Vorwürfe gegen RegierungspräsidentinGisela Walsken soll falsche Angaben gemacht haben

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Gisela Walsken dpa 2015

Gisela Walsken (SPD), Regierungspräsidentin in Köln (Archivbild)

Köln – Zehn Monate nach der Flutkatastrophe in NRW mit 49 Toten sind Vorwürfe gegen die Kölner Regierungspräsidentin Gisela Walsken (SPD) laut geworden. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ soll sie über Aktenlieferungen an den damaligen Flut-Untersuchungsausschuss des Landtags falsche Angaben gemacht haben.

So hat die Kölner Bezirksregierung im Januar 2022 nur einen Teil der Unterlagen zum Krisenmanagement aus der Flutnacht vom 14./15. Juli 2021 über das Innenministerium an den Ausschuss weitergeleitet. In einem Schreiben hatte die Regierungspräsidentin dagegen erklärt, die Akten seien vollständig.

Walsken gab an, es habe keine Protokolle gegeben

Bei ihrem Auftritt im Untersuchungsausschuss am 8. April 2022 stellte sich heraus, dass Teile der Unterlagen fehlten. Laut Walsken habe es etwa nur Einsatztagebücher, aber keine Protokolle des damaligen Krisenstabes gegeben. Das widerspricht der Aussage einer Abteilungsleiterin ihrer Behörde. Diese hatte zuvor erklärt: „Jede Krisenstabsitzung wird nach meiner Kenntnis komplett protokolliert. Ich habe die Protokolle zum Teil auch gesehen.“

Alles zum Thema Herbert Reul

Innenminister Herbert Reul rügte in einem Schreiben vom 11. April an den Untersuchungsausschuss die Akten-Affäre: „Mit Bedauern muss mithin festgestellt werden, dass die Bezirksregierung Köln entgegen eindeutiger Erlasslage und der von der Regierungspräsidentin Walsken unterzeichneten Vollständigkeitserklärung  Daten in nicht unerheblichem Umfang trotz mehrfacher und ausdrücklicher Aufforderung durch mein Haus nicht vorgelegt hat.“

131.000 Seiten mussten nachgereicht werden

Auf Geheiß des Innenministeriums gab die Bezirksregierung  Köln am 19. April weitere 68 Dateien mit gut 131.000 Seiten zum damaligen Flut-Krisenmanagement heraus. Darunter fanden sich 15 E-Mail-Funktionsfächer von Mitarbeitern, die mit dem Hochwasser befasst waren. Entgegen Walskens Aussage wurden bereits bei erster Durchsicht des Materials handschriftliche Protokolle der Krisenstabssitzungen von der Abteilungsdirektorin der Kölner Bezirksregierung entdeckt. Darin heißt es nach der ersten Zusammenkunft um 9.08 Uhr des 15. Juli etwa: „Steinbachtalsperre soweit ok, nur letzte Nacht Dammbruchgefahr. Schleiden, OFF übergelaufen, Tote auf der Straße.“

Klaus Voussem, CDU-Obmann im Flutausschuss, sagt: „Frau Walsken hat offenbar teilweise die Unwahrheit gesagt und lange Zeit Akten zurückgehalten, um ihr desaströses Krisenmanagement in der Flutnacht zu vertuschen.“ Nach seinen Angaben fehlt bis heute ein wichtiges Element: Das E-Mail-Postfach der Regierungspräsidentin selbst.

Auf Anfrage wies deren Sprecherin die Vorwürfe zurück. „Dies entspricht nicht den Tatsachen.“ Das Akten-Versäumnis führt sie auf eine „neue Software zur Erstellung von Pdf-Dokumenten“ zurück, „die extra für die Lieferung der Dateien an den Untersuchungsausschuss installiert wurde“.  Demnach habe man wegen eines Bedienfehlers nicht erkannt, „dass die vom Haus bereitgestellten Dateien nicht von dem Programm erfasst und übermittelt wurden.

Späte Reaktion

Anders als andere Regierungspräsidien, die bereits früh am 14. Juli – der Tag der Flutkatastrophe –  einen Krisenstab eingerichtet hatten, um die Kommunen vor Ort zu unterstützen, installierte die Abteilung Gefahrenabwehr bei der Bezirksregierung Köln erst um 20 Uhr eine vierköpfige Koordinierungsgruppe. Bis dahin gab es nur eine Rufbereitschaft. Zu diesem Zeitpunkt waren Stolberg und andere Orte längst überflutet.

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Als sich die Situation in der Nacht zuspitzte, versuchte die Koordinierungsgruppe in Köln nach eigenen Angaben die Regierungspräsidentin und deren Abteilungsdirektorin zu erreichen. Weder um 3.55 Uhr, noch um 4.30 Uhr sowie um 4.35 Uhr nahmen die Verantwortlichen den Hörer ab.  Auf Nachfrage betonte die Bezirksregierung, dass „Frau Walsken in jener Nacht auf den 15. Juli erreichbar war und sie wurde auch erreicht.“

Auch die Talsperren-Aufsicht lag in der Verantwortung des Kölner Regierungspräsidiums. Die zuständige Abteilungsleiterin räumte als Zeugin im Untersuchungsausschuss ein, dass „nur für wenige Talsperren im Land Flutwellenberechnungen“ vorlagen. In der Nacht des 14. Juli drohte der Damm der Steinbachtalsperre zu brechen. Zahlreiche Ortschaften wären betroffen gewesen. CDU-Obmann Voussem fragte die Dezernentin, ob es für dieses „Worst-Case-Szenario einen konkreten Notfallplan gab“. Die Antwort: „Für diesen Fall gibt es keinen Notfallplan.“

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