Intensivmediziner„Ich habe keinen einzigen überzeugten Impfgegner in Köln gesehen“

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Krankenhaus Köln Merheim

Das Krankenhaus Köln-Merheim

Köln/Berlin – Die Corona-Fallzahlen haben am Dienstag den neunten Tag in Folge einen neuen Höchststand erreicht, in einigen Regionen Deutschlands liegt die Inzidenz über 1000. Die Warnungen aus den Krankenhäusern werden immer eindringlicher.

Der NDR-Podcast „Das Coronavirus-Update“, im dem sonst Christian Drosten und Sandra Ciesek im Wochenrhythmus zu Wort kommen, widmet sich am 16. November in einer Sonderfolge der Lage der Intensivmedizin.

Kölner Lungen-Arzt: „Unsere Intensivstation ist schon voll“

NDR-Redakteurin Beke Schulmann spricht eine Dreiviertelstunde lang mit Christian Karagiannidis, Leitender Oberarzt in der Lungenklinik Köln-Merheim und Leiter des Intensivregisters Divi, in dem die Anzahl der freien Intensivbetten in Deutschland aufgeführt wird. „Unsere Intensivstation ist schon voll, und es sind bevorzugt junge, ungeimpfte Menschen, so wie sich das auch deutschlandweit darstellt“, sagt Karagiannidis.

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Der Anstieg bei den Intensivpatienten in Nordrhein-Westfalen sei aber aufgrund der relativ hohen Impfquote im Verhältnis noch moderat. Die größeren Zentren mit maximalversorgender Ausrichtung seien aber ausgelastet. 

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Derzeit gibt es über 3250 Covid-Patienten auf Intensivstationen in ganz Deutschland. Davon entfielen aber 40 Prozent auf Sachsen, Thüringen und Bayern – diese regionalen Unterschiede habe es in vorangegangenen Wellen nicht gegeben. Ein besonderer Druck entstehe durch das Fehlen des Pflegepersonals, und Covid-Patienten seien besonders pflegeintensiv.

Noch immer seien 90 Prozent der Covid-Patienten ungeimpft, so der Mediziner. „Man sieht daran, dass die Impfung noch immer sehr gut vor der Intensivpflichtigkeit schützt“, resümiert Karagiannidis. Man müsse ehrlich kommunizieren, dass es Impfdurchbrüche gebe, und dass man auch als Geimpfter auf der Intensivstation landen könne. Deren Prozentsatz sei aber um ein Vielfaches niedriger. Bei sehr alten Patienten und vorerkrankten Personen könne es trotz Impfung einen schweren Verlauf geben, aber insgesamt sei die Lage klar. Die Moderatorin und der Mediziner verweisen in diesem Zusammenhang auch auf das Video von Ma Thi Nguyen-Kim, in dem die Wissenschaftsjournalistin die Verhältnismäßigkeiten erklärt.

Gefälschte Impfausweise auch in Köln im Umlauf

Karagiannidis sagt, er stoße inzwischen vermehrt auf gefälschte Impfausweise. „Es tut einem immer wieder weh, wenn man sieht, wie schwer ein Mensch erkrankt ist, der vorher seinen Impfausweis gefälscht hat.“ Der Mediziner sagt aber auch über seine Patienten, die eine schwere Erkrankung überstanden haben: „Ich habe keinen einzigen überzeugten Impfgegner hier bei uns in Köln gesehen. Das waren normale Menschen, die sich einfach nicht haben aufraffen können zur Impfung und das im Großen und Ganzen hinterher bereut haben“, erzählt er aus seinem Alltag.

Die Sterblichkeit der beatmeten Covid-Patienten in der ersten Welle habe bei einem hohen Wert von 50 Prozent gelegen. Dies sei erst in der dritten Welle besser geworden, und er hofft, mit den besseren Behandlungsmöglichkeiten in der vierten Welle unter 40 Prozent zu kommen. (cme)

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