Q-Anon, QuerdenkerWie Verschwörungsideologen Kinder instrumentalisieren

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Ein "Q" und das Wort «Querdenker» stehen bei einer Kundgebung gegen die Corona-Maßnahmen am Brandenburger Tor auf dem Fähnchen eines Teilnehmers.

Corona-Maßnahmengegner und Verschwörungsideologen behaupten häufig, es ginge ihnen um den Schutz von Kindern. Das zeigt sich nicht nur bei Klagen gegen Tests und Maskenpflicht in Schulen. Ganze Verschwörungserzählungen ranken sich um angeblichen Kindesmissbrauch durch „pädophile Eliten“. Experten sehen in der Instrumentalisierung von Kindern auch eine Gefahr für den Kampf gegen realen Kindesmissbrauch und Kindeswohlgefährdung.

Um die „Kinder der Zukunft“ soll sich ab dieser Woche ein Online-Kongress von Esoterikern und Verschwörungsideologen drehen. Als Referent angekündigt ist mit Alexander Ehrlich nicht nur ein bekannter Kopf der „Querdenker“-Szene, sondern auch der Sänger Xavier Naidoo. Beworben wird der Kongress von einflussreichen „Querdenkern“, wie dem Ulmer Anwalt Markus Haintz.

Telegramm-Gruppen richten sich an Kinder und Jugendliche

Der Online-Kongress ist das jüngste von zahlreichen Beispielen dafür, wie die Szene Kinder in den Mittelpunkt ihrer Erzählungen und ihrer Werbung stellt. Auf Corona-Demonstrationen traten mehrfach Kinder auf, der bekannte evangelikale „Querdenken“-Influencer Samuel Eckert betreibt seit dem vergangenen Jahr sogar eine eigene Telegram-Gruppe speziell für Kinder und Jugendliche. Und auch bei der Ablehnung der Corona-Schutzmaßnahmen geht es häufig um Kinder, die angeblich besonders unter Maßnahmen wie der Masken- und Testpflicht litten.

„Wir haben vieles in der Pandemiebekämpfung kritisiert, zum Beispiel, dass Kitas lange geschlossen bleiben mussten“, sagt der Präsident des Deutschen Kinderschutzbunds, Heinz Hilgers. „Behauptungen, Corona-Tests und andere Schutzmaßnahmen seien eine Kindeswohlgefährdung, sind aber hanebüchener Unsinn.“

Xavier Naidoo verbreitet QAnon-Erzählungen

Bei dem Kongress für die „Zukunft der Kinder“ sollen neben Esoterikern und Pseudo-Medizinern auch Anhänger von Verschwörungserzählungen sprechen. Eine der angekündigten Referentinnen ist die in Österreich lebende Birgit Doll. Mit einem eingetragenen Verein betreibt Doll die Kampagne „Befreit die Kinder“.

Auf ihrer Website verbreitet sie dabei Teile der QAnon-Verschwörungserzählung, laut der eine globale Elite aus Politik und Unterhaltung massenweise Kinder entführe, missbrauche und ermorde, um aus ihrem Blut ein angebliches Verjüngungsmittel herzustellen. Nichts davon ist belegt oder plausibel. Nichtsdestotrotz wurde die Verschwörungserzählung in den vergangenen Jahren immer populärer. Auch Xavier Naidoo verbreitete sie.

Verschwörungsmythen schaden echten Kinderschützern

Dass die Erzählung so erfolgreich ist, habe auch damit zu tun, dass sie sich um Kinder drehe, sagt die Psychologin Pia Lamberty. „Wenn man Kinder thematisiert, kann man nicht nur knallharte Verschwörungsideologen adressieren, sondern gleich eine viel größere Gruppe“, erklärt sie: „Eltern, potentielle Eltern, oder Großeltern, die das lesen und dann mindestens besorgt sind.“ Dabei würden Urängste angesprochen.

Besonders perfide: In den Telegram-Gruppen und Werbevideos der Szene vermischen sich Verschwörungserzählungen und erfundene Schauergeschichten mit Berichten über echte Fälle von Kindesmissbrauch.

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Kinderschützer Heinz Hilgers sieht darin eine Gefahr: „Verschwörungsmythen führen uns nicht weiter und schaden dem Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kindeswohlgefährdung. Wir brauchen einen sorgsamen Blick auf das Thema“, sagt er. Wenn aber QAnon-Erzählungen verbreitet würden, dann führe das von den echten Tätern weg.

Psychologin Pia Lamberty sieht in den Erzählungen über bedrohte Kinder auch die Gefahr einer gewalttätigen Radikalisierung: „Wer Angst hat, Kinder würden missbraucht und ermordet, kann leichter zu Taten gegen die vermeintlichen Täter mobilisiert werden.“

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