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OPs in der GynäkologieWarum vor allem ältere Patientinnen von Robotik profitieren

4 min
Herr Taran
ist im Halbporträt und Arztkittel zu sehen im Eingangsbereich der Kölner Frauenklinik.

Der Ordinarius für Gynäkologie, Professor Dr. Florin-Andrei Taran, lässt sich beim Operieren von einem Roboter unterstützen.

Lange Zeit wurden vor allem Männer mit dem Roboter „Da Vinci“ operiert. Aber auch in der Gynäkologie hat sein Einsatz große Vorteile. Auch bei älteren Patientinnen. Sybille Schmitz hat sich damit einen Scheiden-Tumor wegoperieren lassen.

Zu ihrem Montagstermin beim Folkloretanz ist sie schon kurz nach der Operation wieder erschienen. Auch die Buschbohnen im 800-Quadratmeter großen Garten mussten auf Sybille Schmitz nicht lange verzichten. Harken, gießen, ernten. „Mein Mann ist nicht so der Gärtner“, sagt Schmitz und lächelt wie eine sehr junge Frau, die gerade die ersten Macken an ihrem Mann kennenlernt, diese aber wohlwollend akzeptiert. Sybille Schmitz heißt eigentlich anders. Ihren richtigen Namen will sie nicht in der Zeitung lesen, zumindest nicht im Zusammenhang mit ihrem Krankheitsbild. „Das ist mir dann doch alles zu intim“, sagt sie und plaudert dann im kleinen Kreis sehr offen.

Anfang Februar dieses Jahres verhieß der Abstrich bei der Frauenärztin nichts Gutes. Zellveränderungen. Es folgten einige Untersuchungen und schließlich erhärtete sich die Diagnose: Scheidentumor. Operation notwendig. Nun ist es so, dass der Unterleib der Frau eine eher komplexe Angelegenheit ist. „Früher mussten wir in solchen Fällen einen Längsschnitt machen um sowohl den Harnleiter als auch die Scheide operativ vom umliegenden Gewebe trennen“, sagt Professor Florin-Andrei Taran. Die Angelegenheit ist so aufwändig und blutig wie sich das anhört und das könne gerade bei älteren Patientinnen zu schweren und langen Regenerationszeiten führen. Nun sieht Sybille Schmitz zwar fidel aus, aber laut Personalausweis hat sie nun schon 84 Mal ihren Geburtstag gefeiert.

Gynäkologische Chirurgen zögerten zunächst

Da passte es sehr gut, dass die Uniklinik Köln seit geraumer Zeit auch in der Gynäkologie den Da-Vinci-Roboter für minimalinvasive Eingriffe nutzt. Viele Jahre lang war diese spezielle Art des Eingriffs, bei dem ein Chirurg einen Roboter steuert, um zu operieren, vor allem aus der Urologie bekannt und kam oft bei Prostata-Krebs zum Einsatz. Warum die gynäkologischen Chirurgen erst nach einigem Zögern mit dem Onboarding des neuen Kollegen startete, erklärt Taran mit einer Skepsis und gewisser Überheblichkeit im Fachgebiet: „Man war der Meinung, das kostet nur viel Geld, das können wir mit all unserer Erfahrung selbst ohnehin besser, brauchen wir also nicht.“ Aber als der Roboter dann endlich kam, war Da Vinci die perfekte Besetzung für eine Patientin wie Sybille Schmidt. Auch ihr Mann Erwin hat die Vorteile sofort erkannt: „Der zittert nicht mit der Hand.“

Taran stimmt ihm zu. Er hat keine Schwierigkeiten damit, sich von einem Roboter bei der Arbeit helfen zu lassen, wenn am Ende das Ergebnis besser ist. „Schon die 3-D-Sicht und die Bildvergrößerung bieten einen enormen Vorteil. Zudem bewegt der Roboter die Instrumente in einem kleineren Radius, das führt auch zu weniger Zug an der Bauchdecke“, sagt Taran. Man stelle sich schon einmal vor, wie viel Platz menschliche Hände benötigen, um einen Knoten zu knüpfen. „Da ist der Roboter auf sehr viel kleinerem Raum klar im Vorteil.“ Der Operateur selbst ermüde zudem weniger schnell. Auch das Zusammenspiel der Instrumente funktioniere reibungsloser. „Bei anderen minimalinvasiven Eingriffen ohne Da Vinci haben wir beispielsweise Material von unterschiedlichen Firmen: Die Klemme, der Sauger, das ist alles nicht zwingend aufeinander abgestimmt.“ Im Ergebnis führe Da Vinci zu einem geringeren Blutverlust und dadurch zu einer schnelleren Heilung.

Und weil der Operateur mit dem Roboter nervenschonend operieren kann, können sexuelle Dysfunktionen vermieden werden. Was trotzdem auf einen zukommen kann: „Die Blase ist ein paar Tage nach solchen Operationen ein bisschen beleidigt“, sagt Taran. Um Blasenentleerungsstörungen zu vermeiden, wird nach der Operation ein Blasendauerkatheter für wenige Tage gelegt.

Sybille Schmitz wollte schon nach drei Tagen wieder nach Hause gehen. Am Ende ist sie fünf geblieben – den Ärzten zuliebe. Dann brachte ihr Mann den Rollator und die beiden spazierten damit nach Hause. Die Nachwirkungen der Operation sind bei Schmitz fast vollständig ausgeblieben. Ein bisschen Brennen beim Wasserlassen zu Beginn. Aber alles im Rahmen. Schmitz lacht mit ihren roten Lippen und winkt ab. Eigentlich treibt sie nur ein Gefühl um: Dankbarkeit. Auch optisch ist alles gut gegangen. „Mein Bauch ist schön wie eh und je.“ Ihrer Fitness hat die Operation keinen Abbruch getan. „Ich könnte Sport machen, ich könnte sogar Marathon laufen“, sagt sie und lehnt sich lachend in die Richtung ihres Mannes. Will sie aber ja gar nicht. Sie will nur „noch ein paar schöne Jahre haben“.