US-WahlWas bei einem Patt unter den Wahlleuten passiert

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US-Kongress

Die Gebäudeflügel des US-Repräsentantenhauses des Kapitols in der US-Hauptstadt Washington

Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Joe Biden ist im Bundesstaat Georgia bei der Auszählung in Führung gegangen. Georgia stellt 16 Wahlmänner und –frauen. Würde Biden deren Stimmen für sich gewinnen, läge er zusammen mit dem bereits erreichten 253 bei 269 Stimmen. Die Wahl gewinnt, wer 270 Stimmen auf sich vereinigt.

Wie könnte Biden dennoch gewählt werden?

In mehreren Staaten sind die Wahlmänner- und frauen frei in ihrer Entscheidung und nicht zwingend an das Votum der Wähler gebunden. Ein Wahlmann der Republikaner kann im „electoral college“ für Biden stimmen, ein Demokrat für Trump. Diese Personen werden als „faithless electors“ bezeichnet, als treulose Wahlmänner.

Doch was ist bei einem Patt von 269 zu 269?

In einem solchen Fall des „electoral college tie“ sieht die Verfassung der Vereinigten Staaten vor, dass das neu gewählte Repräsentantenhaus über den nächsten Präsidenten entscheidet.

Nach welchem Verfahren wird entschieden?

Die drei bestplatzierten Kandidaten im „electoral college“ stehen zur Wahl. Jeder Staat im Repräsentantenhaus hat eine Stimme. Washington D.C. hat keine Stimme. Sitzen für einen Bundesstaat im Repräsentantenhaus gleich viele Demokraten und Republikaner, und gibt es dann dort keine Mehrheit für einen Kandidaten, enthält sich der Staat.

Präsident wird, wer die absolute Mehrheit (26 Stimmen) erhält. Erhält im ersten Wahlgang kein Kandidat diese Stimmenanzahl, wird erneut gewählt Zwei Präsidenten wurden in der Geschichte der USA vom Repräsentantenhaus gewählt, Thomas Jefferson 1800 und John Quincy Adams 1824.

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Im alten Repräsentantenhaus waren die Republikaner in 26 der 50 Bundestaats-Delegationen in der Mehrzahl, obwohl die Demokraten im Kongress eine Mehrheit hatten. Trump hätte dann also gute Chancen. Da noch ausgezählt wird, steht die Zusammensetzung des Repräsentantenhauses noch nicht fest.

Wie wird über den Vizepräsidenten/die Vizepräsidentin entschieden?

Über das Vizepräsidentenamt entscheidet der Senat. Hier stehen nur die zwei bestplatzierten zur Wahl. Gewinner ist, wer die Mehrheit der Senatorinnen und Senatoren für sich gewinnt, oder 51 Stimmen.

Welche Folgen kann diese Art der Wahl haben?

Bei diesem Verfahren ist es möglich, dass ein Demokrat Präsident wird und ein Republikaner Vizepräsident.

Gäbe es, neben einem klaren Wahlsieg, noch andere Chancen für Trump, Präsident zu bleiben? 

Durch Verzögerungen bei der Bekanntgabe des Wahlergebnisses – das meint zumindest der Staatsrechtler Alexander Thiele von der Universität Göttingen, Fachmann fürs US-Verfassungsrecht. Er hält die zahlreichen Klagen des Trump-Teams für eine Strategie, die in diese Richtung geht, wie er dem Deutschlandfunk sagte. Wenn sich das Ergebnis immer weiter verzögere, könnte der Gesetzgeber der Bundesstaaten das Ergebnis der Wahl selbst bestimmen, um bis zur Wahl Anfang Dezember seine Wahlmänner und Wahlfrauen entsenden zu können.

In der Verfassung stehe „nämlich gar nicht drin, dass die Bundesstaaten eine Wahl abhalten müssen“. Sondern nur, dass „der bundesstaatliche Gesetzgeber die Wahlmänner“ entsende. Und es gebe „tatsächlich einige konservative Richter auch am Supreme Court, die sagen, wenn das Wahlergebnis unklar ist zu einem Zeitpunkt, wo das Ergebnis aber feststehen muss, dann könnte theoretisch der Gesetzgeber des Bundesstaates die Wahlmänner einfach selber entsenden“.  

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