Kölner Mütter über ihre Geburten„Ich musste im RTW nach Troisdorf, weil in Köln kein Kreißsaal frei war“

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Kristina Marzi mit ihrem Baby

Kristina Marzi hat ihren Sohn im Januar im Geburtshaus zur Welt gebracht.

Von der Geburt in der Hebammenpraxis bis zur Krankenwagen-Fahrt durch die Fußgängerzone. Die Geburtsgeschichten unserer Leserinnen.

Erzählen Sie uns von Ihrem Geburtserlebnis, haben wir unsere Leserinnen gebeten. Die Reaktion war überwältigend. Vielen Dank für das Vertrauen an alle Frauen, die sich auf unseren Aufruf gemeldet haben. Uns haben schöne, traurige, berührende, aber auch verärgerte Zuschriften aus Stadt und Region erreicht, von denen wir aufgrund der Menge nur eine Auswahl veröffentlichen können. Vieles, wovon die Mütter darin berichteten, deckt sich mit unseren Recherchen zu der Geburtshilfe in Köln und Region. Alle Artikel dazu können Sie hier nachlesen.

Natalie Hoff, 31, Mutter von drei Kindern

„Eigentlich hatte ich mir für mein drittes Kind eine Hausgeburt gewünscht. Aber über Nacht wurden meine Wehen plötzlich so heftig und ich war so erschöpft, dass die Geburt zu Hause abgebrochen werden musste und ich in ein Krankenhaus verlegt werden sollte. Mein Wunschkrankenhaus war leider voll, es ging also woanders hin. Das hat mich völlig aus der Bahn geworfen. Auch die Sanitäter hatten sichtlich Panik und sind mit mir mit Blaulicht durch die Fußgängerzone gerast. Als ich in dem Krankenhaus ankam, war der Kreißsaal noch nicht gesäubert worden. Ich landete also in einem ungemütlichen Untersuchungsraum. 20 Minuten später kam mein Sohn auf die Welt. Dieser plötzliche Wechsel von meinem gemütlichen Wohnzimmer zu der leider recht kalten Krankenhausatmosphäre mit fremden, leicht gestressten Hebammen, beschäftigt mich bis heute. Zum Glück war ich bereits nach knapp vier Stunden wieder zuhause. Mit meinem Baby, das war die Hauptsache. Leider ist eine Geburt nichts, was wir im Voraus komplett planen können. Aber es könnte ganz anders laufen, wenn wir mehr Personal in den Kliniken und mehr Hebammen hätten.“

Nicole Kumfert, 39, Mutter von einem Kind

„Wir haben uns für eine Klinik mit hebammengeführtem Kreißsaal entschieden, weil uns die intime Atmosphäre bei gleichzeitiger Sicherheit aller notwendigen medizinischen Versorgung sehr wichtig war. Die Geburt selbst musste eingeleitet werden und zog sich eine Weile hin. Aber nach über 23 Stunden kam unsere Tochter auf die Welt. Wir hatten eine fantastische Betreuung durch die Hebammen, die gerade auch meinen Mann immer wieder mit einbezogen haben in den Ablauf.“

Marie Weyer, 34, Mutter von einem Kind

„Ich habe bei meiner Geburt fast mein Leben verloren. Mit dieser Erfahrung kämpfe ich immer noch. Ich hatte mich zu Corona-Zeiten extra in einer Geburtsklinik angemeldet, bei der auch die Männer bei der Geburt dabei sein dürften. Als ich zehn Tage über Entbindungstermin war, sollte die Geburt eingeleitet werden. Ich bin dann an mehreren Tagen mit gepackten Koffern in der Klinik erschienen – und wurde mehrfach wieder nachhause geschickt, weil dann doch kein Platz für mich war. Auch als die Einleitung dann stattgefunden hatte, tat sich nichts. Bis ich dann zwei Tage später aus Erschöpfung um einen Kaiserschnitt bat. Als das Baby da war, ging es mir plötzlich sehr schlecht, weil mit meiner Gebärmutter etwas nicht stimmte. Mein Mann wurde mit dem Kind sehr eilig aus dem OP weggeschickt. Und ich hörte nur, wie die eine Ärztin ein Streitgespräch mit der anderen begann. „Ich verliere die Patientin!“, hat sie diese angeblafft. Es war der Anästhesist, der darauf hinwies, dass ich noch wach sei und alles mitbekommen würde, was besprochen wird. Ich konnte kaum glauben, was da passiert. Aufgewacht bin ich auf der Intensivstation. Von da an waren zum Glück alle sehr hilfsbereit und nett zu mir. Auch die Hebammen auf der Wochenbettstation haben mich sehr unterstützt. Aber bei den Ärztinnen und Ärzten hatte ich das Gefühl, die haben komplett dicht gemacht. Es gab nie die Bereitschaft für ein offenes, klärendes Gespräch. Das schockiert mich bis heute.“

