Schwächelnde ParteienLafontaine will Fusion von SPD und Linkspartei

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Oskar Lafontaine

Berlin – Der ehemalige Vorsitzende der SPD und spätere Mitbegründer der Linkspartei, Oskar Lafontaine, hält eine Fusion beider Parteien für notwendig und vertritt diese Position in Gesprächen bereits seit längerem. Das erfuhr das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) aus dem Umfeld des 75-Jährigen. Allerdings vermisst er in beiden Parteien das Personal, das eine Fusion realisieren könnte.

Der Vorsitzende der Internationalen Kommission der Linken und langjährige Lafontaine-Vertraute Heinz Bierbaum sagte dem RND: „Er hat mit der Bewegung Aufstehen versucht, auf die Sozialdemokratie einzuwirken. Das hat nicht so geklappt, wie er sich das vorgestellt hat. Aber er wird an diesem Gedenken festhalten.“ Als früherer SPD-Chef bedauere Lafontaine, „in welchem Zustand die SPD ist. Deshalb liegen solche Überlegungen bei ihm sehr nahe.“

Bierbaum selbst sagte, er könne sich einen Zusammenschluss „gut vorstellen. Aber ich sehe gegenwärtig noch nicht die politischen Bedingungen dafür.“ Zunächst „sollten die progressiven Kräfte zusammen finden und zu gemeinsamen Projekten kommen. Eine Vereinigung käme jetzt viel zu früh. Vorher müsste sich die SPD programmatisch und auch in der praktischen Politik deutlich bewegen.“

Klaus Ernst will nichts ausschließen

Der einstige Linksparteichef Klaus Ernst erklärte: „Die Sozialdemokraten sollten zunächst ihren Kurs festlegen und wieder wirklich sozialdemokratisch werden. Wenn die Sozialdemokratie wieder sozialdemokratisch würde, dann könnte und müsste man auch wieder darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, zwei Parteien in demselben Spektrum zu haben.“ Lafontaine und er seien an der Stelle nicht weit auseinander. „Langfristig kann man gar nichts ausschließen“, betonte Ernst.

Lafontaine war 1999 als Bundesfinanzminister des rot-grünen Kabinetts unter Kanzler Gerhard Schröder sowie als SPD-Vorsitzender zurück getreten und hatte im Zuge der Agenda 2010, die eine Abkehr von der damaligen sozialdemokratischen Sozialpolitik bedeutete, gemeinsam mit führenden Vertretern der ostdeutschen PDS und weiteren enttäuschten Sozialdemokraten die Linke aus der Taufe gehoben. Sie war in der Anfangsphase sehr erfolgreich. Mittlerweile ist Lafontaine aber auch auf Distanz zur Linken, der er vorwirft, zu sehr dem Kurs der Grünen zu folgen.

Hinzu kommt die aktuelle Schwäche beider Parteien in den Umfragen, die der Schwäche linker Parteien in den meisten europäischen Ländern sehr ähnelt. Das Umfrageinstitut Infratest dimap gab die SPD zuletzt mit zwölf Prozent an und die Linke mit sieben Prozent; das sind 19 Prozent insgesamt. Bei der Bundestagswahl 2009 kamen beide Parteien noch auf zusammen 35 Prozent.

Warnung vor „Milchmädchenrechnung“

Die Linksfraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht sagte dem RND unterdessen: „Wenn man die SPD, von der die Wähler aktuell nicht wissen, wofür sie eigentlich steht, mit der heutigen Linken, in der wichtige Strategiefragen ebenfalls ungeklärt sind, einfach zusammen wirft, kommt ganz sicher kein Erfolgsprojekt heraus.“ Man könne die jetzigen Umfragewerte beider Parteien auch nicht einfach addieren. Das sei „eine Milchmädchenrechnung“, die die Ursachen für den Wählerverlust verkenne. Denn Parteien bräuchten „ein klares Profil“. Aktuell bringe eine Fusions-Debatte nichts.

Wagenknecht fuhr indes fort: „Wenn die SPD ihre tiefe Krise für einen echten Neuanfang nutzt und statt für Agenda 2010 und GroKo in Zukunft wieder glaubwürdiger für sozialen Ausgleich und die Unabhängigkeit von Wirtschafts- und Rüstungslobbyisten steht, wird sie auch das Vertrauen ihrer Wähler zurück gewinnen. Dann kann man über vieles nachdenken.“

Die SPD-Linke Hilde Mattheis reagierte zurückhaltend. Sie wäre nach eigenen Worten auf lange Sicht offen für den Gedanken eines Zusammenschlusses, hält ihn gegenwärtig aber für unsinnig. „Was wir aufzeigen müssen, ist, dass ein linkes Reformbündnis eine realistische Umsetzungschance hat“, sagte Mattheis. „Es ist Zeit.“

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