl der rechtsextremen Gefährder verdoppelt. Warum steigt die Gefahr von Rechts in Deutschland? Die Zahl der Rechtsextremisten ist in der Tat gestiegen, allerdings war dieses in den Neunzigerjahren sogar noch auffälliger. Ich mache mir große Sorgen über den Anstieg bei den gewaltbereiten Personen. Ich beobachte eine Radikalisierung des Rechtsextremismus in Deutschland.

Woran liegt das?

Viele der Personen bewegen sich im Internet in Chatforen, sie leben in einer Blase. Dort radikalisieren sie sich gegenseitig – oft unter der Überschrift „Wir sind die Opfer und müssen uns wehren“. Gerade nach den Fällen Lübcke und Halle muss man sagen, dass diese Entwicklung gefährlich ist.

Holger Münch, Chef des Bundeskriminalamts (BKA), fordert “neue Instrumente“, mit denen nach gewaltbereiten Rechtsextremisten gefahndet werden kann. Was kann das aus Ihrer Sicht sein?

Das grundlegende Problem ist, dass diese Leute sich bereits in der Gesellschaft radikalisieren, weit bevor der Verfassungsschutz auf sie aufmerksam werden kann. Deswegen sage ich: Wir müssen die Präventionsprogramme gegen Rechts finanziell besser ausstatten. Da es vielfach junge Männer sind, die sich radikalisieren, brauchen wir Ansätze, um speziell diese Personen in den demokratischen Teil des Parteienspektrums zurückzuziehen.

Was muss sich bei den Sicherheitsbehörden ändern?

Die Behörden müssen sich wesentlich mehr mit dem Geschehen in Chaträumen beschäftigen und mit dem, was in Subkulturen des Internets geschieht. Dieses Muster findet man bei den Fällen von El Paso, Christchurch und in Halle. Diese Rechtsextremisten fallen keinem Verfassungsschutz auf Demonstrationen oder bei Parteiveranstaltungen auf. Deswegen brauchen die Behörden bessere Zugänge. Aber es wird niemals einen hundertprozentigen Schutz gegen Anschläge geben.

Braucht der Verfassungsschutz mehr Mitarbeiter?

Sicherlich braucht der Verfassungsschutz mehr Mittel und Personal. Aber es kann nicht die einzige Lösung sein. Die Verfassungsschutzbehörden müssen besser zusammenarbeiten. Die Aufgaben müssen besser aufgeteilt werden, damit neue Synergien geschaffen werden.

BKA-Chef Münch und ihr Nachfolger an der Spitze des Verfassungsschutzes Thomas Haldenwang warnen fast demonstrativ vor der Gefahr von rechts. Haben Sie das Gefühl, dass die beiden sich von Ihrer Amtszeit absetzen wollen?

Ich habe das Amt nach dem NSU-Debakel übernommen. Die Arbeit des Verfassungsschutzes stand zu der Zeit auf dem Prüfstand, es gab mehrere Untersuchungsausschüsse. Wir haben die Reformvorschläge und die Forderungen der Politik umgesetzt. Ich selbst habe im dreistelligen Bereich Stellen aufgebaut im Kampf gegen Rechtsextremismus, obwohl mancher Politiker lieber die Schwarze Null im Haushalt halten wollte. Ich habe sogar eine neue Abteilung für Rechtsextremismus gegründet. Wir haben sehr viel gemacht. Die Kritik an mir geht in dieser Beziehung fehl.

Den Vorwurf, dass Sie das Thema während Ihrer eigenen Amtszeit unterschätzt haben, akzeptieren Sie nicht?

Diesen Vorwurf lasse ich nicht auf mir sitzen. Das ist ein durchsichtiger Diskreditierungsversuch meiner politischen Gegner.

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