Kristina Langhammer, 37, Mutter von zwei Kindern

„Unsere erstgeborene Tochter kam 2019 in einer Klinik auf die Welt, die Geburt war recht dramatisch, mit Geburtsstillstand, schlechten Herztönen, grünem Fruchtwasser und Saugglocke. Letztendlich zum Glück mit gutem Ausgang, auch wenn ich mehrere Verletzungen davongetragen habe. Leider war die Betreuung nicht wirklich gut, und ich bin inzwischen sicher, dass das entscheidend für den Geburtsverlauf war. Unsere zweite Tochter kam 2022 hingegen ruhig und entspannt und vor allem selbstbestimmt im Geburtshaus auf die Welt. Die 1-zu-1 beziehungsweise sogar 2-zu-1 Betreuung war goldwert und es war ein rundum schönes Erlebnis.“

Melissa Schuster, 36, Mutter von einem Kind

„Meine Geburt wurde medikamentös eingeleitet. Als die Wehen anfingen, war gerade die Besuchszeit zu Ende und mein Partner musste gehen. Ich war auf einem Stationszimmer zusammen mit einer weiteren Frau. Die Wehen kamen heftig und ich wollte gerne meinen Partner bei mir und einen Raum für mich haben. Meine Bitte wurde zweimal abgelehnt, ein Rückzugsort wurde mir verwehrt. Ich musste also nachts mit Wehen mit einer fremden Frau in diesem Zimmer verbringen und konnte weder Licht anmachen noch mich frei bewegen. Ich habe nur auf die Uhr gestarrt und gewartet bis es acht Uhr war und mein Partner wieder zu mir zurückkommen durfte.“

Gim Killian, 42, Mutter von zwei Kindern

„Mein erstes Kind habe ich in einer Klinik, mein zweites zuhause geboren. Ich habe mich in beiden Fällen sehr gut aufgehoben gefühlt. Mein erstes Kind war eine Steißlage, das hat es komplizierter gemacht. Und trotzdem wurde ich ganz individuell behandelt. Ein Kaiserschnitt war kein Thema, obwohl der in so einem Fall durchaus üblich ist. Diese Erfahrung hat mir auch das Fundament und Vertrauen gegeben, mich bei meinem zweiten Kind für eine Hausgeburt zu entscheiden. Bei meiner Familie und mit dem Baby sofort zuhause zu sein, das war intim und besonders schön.“

Simone, 34, Mutter von einem Kind

„Unser Sohn wurde im Juli 2022 geboren. Ich habe mich rechtzeitig in der Uniklinik Köln zur Geburt angemeldet. Als es jedoch wirklich so weit war und die Fruchtblase zu Hause geplatzt ist, war in der Uniklinik aufgrund des Streiks kein Bett mehr für mich frei. Es musste also ein anderes Krankenhaus gefunden werden. Aufgrund von Schwangerschaftsdiabetes und einer anderen Vorerkrankung kam nur eine Klinik mit einem Level-1-Perinatalzentrum infrage. Alle Krankenhäuser in Köln sowie Bonn, Düsseldorf, Leverkusen und Neuss waren voll. Wir machten uns also daraufhin mit unserem eigenen Auto auf den Weg ins circa 40 km entfernte Düren. Dort ist unser Sohn am nächsten Tag dann zur Welt gekommen.“

Miriam Anvik, 36, Mutter von zwei Kindern

„Letzte Woche habe ich mein zweites Kind zur Welt gebracht. Ich bin ganz erleichtert, dass ich das in Köln tun durfte. Leider ist das nämlich keine Selbstverständlichkeit. Auch meinen ersten Sohn wollte ich in Köln gebären. Mit einem Blasensprung ging es in die Klinik. Dort wurde ich zunächst untersucht. Dann wurde uns mitgeteilt, dass es momentan zu viele Patientinnen gäbe und einige verlegt werden müssen. Als Erstgebärende gehörte ich leider dazu. In Köln gab es keinen freien Kreißsaal mehr. Ich musste also im RTW bis nach Troisdorf gebracht werden. Bis dahin habe ich es gerade noch so geschafft. Eine gute Stunde nach Eintreffen und nur viereinhalb Stunden nach Blasensprung habe ich dort mein Kind geboren. Für mich war der Transport mit starken Wehen und ohne meinen Mann wegen der damaligen Corona-Regeln wirklich eine Tortur und tatsächlich der schlimmste Teil der Geburt.“

