Die Kinder jubeln über die endlosen Ferien, die Eltern schwitzen unter der Doppelbelastung. Warum sechs Wochen Sommerferien nicht mehr zeitgemäß sind.
Letzter SchultagSommerferien sind eine Zumutung für Eltern und ein Garant für Bildungsungerechtigkeit


Urlaubstage von Eltern decken nicht einmal die Hälfte aller Ferientage ab. Wer hat sich das eigentlich ausgedacht?
Copyright: dpa
Wenn unsere Kinder heute nach Hause kommen, die Ranzen unter die Schreibtische flitschen lassen und sich jubelnd aufs Sofa werfen, dann würde ich mich sehr gern mit ihnen freuen. Sommerferien, sechs Wochen. Yeah! Leider befinde ich mich parallel in der mentalen Vorbereitung auf den nervenaufreibenden Spagat, der ab Montag droht und dieses Training ist vor allem für mein Gehirn so belastend, dass meine Begeisterung etwas müde ausfällt. Denn sechs Wochen Sommerferien sind eine Zumutung für berufstätige Eltern – und ein Garant für Bildungsungerechtigkeit.
Durchschnittlich addiert sich die unterrichtsfreie Zeit an Schulen inklusive beweglicher Feiertage und Lehrerfortbildungen auf 75 Werktage im Jahr. Der Urlaubsanspruch von durchschnittlichen Arbeitnehmern deckt da nicht einmal 40 Prozent ab. Zwar gibt es auch Ferienangebote, aber die variieren von Schule zu Schule, was dazu führt, dass Eltern mit mehreren Kindern jedes Jahr spätestens zur Sommerferienzeit in Stress geraten.
Daddeln in der 40-Stunden-Woche
Es gibt Familien, da nehmen Eltern getrennt voneinander frei, um die Betreuungszeit schultern zu können. Gemeinsame Ferien als Familie bleiben ihnen verwehrt. Es gibt Familien, die buchen ein Hockey-Sommercamp für den Nachwuchs oder gar eine Sprachreise und geben dafür so viel Geld aus, dass der eigene Urlaub ebenfalls ins Wasser fällt. Es gibt Familien, da läuft während der Arbeitszeit der Eltern eben die Konsole. Ferienzeit heißt dann Daddeln in der 40-Stunden-Woche.
Es wundert nicht, dass sich die Bildungsschere nach dem Sommer besonders drastisch öffnet. Daten aus den USA zeigen, dass bis zu zwei Drittel der Leistungsunterschiede bei 14-Jährigen sich mit dem Hinweis auf die Sommerferien erklären lassen.
Gerade für Kinder aus Familien mit wenig Geld ist die Schule die einzige Bildungsinstitution, die sie haben. Schulen müssen deshalb das gesamte Jahr über ein Ort des Lernens und des Lebens sein. Sie dürfen gerne auch mal für ein paar Wochen statt Mathe und Deutsch Artistik und Schnitzen unterrichten. Ihre Türen ganz schließen dürfen sie nicht.