Kommentar zu Putins deutschen HelfernLeute wie Kubicki sind ein Totalausfall

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Wolfgang Kubicki 

  • Der Fall Wolfgang Kubicki markiert einen neuen Riss: Russland betreibt ein Fracking der politischen Landschaft Europas.
  • Ein Kommentar.

Zur militärischen Lage werden dem russischen Staatschef Wladimir Putin in diesen Tagen keine guten Nachrichten vorgelegt. Der Vormarsch seiner Truppen in der Ukraine stockt. Jede Nacht gehen Munitions- und Waffenlager der Russen in Flammen auf. Nicht mal mehr auf der schon seit 2014 annektierten Halbinsel Krim hat Moskau mittlerweile noch alles unter Kontrolle. Auf dem außenpolitischen Schlachtfeld indessen verzeichnet Putin interessante neue Erfolge. Die Ukraine-Müdigkeit wächst quer durch Europa.

In den Sommermonaten ließ in viele Staaten die Neigung messbar nach, der Regierung in Kiew weiter unter die Arme zu greifen, sei es militärisch oder auch nur finanziell. Innenpolitische Debatten schieben sich vor die außenpolitischen Betrachtungsweisen. Die Aussicht auf Kostensteigerungen und nie dagewesene Sparzwänge im kommenden Winter drückt allerorten auf die Stimmung, nicht zuletzt im wohlstandsverwöhnten Deutschland.

Manche wünschen sich selbst inzwischen wie Kinder trotzig in die Zeit vor dem Krieg zurück. Linke und AfD fangen an zu quengeln und deuten auf die Regierung in Berlin als Urheberin der Probleme, Montagsdemonstrationen sind geplant. Aber auch in der Mitte der Gesellschaft verlieren die ersten die Nerven. Den „sofortigen Stopp aller Sanktionen gegen Russland“ verlangt die Handwerkerschaft Halle in einer aufgeregten Eingabe an Kanzler Olaf Scholz: „Wollen Sie der Kanzler sein, der Deutschland in den Ruin getrieben hat?“

Kubicki will Nord Stream 2 wiederbeleben

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) fordert jetzt sogar die Wiederbelebung der aus guten außenpolitischen Gründen längst beerdigten deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 2. Dies könne vielleicht „helfen, dass Menschen im Winter nicht frieren müssen und unsere Industrie nicht schweren Schaden nimmt.“

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„Wolfgang wird langsam ein bisschen komisch“, sagte der niedersächsische Liberale Konstantin Kuhle schon vor zwei Jahren über seinen 37 Jahre älteren Parteifreund aus Kiel. Doch die Sache ist ein bisschen ernster: Woher kommen Kubickis deutsch-russische Tagträume in einer Zeit, in der Putin Tag für Tag wehrlose Zivilisten hinmorden lässt?

Bei näherem Hinsehen zeigt sich: Der Nationalliberale aus Kiel war schon öfter auf dem Holzweg. Schon nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014 warnte Kubicki immer wieder vor Sanktionen gegen Putin. 2018 focht er für seine Moskau-freundliche Linie auf einem Parteitag und verlor. Zur Putin-freundlichen AfD hielt Kubicki weniger Distanz als andere Liberale. 2020 nannte er den von der AfD ermöglichten kurzzeitigen Aufstieg des sächsischen Liberalen Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten Thüringens anfangs einen „großartigen Erfolg“.

Historische Machtprobe

Sanft sein gegenüber Putin? Sanft sein gegenüber deutschen Rechtsextremisten? Es mag hart klingen, ist aber wahr: In der historischen Machtprobe dieser Zeit zwischen Autoritarismus und Demokratie sind Leute, die so ticken wie Kubicki, ein Totalausfall. Auch den Handwerkern in Halle muss mit Festigkeit begegnet werden. Eine Aufhebung der Sanktionen bei gleichzeitiger Fortsetzung des schlimmsten Vernichtungskriegs seit 1945 wäre eine Einladung an Putin, sich weitere Länder vorzunehmen.

Putin will der europäischen politischen Landschaft externe Schocks verpassen. Wie beim Fracking von Gesteinsschichten sollen sich irgendwann Risse bilden. Putin will in jedem Land die Nationalisten stark machen und ihnen jeweils eine spezielle Verbindung nach Moskau bieten. So kommt er seinen langfristigen Zielen näher: Zersplitterung der EU plus Spaltung der Nato. Die Methode verlangt strategische Geduld in Moskau, kann aber im Prinzip funktionieren. Kubicki markiert einen neuen Riss.

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