Ann-Kathrin, 36, Mutter von einem Kind

„In Köln, wie überall, ist die Lage für Schwangere schwierig. Quasi mit dem positiven Test, der am besten weit vor der zwölften Schwangerschaftswoche liegt, muss man auf die Suche nach einer Hebamme gehen. Und das betrifft nicht nur Hebammen für eine Hausgeburt, nein, auch Vor- und Nachsorge ist wirklich knapp. Wir haben das als einen sehr stressigen Punkt empfunden, weil ich davor zwei Fehlgeburten hatte. Aber wir hatten Glück, wir haben unsere Tochter wie geplant zuhause bekommen und die Geburt wurde von drei Hebammen begleitet. Was für ein Luxus! Der bleibt vielen Eltern leider verwehrt. Wir empfinden den Umgang mit den wundervollen Hebammen im Gesundheitssystem erschreckend. Im ganzen Bereich der Schwangerschaft und Geburt geht es gefühlt eigentlich nur noch bergab.“

Carmen Patt, 31, Mutter von zwei Kindern

„In der Nacht hatte ich schon sehr regelmäßig Wehen. Aus der Schwangerschaft mit meiner ersten Tochter wusste ich, dass ich gut mit dieser Situation umgehen konnte. Morgens früh ist mein Mann zur Arbeit gefahren – ein kurzer Frühdienst – und meine Wehen haben auch wieder aufgehört. Trotzdem entschied ich mich, meine Hebamme anzurufen und wir machten einen Termin in ihrer Praxis aus. Mein Mann kam um neun Uhr nach Hause, wir frühstückten und ich ging noch duschen. In der Praxis angekommen, hat mich meine Hebamme untersucht. Der Muttermund war schon sechs Zentimeter geöffnet. Kurz darauf ist meine Fruchtblase geplatzt. Um mir Stress und eine eventuelle Autogeburt zu ersparen, entschieden wir, nicht zu Hause, sondern gleich in der Hebammenpraxis zu entbinden. Mein Mann und meine Hebamme bereiteten den Raum vor. Der Boden wurde ausgelegt mit Inkontinenzmaterial und die zweite Hebamme gerufen. Der Mann meiner Hebamme brachte noch ein paar Handtücher. Knapp zwei Stunden später kam unser Sohn zur Welt. Danach konnten wir uns in Ruhe einkuscheln und es gab noch ein Eis zur Belohnung. Dann ging es nach Hause.“

Julia Hinkel, 33, Mutter von einem Kind

„Bedingt durch Corona gab es zu dem Zeitpunkt meiner Schwangerschaft keine Möglichkeit, Geburtsvorbereitungskurse zu besuchen. Die paar Hebammen, die das online angeboten haben, waren restlos ausgebucht. Somit habe ich versucht, mich mit ein, zwei Podcasts auf die Geburt vorzubereiten. Bis auf ein wenig Kopfschmerzen und Übelkeit zu Beginn verlief die Schwangerschaft wirklich gut. Da ich vor der Geburt selbst aber großen Respekt hatte, habe ich mir eine Geburtsklinik gesucht, in der ich mich gut aufgehoben gefühlt habe. Keine überfüllten Kreißsäle, keine gestressten Ärzte. Nachdem meine Fruchtblase geplatzt war, fuhren mein damaliger Freund und ich ganz entspannt in die Geburtsklinik. Man nahm mich auf, schloss mich ans CTG an und ich bekam erstmal Frühstück. Da sich einige Stunden nichts tat, wurden wir gebeten, spazieren zu gehen. Wir gingen 13.000 Schritte, aber immer noch tat sich nichts. Zwölf Stunden nach Blasensprung wurde mit mir ein Aufklärungsgespräch zwecks Einleitung geführt. Kaum hatte ich den Wisch unterschrieben, kam die erste Senkwehe. Die Geburt ging los. Nach ein paar schmerzhaften Wehen wurde mir die Möglichkeit geboten, in eine Badewanne zu gehen. Das sollte die Geburt entweder beschleunigen oder verlangsamen. Letzteres, um nochmal Kraft zu tanken. Nach zwei Stunden war mein kleiner Krümel endlich bei uns.“

Sonja, 38, Mutter von einem Kind

„Ich habe vor zwei Monaten meinen Sohn auf die Welt gebracht und möchte dieses Krankenhaus nicht mehr betreten. Um es kurz anzureißen: eine schroffe Hebamme, die mir vorgeworfen hat, dass ich viel zu verkrampft wäre. Und eine Assistenzärztin, die mir erst im dritten Anlauf einen Zugang richtig legen konnte. Dieses Gefühl, in dieser Situation mit den beiden gefangen zu sein, war neben den Schmerzen meines Lebens das Schlimmste. Eine halbe Stunde war ich zeitlich gefühlt allein auf Toilette auf dem Gang. Mir hätte sonst etwas passieren können. Dann bin ich eilig wieder in den Kreißsaal zurück, weil ich Angst hatte, mein Kind dort allein zu bekommen. „Ich glaube, ich spüre das Köpfchen“, sagte ich zu der Hebamme. Sie entgegnete nur: „Wir schauen erstmal, wie weit der Muttermund geöffnet ist.“ Und in der Tat, mein Muttermund war weit geöffnet und die Haare meines Sohnes waren auch schon zu sehen. Wieso ist es so schwer, auch eine Erstgebärende ernst zu nehmen?“

