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„Alles kindisches Geschwätz“Moskau stellt Bedingungen auf, beleidigt Selenskyj und nimmt Merz ins Visier

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Russlands Außenminister Sergej Lawrow (l.) zusammen mit Kremlchef Wladimir Putin (r.) in Alaska.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow (l.) zusammen mit Kremlchef Wladimir Putin (r.) in Alaska. 

Während Trump auf ein Treffen von Selenskyj und Putin setzt, kommen aus Moskau erneut harsche Worte – vor allem in Richtung Europa. 

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat nach dem Gipfeltreffen von US-Präsident Donald Trump mit europäischen Spitzenpolitikern erneut weitreichende Bedingungen für ein mögliches Friedensabkommen mit der Ukraine aufgestellt. „Ohne eine Berücksichtigung der russischen Sicherheitsinteressen, ohne die Achtung der Rechte der Russen und Russischsprachigen, die in der Ukraine leben, kann von einem langfristigen Abkommen nicht die Rede sein“, sagte Lawrow am Dienstag dem russischen Staatssender Rossija 24.

Ein mögliches Treffen zwischen Kremlchef Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj müsse „sehr gründlich vorbereitet“ werden, sagte Lawrow weiter – und nutzte das Interview mit dem Staatssender erneut auch für Attacken auf Europa.

Sergej Lawrow stellt Bedingungen auf und attackiert Friedrich Merz

Das „Gerede“ einiger Präsidenten und Ministerpräsidenten aus Europa über einen Angriff Russlands auf die Ukraine „ohne Provokation“ sei „alles kindisches Geschwätz“, wetterte Lawrow und nahm mit seinen Worten explizit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ins Visier.

„Sie fordern weiterhin einen sofortigen Waffenstillstand“, erklärte der Vertraute von Putin demnach. „Zumindest einige von ihnen, wie Bundeskanzler Merz, betonen weiterhin, dass man mit Sanktionen Druck auf Russland ausüben müsse“, erklärte Lawrow und behauptete außerdem, dass „Territorialänderungen oft ein integraler Bestandteil von Vereinbarungen“ seien.

Moskau zeigt wenig Interesse an Treffen von Selenskyj und Putin

Damit untermauerte der dienstälteste russische Minister die unnachgiebige Haltung Moskaus – und rückte auch ein von Trump anvisiertes Treffen von Selenskyj und Kremlchef Putin in weite Ferne.

Bei den Gesprächen zwischen Selenskyj, europäischen Spitzenpolitikern und US-Präsident Trump in Washington am Montag war ein baldiges Treffen der beiden Staatschefs ins Spiel gebracht worden. Selenskyj erklärte daraufhin, er sei bereit zu einem Treffen mit Putin. Trump verkündete, er habe mit Putin telefoniert und bereite ein bilaterales Treffen vor.

Lawrow versuchte nun erneut einen Keil zwischen Europa und die USA zu treiben. Im Gegensatz zu den Europäern habe US-Präsident Trump mittlerweile verstanden, dass die „Grundursachen“ für Russlands Angriffskrieg „gelöst“ werden müssten, behauptete Lawrow und bestätigte, dass der US-Präsident vom Kreml zu einem Besuch in Moskau eingeladen worden sei. Zudem beklagte der Außenminister, dass beim Gipfel in Washington „niemand auch nur ein einziges Mal die Sicherheit Russlands“ erwähnt habe. 

Dmitri Medwedew pöbelt auf X gegen Europa und Selenskyj

Zuvor hatte bereits der ehemalige russische Präsident und nunmehrige Vizechef des Moskauer Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, mit einer seiner üblicherweise vulgären Wortmeldungen kaum Zweifel daran gelassen, dass Russland weiterhin nicht zu einem Frieden bereit ist.

Die „antirussische, kriegstreiberische Koalition der Willigen“ habe US-Präsident Donald Trump „auf seinem Terrain nicht ausspielen“ können, frohlockte der Moskauer Lautsprecher, der regelmäßig mit schrillen Tönen an die Öffentlichkeit tritt.

