Querfront aus Wagenknecht und AfDGeheimplan enthüllt: Wie Putin die deutsche Politik manipulieren will

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Collage, Putin, Wagenknecht, Chrupalla

AfD-Chef Tino Chrupalla, Kremlchef Wladimir Putin und Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. Geheime Dokumente zeigen, wie Moskau die deutsche Politik beeinflussen will.

Die „Washington Post“ konnte Dokumente einsehen, die zeigen, wie der Kreml die öffentliche Meinung in Deutschland manipulieren will. 

Der Kreml setzt auf die Bildung einer Querfront aus der rechtspopulistischen AfD und dem Lager um die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht, das geht aus vertraulichen Dokumenten hervor, über die die amerikanische Zeitung „Washington Post“ am Freitag (21. April) berichtet.

Demnach habe man in Moskau konkrete Zielvorgaben für die Manipulation der öffentlichen Meinung in Deutschland formuliert – und versucht zudem Demonstrationen der deutschen Friedensbewegung gegen den Kurs der Bundesregierung im Ukraine-Krieg zu fördern.

Dokumente enthüllen Wladimir Putins geheimen Plan für Deutschland

Die Dokumente, die von der „Washington Post“ eingesehen werden konnten, sind dem Bericht zufolge zwischen Juli und November des letzten Jahres entstanden. Ungefähr im gleichen Zeitraum feierten sowohl die AfD als auch Wagenknecht große Erfolge in politischen Umfragen.

Die Rechtspopulisten halten sich seit Monaten bei rund 15 Prozent. Wagenknecht kokettiert unterdessen immer wieder mit einer möglichen Parteineugründung. Einer möglichen Wagenknecht-Partei wird politisch großes Potenzial zugeschrieben.

Kreml will Querfront aus AfD und Sahra Wagenknecht gezielt fördern

Eine Umfrage des „Spiegel“ deutete noch im März auf ein Wählerpotential von 25 Prozent für eine von Wagenknecht gegründete und angeführte Partei hin. Vor allem die Anhängerschaft der AfD und der Linken zeigten demnach große Zustimmung für die mögliche Parteineugründung. 

Alice Schwarzer (l.), Frauenrechtlerin, und Sahra Wagenknecht (Die Linke), stehen bei ihrem „Aufstand für den Frieden“ in Berlin auf der Bühne. Zur Kundgebung Ende Februar waren auch Rechtspopulisten erschienen.

Alice Schwarzer (l.), Frauenrechtlerin, und Sahra Wagenknecht (Die Linke), stehen bei ihrem „Aufstand für den Frieden“ in Berlin auf der Bühne. Zur Kundgebung Ende Februar waren auch Rechtspopulisten erschienen.

Diese politische Entwicklung in Deutschland dürfte man im Kreml den nun bekannt gewordenen Dokumenten zufolge nicht nur begrüßen, sondern offenbar auch aktiv gefördert haben – das geht aus den nun enthüllten Überlegungen Moskaus hervor. Beamte westlicher Regierungen bestätigten die Echtheit der Dokumente dem Bericht zufolge gegenüber der „Washington Post“.

Geheimplan aus Moskau: AfD soll zur Partei der „deutschen Einheit“ geformt werden

Ein Dokument aus dem September beschreibt demnach den Plan, in Deutschland eine Koalition aus Wagenknecht, der extremen Linken und der AfD zu schmieden sowie Proteste von Populisten beider Lager gegen die Bundesregierung explizit zu unterstützen.

Für die AfD habe der Kreml sogar ein „Manifest“ verfasst, das die Umwandlung der AfD in eine Partei der „deutschen Einheit“ vorsehe. Demnach sollte sich die AfD ausdrücklich gegen die von Berlin verhängten Sanktionen gegen Russland stellen.

Wladimir Putins Geheimplan: Graffiti sollen Anti-USA-Stimmung fördern

Für diese Kampagne setzte man im Kreml offenbar auch auf kreative Ideen: So sollten Moskaus Plänen zufolge sogar mit Graffiti die öffentliche Meinung in Deutschland manipuliert werden. Zu den Vorschlägen der Russen gehörten dabei offenbar auch Motive wie ein „fetter Uncle Sam“ mit dem Spruch: „Haltet es noch ein paar Jahre aus.“

Ein anderes von Moskau vorgeschlagenes Bild zeigte unterdessen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die auf der Nord-Stream-Pipeline sitzend eine ukrainische Fahne schwenkt. „Es ist mir egal, was die Deutschen denken“, hatte man sich demnach damals im Kreml als Begleitspruch zum Bild ausgedacht.

Auf Geheiß des Kremls? Prorussische Graffiti in Berlin

Tatsächlich tauchen vor allem in Berlin seit Monaten immer wieder Graffiti auf, die sich gegen die Unterstützung der Ukraine richten – und inhaltlich den Vorgaben des Kremls entsprechen. So ist der Slogan „Das ist nicht unser Krieg“ mehrfach im Berliner Stadtbild aufgetaucht.

