Russlands Krieg in der UkraineWas ist eine Teilmobilmachung?

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Russische Nationalgarde

Soldaten der russischen Nationalgarde (Archivbild)

Am Mittwoch hat der russische Präsident Wladimir Putin die Teilmobilisierung der russischen Streitkräfte angekündigt. Bereits zum russischen „Tag des Sieges“ im Mai hatten Experten und Expertinnen über einen entsprechenden Schritt spekuliert, wegen der ukrainischen Gegenoffensive forderten zuletzt nationalistische Politiker in Russland zu einer General­mobil­machung auf. Der Kreml schloss das bisher allerdings aus. Doch was versteht man darunter? Und was sind die Folgen einer Mobilmachung in Russland?

Was ist eine Mobilmachung?

Allgemein ist unter einer Mobilmachung die Vorbereitung der Streitkräfte eines Staats für einen bevorstehenden Krieg oder die Verteidigung beziehungsweise den Angriff während kriegerischer Auseinandersetzungen gemeint. „Die Soldaten werden in Bereitschaft oder in Bewegung gesetzt, um jeden Augenblick angreifen oder sich verteidigen zu können“, heißt es auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung. „Truppen werden zusammengezogen und an wichtigen Orten positioniert.“ Das bedeutet, dass etwa aktive und teilaktive Soldaten und Soldatinnen neue Befehle erhalten, um Truppen an bestimmten Einsatzorten personell und materiell zu unterstützen.

Bei einer General­mobilmachung oder allgemeinen Mobilmachung werden alle Streitkräfte mobilisiert, bei einer Teil­mobilmachung nur ein Teil der Streitkräfte. Im Falle der aktuellen russischen Maßnahme sollen nur die Reservisten eingezogen werden, teilte Kremlchef Putin in einer TV-Ansprache mit.

Generalmobilmachung in der Ukraine

Nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ostukraine hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Ende Februar 2022 eine allgemeine Mobilmachung angeordnet. Die Anordnung, die zunächst für 90 Tage galt und später verlängert wurde, sieht die Einberufung von Wehr­pflichtigen und Reservisten vor. Zudem durften männliche Staatsbürger im Alter von 18 bis 60 Jahren das Land nicht verlassen.

Was eine Generalmobilmachung in Russland bedeuten würde

Eine General­mobilmachung für den seit mehr als einem halben Jahr dauernden Krieg in der Ukraine gibt es in Russland bisher nicht. Spekulationen, der russische Präsident Wladimir Putin könnte die allgemeine Mobilmachung von Soldaten und Reservisten ausrufen, um die stockende Offensive in der Ukraine voranzutreiben, wies der Kreml in der Vergangenheit immer wieder zurück. Am Mittwoch erklärte Putin dann die Teilmobilmachung.

Die Armee kann daher nun alle Reservisten einziehen, ist aber dennoch weiterhin auch auf Freiwillige angewiesen. Die russischen Streitkräfte rekrutierten zudem zunehmend Strafgefangene, setzten Elemente der russischen Sicherheits­dienste ein und mobilisierten verdeckt Männer aus den teilweise besetzten Gebieten Donezk und Luhansk.

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Eine Mobilmachung würde alle russischen Staatsbürger betreffen, die eine Grundausbildung absolviert haben. Dies könnten bis zu zwei Millionen Russen sein. Experten gehen davon aus, dass Russland aus diesem Pool noch viele junge und fitte Soldaten rekrutieren kann. Betroffen sind auch Russen, die sich im Ausland aufhalten. Wenn russische Staatsbürger sich zum Beispiel in Belarus oder Kasachstan aufhalten, müssen sie nach Russland zurückkehren, trainieren und dann in den Krieg ziehen.

Das bedeutet jedoch auch, dass „plötzlich Söhne und Väter von den Familien weggeholt und zwangsweise an die Front geschickt“ werden, erklärte Gerhard Mangott, Professor für internationale Beziehungen an der Universität Innsbruck mit dem Schwerpunkt Osteuropa und Russland, dem Redaktions­Netzwerk Deutschland. „Das würde zu einem Schock in der Bevölkerung führen.“ (rnd, dpa, ap)

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