Der Senat applaudiert Selenskyj, aber der Repräsentantenhaus-Chef McCarthy funkt dazwischen. Es gibt Streit um zukünftige Ukraine-Hilfen.
Streit um Ukraine-Hilfe in den USASelenskyj steht zwischen den amerikanischen Fronten
Etwas ist anders als vor neun Monaten, als er seine letzte Rede im amerikanischen Kongress hielt. Das dürfte Wolodymyr Selenskyj spätestens auffallen, als er ans Mikrofon der Old Senate Chamber tritt. Wie damals trägt der ukrainische Präsident sein olivgrünes Outfit. Und mit einem goldenen Adler über dem Rednerpult und marmornen Säulen an den Wänden wirkt der Raum ähnlich prächtig wie der Plenarsaal im vorigen Dezember. Doch er ist nur halb so groß. Vor allem aber fehlt die Hälfte des Parlaments.
Im Dezember noch hatten die damalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und Vizepräsidentin Kamala Harris als Vertreterin des Senats gemeinsam hinter dem prominenten Gast gesessen und eine ukrainische Fahne hochgehalten. Über Parteigrenzen hinweg gab es mächtigen Applaus für den Vertreter eines Landes, das vom traditionellen amerikanischen Erzrivalen Russland überfallen wurde.
An diesem Donnerstag begleiten nur die beiden Spitzenrepräsentanten des Senats, der demokratische Mehrheitsführer Chuck Schumer und der republikanische Fraktionschef Mitch McConnell, den Gast in den Saal. Kevin McCarthy, der neue republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, aber hat eine gemeinsame Veranstaltung mit seiner Kammer verweigert. Er trifft den Gast nur privat. Zu groß ist der Widerstand gegen weitere Ukraine-Hilfen in seiner Fraktion inzwischen, und zu schwach ist der Opportunist McCarthy, der längst zur Marionette des rechtsradikalen Flügels seiner Partei geworden ist.
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Selenskyj will in Washington für US-Unterstützung der Ukraine werben
Selenskyj ist nach Washington gekommen, um für eine Fortsetzung der US-Unterstützung zu werben. Am Donnerstag muss er live beobachten, dass er sich auf Washington künftig nur noch bedingt verlassen kann. Von den demokratischen und den traditionell republikanischen Senatoren bekommt er Standing Ovations.
Aber noch ehe er ans Mikrofon getreten ist, hat der trumpistische Senator J. D. Vance aus Ohio beim Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) gepostet: „Genug ist genug! Zu diesen und weiteren Forderungen (für Ukraine-Hilfen, Anm. d. Red.) sagen meine Kollegen und ich: NEIN!“ Der Aufruf ist von sechs ultrarechten Senatoren unterzeichnet.
Ultrarechte wurden von Donald Trump angestachelt
Noch größer (und politisch gefährlicher) ist der Widerstand der von Donald Trump angestachelten Ultrarechten im republikanisch dominierten Repräsentantenhaus. Dort muss bis zum Ende der nächsten Woche ein neuer Haushalt verabschiedet werden, der unter anderem ein Paket mit 24 Milliarden Dollar neuen Ukraine-Hilfen enthält.
„Ich werde kein Gesetz unterstützen, dass auch nur einen Penny für die Ukraine enthält“, erklärt die rechtsradikale Abgeordnete Marjorie Taylor Greene pünktlich zur Ankunft von Selenskyj. Und sie hat ein halbes Dutzend extreme Verbündete, denen es im Kern darum geht, jegliche Gesetzgebung zu verhindern.
Auflösungsprozess bei Republikanern verringert Chance auf Haushaltsverabschiedung
Am Donnerstagmittag sind die Extremisten erschreckend erfolgreich: Obwohl McCarthy die Ukraine-Hilfen längst zusammengestrichen hat, blockieren sie komplett die Einbringung des Militäretats. Über den Haushalt kann vorerst also nicht einmal beraten werden. Dabei wäre das nur der allererste Schritt vor einer Abstimmung im Repräsentantenhaus und dann im Senat, worauf das Repräsentantenhaus noch einmal der endgültigen Fassung zustimmen muss.
Angesichts der selbstzerstörerischen Auflösungsprozesse bei den Republikanern sinken die Chancen auf eine Verabschiedung des Haushalts bis zum Monatsende dramatisch. Fieberhaft wird nun nach Auswegen gesucht. Aber die Wahrscheinlichkeit eines Shutdowns steigt. Auch die bereits genehmigten, aber noch nicht ausgezahlten Ukraine-Hilfen der USA könnten dann betroffen sein.
„Wenn wir die Hilfe nicht bekommen, werden wir den Krieg verlieren“, hatte Selenskyj den Senatoren ins Gewissen geredet. Einer radikalen Gruppe von Republikanern ist das offensichtlich gleichgültig. (rnd)