Kristina Marzi, 34, Mutter von zwei Kindern

„Ich habe im Januar meinen Sohn in einem Geburtshaus bekommen und dieser Moment hätte schöner kaum sein können. Schon während der Schwangerschaft bin ich vor Ort von den Fachfrauen einfühlsam und professionell betreut worden. Ängste wurden aus der Welt geschafft und Untersuchungen mit viel Zeit und Muße vorgenommen. Als sich unser Sohn dann auf den Weg machte, sind mein Mann und ich voller Zuversicht in Richtung Geburtshaus gestartet und wurden in einer absolut ruhigen und vertrauensvollen Atmosphäre empfangen. Nur drei Stunden später hat unser Sohn das Licht der Welt erblickt. Die beiden anwesenden Hebammen haben gewissenhaft die Herztöne überwacht und mir als Gebärenden beigestanden und die Situation genau beobachtet. Ich habe mich zu jeder Zeit in den besten Händen gefühlt und letztlich mein Kind mit über fünf Kilogramm ohne Aufregung, nennenswerte Verletzungen oder Eingriffe während der Geburt geboren. Der große kleine Kerl war direkt völlig fit und wir konnten weitere drei Stunden später den Heimweg antreten. Sicherlich ist nicht für jede Frau eine Geburt im Geburtshaus der richtige Weg, aber allein das Gefühl, keine Patientin, also nicht krank zu sein, hat mich in der mentalen Haltung gestärkt, dass ich als Frau dazu gemacht bin, Kinder zu gebären. Ohne Schmerzmittel, ohne ständige Untersuchung, aber mit der Unterstützung und Hilfestellung, die die wunderbaren Hebammen gegeben haben.“

Nicole, 36, Mutter von zwei Kindern

„Ich habe zwei verrückte Geburten hinter mir in Köln. Die erste Geburt mit Einleitung in einem Raum mit einem anderen Neugeborenen. Während ich auf meine Wehen wartete, schrie das Baby ohne Pause. An Ausruhen war also nicht zu denken. Zwanzig Stunden lag ich schließlich in den Wehen. Die meiste Zeit allein, von einer Hebamme kaum eine Spur. Alle zwei Stunden kam mal eine für fünf Minuten zu mir, um kurz zu schauen, wie es mir geht. Schließlich wurde mir erklärt, dass ein Kaiserschnitt durchgeführt werden muss. Da lag ich, mit Schmerzen und ohne Betäubung und habe auf meine OP gewartet, weil sie auch keine Anästhesistin finden konnten. Bis heute habe ich meinen Geburtsbericht nicht bekommen, trotz mehrfachem Nachfragen. Auch nach der Geburt habe ich keine richtige Unterstützung erhalten, vor allem nicht beim Stillen. Alle haben mir etwas anderes erzählt. Für mich war das alles traumatisch. Ich frage mich bis heute, ob der Kaiserschnitt überhaupt notwendig war. Mein zweites Kind habe ich dann im Geburtshaus bekommen. Ohne Schmerzmittel und ohne Kaiserschnitt, in ständiger Begleitung meiner Hebamme. Das war meine seelische Heilung.“

Izabela Solbeg, 36, Mutter von einem Kind

„Ich habe mich erst sehr spät in meiner Schwangerschaft mit der Geburt beschäftigt. Und als ich es dann tat, war ganz schnell klar, dass ich zuhause entbinden möchte. Zumindest wollte ich zuhause bleiben, solange es geht. Erst dadurch habe ich gemerkt, wie sehr die Geburt in unserer Kultur als ein Risiko gesehen wird. Mit wie viel Angst wir einer Geburt begegnen. Ich bin so dankbar, dass ich eine kraftvolle Geburt zuhause erleben dürfen. Es war lang, es war schmerzhaft und trotzdem einfach wundervoll. Ich bin mir sicher, dass diese Geburt in einem Krankenhaus nicht so positiv verlaufen wäre. Natürlich bin ich auch dankbar, dass es Kliniken gibt und dort Menschen mit großartigen Fähigkeiten arbeiten. Ich weiß, dass jede Geburt bei Komplikationen im Krankenhaus enden kann. Und trotzdem bin ich sehr glücklich darüber, dass ich nackt und frei zuhause mit zwei Hebammen, meinem Mann und unserer alten Hündin einen unglaublichen Tag erleben durfte.“

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