Versteckt in der EifelLuxus-Ruine für Konrad Adenauer wird bei Ebay versteigert

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Baustopp nach sechs Monaten: Das Geschenk der Industriebosse für Adenauer wurde nie fertig.

Baustopp nach sechs Monaten: Das Geschenk der Industriebosse für Adenauer wurde nie fertig.

Duppach – Lissa Ilse Thurner (58) will die berühmt-berüchtigte Villen-Ruine einfach nur loswerden. Mitten im Staatsforst des Eifel-Dörfchens Duppach gelegen, samt 2040 Quadratmeter großem Grundstück mit altem Waldbestand: die „Adenauer-Villa“, nach dem Vorbild von Camp David, dem Sommersitz des amerikanischen Präsidenten, auch „Camp Konrad“ genannt. Zehn Kilometer von Gerolstein entfernt.

Seit Heiligabend wird der Kasten im Internet-Auktionsportal Ebay zur Versteigerung angeboten – das Mindestgebot lag bei einem Euro. „Inzwischen sind wir bei 12.000 Euro gelandet. Von einer Familie aus Mönchengladbach. Die Anzeige ist allein schon an Heiligabend 4500 Mal angeklickt worden“, sagt die Besitzerin. Derzeit gibt es rund 40 Angebote. Die Auktion läuft noch bis 31. Dezember. Am Dienstag, 22. Januar, 18 Uhr, soll dem Höchstbieter der Zuschlag erteilt werden.

Konrad Adenauer war von 1949 bis 1963 Bundeskanzler.

Konrad Adenauer war von 1949 bis 1963 Bundeskanzler.

„Sie glauben ja gar nicht, was bis zum zweiten Weihnachtstag hier los war. Wer alles welche Fragen beantwortet haben wollte.“ Das Grundstück könne „vielfältig genutzt werden“, als Zeltlager für Jugendgruppen, als Freizeitgrundstück, als temporärer Campingplatz. „Der Nutzungs-Fantasie sind keine Grenzen gesetzt“, heißt es in der Anzeige. Ein Interessent habe angefragt, weil er aus dem Haus ein Kinderheim machen wolle. Ihr im Frühsommer verstorbener Vater habe das Grundstück 1980 von dem Textilunternehmer und Generalkonsul Hubert Kogge aus Essen gekauft. „Das das war mehr oder minder Zufall. Mein Vater hat damals mehrere landwirtschaftliche Grundstücke erworben und musste das Objekt im Paket dazu nehmen.“

Ruine von Adenauer liegt versteckt in der Eifel

Das Anwesen ist nicht ganz leicht zu finden. Es liegt auf einem 605 Meter hohen Hügel an der Kreisstraße 52 zwischen den Gemeinden Duppach und Steffeln. Von Duppacher Ortsrand, direkt an der Mineralquelle geht der Fußweg los. Eine halbe Stunde ist man zu Fuß unterwegs, um das Monument mit „zweifelhafter Berühmtheit“ zu finden, wie es in der Ebay-Anzeige heißt. Mit dem Auto dürfen nur Anlieger durch den Wald fahren.

600 Quadratmeter Wohnfläche, eine überdachte Terrasse, riesige Fenster, Innen- und Außenkamin, zahlreiche Zimmer, davon allein drei für Chauffeure. Das alles angeblich ausgerüstet mit einem atombombensicheren Laufschutzkeller und einem Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach. Was sich jedoch als Gerücht entpuppte. Doch über den Rohbau kam „Camp Konrad“ nie hinaus.

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Der erste Korruptionsskandal in der Geschichte der noch jungen Bundesrepublik endete im Winter 1955/56 nach einem halben Jahr mit einem Baustopp. Geplant war das Luxusanwesen als Geschenk der großen deutschen Wirtschaftsvertreter an Bundeskanzler Konrad Adenauer. Er sollte es als Land- und Ruhesitz für private Zwecke nutzen. An der Spitze der Gönner stand der damalige AEG-Vorstandsvorsitzende Friedrich Spennrath, damals einer der mächtigsten Wirtschaftsbosse und Präsident der Industrie- und Handelskammer Berlin.