Die russischen Pläne bestanden dem Bericht zufolge jedoch nicht nur aus Graffiti-Vorschlägen, sondern waren offenbar sehr konkret. So seien Erfolge bei der Einflussnahme über soziale Netzwerke wie Telegram oder Youtube monatlich dokumentiert und gemeldet worden.

Sahra Wagenknechts Ex-Mann bestätigt: „Bestimmte Leute in Russland“ mit Interesse an Querfront

Einen Einblick in die Vorgänge in Moskau gibt derweil Ralph Niemeyer, Ex-Mann von Sahra Wagenknecht – und mit guten Verbindungen in den Kreml ausgestattet. Gegenüber der „Washington Post“ erklärte Niemeyer, bei Treffen mit Beamten des Kreml in Moskau sei zuletzt deutlich geworden, dass „bestimmte Leute in Russland“ ein Interesse an einem Bündnis zwischen Wagenknecht und den Rechtspopulisten hätten.

Dass die Linken-Politikerin die Unterstützung aus Moskau annehmen würde, hält Niemeyer, bei dem es zuletzt eine Wohnungsdurchsuchung wegen einer mutmaßlichen Nähe zur Reichsbürger-Szene gegeben hatte, jedoch für ausgeschlossen.

Sahra Wagenknecht widerspricht: Weder Kooperation mit AfD noch Kontakt nach Russland

Wagenknecht erklärte gegenüber der US-Zeitung unterdessen, dass es „keinerlei Kooperation oder Allianz“ zwischen ihr und der AfD gebe. Jegliche Vermutungen, dass sie mit russischen Offiziellen in Kontakt stehe, bezeichnete Wagenknecht demnach als „absurd“.

AfD-Chef Tino Chrupalla wollte sich unterdessen laut den US-Journalisten nicht dazu äußern, ob die AfD in direkter Kommunikation mit dem Kreml stehe. Die Dokumente geben offenbar keine Hinweise auf einen direkten Draht zwischen Moskau und der AfD.

AfD-Politiker umgarnten Sahra Wagenknecht im zeitlichen Zusammenhang mit Kreml-Plänen

Allerdings, so berichtet es die „Post“, stünden Pro-Wagenknecht-Äußerungen von AfD-Politikerin zeitlich in direktem Kontext mit den im Kreml geschmiedeten Plänen für eine Allianz aus AfD und Wagenknecht-Lager. Kurz nachdem man im Kreml die Geheimpläne für Deutschland entworfen hatte, zeigte so beispielsweise AfD-Politiker Björn Höcke offen Sympathie für Wagenknecht – und lud die Linken-Politikerin öffentlich dazu ein, in die AfD einzutreten.

Der Kreml dementierte die Inhalte der geheimen Dokumente unterdessen in einer Stellungnahme gegenüber der „Post“. So erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskow, die Dokumente seien ein „hundertprozentiger Fake“, man habe zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf die Politik in Deutschland genommen und habe derzeit auch „wirklich keine Zeit für so etwas“, erklärte Peskow.

Wladimir Putin gab die Richtung vor

Doch auch in diesem Punkt deutet die Chronologie auf eine andere Version hin. So hatte Kremlchef Wladimir Putin bereits im Juli die Richtung vorgegeben.

„Selbst in den Ländern, die immer noch Satelliten der Vereinigten Staaten sind, wächst die Einsicht, dass der blinde Gehorsam ihrer herrschenden Eliten gegenüber ihrem Oberherrn in der Regel nicht unbedingt mit ihren nationalen Interessen übereinstimmt, sondern ihnen meist schlicht und ergreifend widerspricht“, hatte der russische Präsident öffentlich erklärt.

Nur wenige Tage später, am 13. Juli, begann man im Kreml der „Post“ zufolge schließlich damit, den Fokus auf die Beeinflussung der politischen Landschaft in Deutschland zu richten. Konkretes Ziel sei dabei gewesen, die westlichen Partner wie EU, USA, Großbritannien und die Nato in der deutschen Öffentlichkeit zu diskreditieren.

AfD-Politiker zeigt sich offen für Querfront: „Die Leute sind schon auf den Straßen“

Während die AfD-Parteiführung keinen Kommentar zu den Dokumenten abgeben wollte, zeigte sich mit Petr Bystron unterdessen ein AFD-Politiker, der über gute Kontakte nach Russland verfügt, offen für die vom Kreml gewünschte Koalition zwischen Rechtspopulisten und dem Wagenknecht-Lager in Deutschland.

Dafür brauche es aber keine Pläne aus Moskau, erklärte Bystron der „Post“ zufolge. „Die Koalition existiert bereits“, zitiert ihn die US-Zeitung. „Die Leute sind schon auf den Straßen und sie stehen Seite an Seite.“

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