„Europa dankte ihm und schmeichelte ihm“, fügte Medwedew an – und beleidigte schließlich Selenskyj. „Die Frage ist, welche Melodie der Kiewer Clown in Sachen Garantien und Territorien zu Hause spielen wird, sobald er wieder seine grüne Militäruniform anhat“, schrieb Medwedew auf X. 

Auch russische Staatsmedien verhöhnen Selenskyj und Merz

Russische Staatsmedien wählten am Dienstag ebenfalls harsche Worte, um das Gipfeltreffen in Washington zu kommentieren – und nahmen dabei ebenfalls vorrangig Europa ins Visier.

„Das Einzige, was Macron, Merz und Starmer geschafft haben, ist, Selenskyj beizubringen, wie man einen Knicks macht, die Hand küsst und sich in eine dankbare und unterwürfige Verbeugung neigt. Und das ist ihnen gelungen“, hieß es etwa in einer Kolumne des russischen Staatsagentur Ria Novosti, die mit einem KI-generierten Bild einer brennenden ukrainischen Fahne, die aus einem Mülleimer heraushängt, aufgemacht war.

Selenskyj zeigt Bereitschaft für Gespräche mit Putin

Überraschend kommen die harten Worte aus Moskau unterdessen nicht. Bereits kurz nach dem Gipfeltreffen im Weißen Haus hatten mehrere europäische Staatschefs Zweifel daran geäußert, dass Kremlchef Putin für ein Gespräch mit Selenskyj bereit sein könnte.

Der ukrainische Präsident hatte sich für entsprechende Verhandlungen am Montag unterdessen bereit erklärt. Moskau machte nun jedoch postwendend klar, dass es diesem – auch von US-Präsident Trump verfolgten Plan – nicht folgen will.

„Putin will weiter auf Zeit spielen“, kommentierte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, die Haltung Moskaus. Anstatt „einem trilateralen Format“ unter der Beteiligung von Trump zuzustimmen, wolle Putin weiterhin „täglich unsere Städte mit Raketen und Bomben angreifen“, führte der Botschafter aus. Putins Ziel bleibe „die Ukraine auslöschen“, erklärte Makeiev weiter. Russland hatte die Ukraine zuvor in der Nacht auf Dienstag mit den heftigsten Luftangriffen im gesamten August überzogen.

Russland greift an – Macron nennt Putin „Raubtier“

Ähnlich wie Botschafter Makeiev äußerte sich am Dienstag derweil auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Putin müsse „auch für sein eigenes Überleben immer weiter fressen“, sagte Macron in einem am Dienstag ausgestrahlten Interview mit dem französischen TV-Sender LCI. „Daher ist er ein Raubtier, ein Ungeheuer vor unseren Toren“, fügte der französische Präsident an.

Russland sei „dauerhaft zu einer destabilisierenden Macht und einer potenziellen Bedrohung für viele von uns“ geworden, führte Macron aus. Nach dem russischen Einmarsch in Georgien im Jahr 2008 habe Putin „sich selten an seine Zusagen gehalten“, sagte Macron. „Er hat versucht, Grenzen neu zu ziehen, um seine Macht zu vergrößern.“ Die Europäer dürften daher im Umgang mit dem russischen Präsidenten nicht „naiv“ sein.

Sergej Lawrow mit „UDSSR“-Pullover vor dem Treffen zwischen Kremlchef Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump in Alaska. (Archivbild)

Sergej Lawrow mit „UDSSR“-Pullover vor dem Treffen zwischen Kremlchef Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump in Alaska. (Archivbild)

Lawrow hatte unterdessen bereits beim Treffen von Trump mit Putin in Alaska in der letzten Woche Russlands Kriegskurs unterstrichen – der Außenminister war dort mit einem „UDSSR“-Pullover erschienen und unterstrich damit die imperialistischen Absichten Moskaus gegenüber seinen Nachbarländern in Osteuropa. (mit dpa)