„Der Bauantrag für ein Jagd-, Wochenend- und Gästehaus bei Duppach wurde am 11. Juli 1955 eingereicht und war schon nach fünf Tagen genehmigt. In einem Staatsforst. Das muss man sich heute mal vorstellen“, sagt die heutige Eigentümerin. „Spennrath hatte halt gute Kontakte zu den Behörden.“

Architekt war mit Lotte Adenauer verheiratet

Den Bau leitete der Kölner Architekt Horst Mathow. Die Baupläne stammten vom Architekten Heribert Multhaupt, der seit 1954 mit Lotte Adenauer verheiratet und somit der Schwiegersohn des Kanzlers war. Als diese Verbindungen durch die Presse öffentlich wurden, zog Adenauer die Reißleine. Seither verfällt die Luxusvilla zusehends und ist in Teilen sogar einsturzgefährdet. Immer wieder nehmen Neugierige den Weg auf sich, um sich die Reste anzuschauen.

„Wir haben dort als Kinder im Frühjahr und im Sommer immer gespielt“, erinnert sich Lissa Ilse Thurner. „Das war für uns etwas ganz Besonderes. Wir haben das immer beobachtet, wie die Leute hier hochkamen und das alles betrachtet haben.“ Ende der 1950er Jahre war der Rohbau im Bauhaus-Stil noch intakt.

Enge Verbindung zwischen Adenauer und Spennrath

Lissa Ilse Thurner ist in Duppach geboren. Sie wolle das Grundstück loswerden, weil sie keine Zeit habe, sich darum zu kümmern. „Ich lebe in Solingen und habe mit Grundstücken gar nichts zu tun. Ich arbeite als Personal- und Unternehmensberaterin und bin oft im Ausland. Meine Mutter ist weit über 80, wohnt zwar vor Ort, aber das schafft sie natürlich auch nicht mehr.“ Die Lage des Hauses sei „unfassbar schön. Von dort oben kann man fast bis Gerolstein schauen. Da haben sie damals für Adenauer schon etwas sehr Schönes ausgesucht“.

Über die engen Verbindungen zwischen Spennrath und Adenauer hatte der „Spiegel“schon im März 1954 berichtet, als der Kanzler bei einem Berlin-Besuch in dessen Grunewald-Villa Quartier nahm. Das ließ den Kanzler offensichtlich noch kalt, aber als das Gerede um das Luxus-Geschenk in der Eifel immer lauter wurde, wurden die Arbeiten nach wenigen Monaten unterbrochen. Die Arbeiter, berichteten Augenzeugen laut „Spiegel“ damals, hätten die Baustelle fast fluchtartig verlassen. Sogar Heizöl soll sich bereits in den Lagertanks befunden haben.

Erkundung nur mit Helm und Licht

Der verrottete Kamin ist auch heute noch zu erkennen.

Der verrottete Kamin ist auch heute noch zu erkennen.

Die Adenauer-Villa liegt sehr versteckt in der Duppacher Waldflur („Auf Steineheld“) auf einem 605 Meter hohen Hügel. Sie ist aus verschiedenen Richtungen über Waldwege am einfachsten über die Kreisstraße K 52 zu erreichen, so der Landschaftsverband Rheinland (LVR). Man erkennt den Bau erst aus 30 Metern Entfernung, weil er im Laufe der Jahre von allen Seiten zugewachsen ist. Die Erkundung ist laut LVR nicht ungefährlich. In den Geschossböden befinden sich große Löcher, die Treppenaufgänge sind verfallen. Im Keller ist dunkel, der aufgebrochene Stahlbeton mit den offenen Armierungseisen birgt ein hohe Verletzungsgefahr. Feste Schuhe, Helm und Taschenlampe sind empfehlenswert.

www.kuladig.de

Was der neue Besitzer mit der Ruine anfangen wird, interessiert die Erbin nicht. Das Grundstück werde „quasi als Weihnachtsgeschenk mit allen Rechten und Pflichten versteigert“. Hinzu kämen „in jedem Falle“ die Grunderwerbssteuer und die Notargebühren zur Übertragung des Areals.

Nur eines ist ausgeschlossen: Das Jagdrecht im Staatsforst ist nicht mit dem Grundstück verbunden. Es werde lediglich ein Waldgrundstück erworben und keine Gewähr für die Beschaffenheit und Güte der Gebäude übernommen. Auch Zusicherungen über Umbau- und Neubaumaßnahmen könnten nicht gegeben werden. Dazu müssten Interessenten bei der Kreisverwaltung anfragen.

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