Kriminelle StrategienSo wird man ohne Arbeit reich

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Falschgeld oder echte Scheine? - Wer die Maschen der Mauschler, Betrüger, Abzocker und Verbrecher kennt, fällt nicht so leicht auf sie herein. So lautet der Tenor des Ratgebers.

Falschgeld oder echte Scheine? - Wer die Maschen der Mauschler, Betrüger, Abzocker und Verbrecher kennt, fällt nicht so leicht auf sie herein. So lautet der Tenor des Ratgebers.

Es gibt im Buchhandel hunderte Ratgeber, die mit legalen oder semi-legalen (Steuer-)Tricks schnellen Reichtum versprechen. Etwas anders ist das bei dem im Riva Verlag erschienenen Buch „Reich ohne zu arbeiten – 100 Strategien von Kriminellen, um ans schnelle Geld zu kommen“. Darin scheint es zunächst um Tipps zu gehen, die zwar strafbar sind, aber den eigenen Wohlstand mehren. Eher unscheinbar darunter gedruckt folgt aber der Titelzusatz „Wie Sie sich schützen können“. Denn das Buch soll laut Verfasser keine Anleitung zu Straftaten geben, sondern uns Otto-Normalverbraucher „mahnen und warnen“.

Der Autor des 208 Seiten langen Ratgebers bleibt übrigens anonym, was auf den ersten Blick nicht besonders seriös wirkt. Das Vorwort verrät, dass es sich nicht gerade um einen Menschenfreund handelt: „Dieses Buch erzählt von Mauschlern, Betrügern, Abzockern und Verbrechern. Es beschreibt haargenau, wie gewisse Teile unserer Gesellschaft ihr Leben auf Lügen und krumme Machenschaften bauen. Es ist der Spiegel einer Gesellschaft, die weitaus schlechter ist als ihr mieser Ruf.“ Das klingt nach einem Pauschalurteil und macht nicht gerade Laune, weiterzulesen.

Das Themenspektrum ist laut Inhaltsverzeichnis breit - von den Tricks der kleinen Leute über Ebay-Betrügereien bis hin zu Schneeballsystemen und Kopfgeldjägern wird der Leser über (fast) alle Möglichkeiten informiert, wie man Mitmenschen betrügt, ausnutzt und um ihr Erspartes erleichtert.

Gleich der erste Fall schildet den Missbrauch eines Gewerbescheins, mit dessen Hilfe sich Bankkaufmann Thomas G. teure Flugreisen zum Schnäppchenpreis erschwindelt. Als Inhaber eines Reisebüros - das nur auf dem Papier existiert - kommt er an äußerst günstige Flüge in der Businessclass und spart auch kräftig bei den Hotelkosten. Das Gewerbe anzumelden kostet hingegen nur etwa 25 Euro, hinzu kommen 10 Euro für falsche Visitenkarten und ein spendiertes Essen für die seriös wirkende Internetseite, die ein Freund für ihn gebastelt hat – „falls es doch einmal Zweifel vonseiten des Finanzamtes geben sollte“, erklärt Thomas G. freimütig.

Um bares Geld statt Reisen geht es bei den illegalen Steuertricks, die im Kapitel 3 beschrieben werden. Zum Beispiel: „Ganz schlaue Steuerfüchse übertragen ihre Anlagen auf die Kinder, nutzen so den Grund- und Sparfreibetrag und streichen mehr als 9000 Euro steuerfrei ein. Das Geld wird danach natürlich schnell wieder zurückgebucht.“ Allerdings warnt ein anonymer Steuerberater: „Die Steuerbehörden kennen diesen Trick auch und können ihn mithilfe von Kontenabfragen und den Jahresbescheinigungen von Banken relativ leicht feststellen. Und wenn sie es entdeckt haben, korrigieren sie die Bescheide bis zu zehn Jahren rückwirkend.“

Warum Betrüger gerne Todesanzeigen lesen

Manche der im Buch erläuterten Tricks kennt man schon aus diversen Medienberichten - so widmet der Autor ein Kapitel dem „EC-Karten-Skimming“, wo Betrüger mit manipulierten Geldautomaten arbeiten. Auch das sogenannte „Phishing“, also das Ausspionieren von elektronischen (Konto-)Daten, findet ausführlich Erwähnung in einem Kapitel. Wirkliche Tipps, wie sich Bankkunden vor solchen Attacken schützen können, gibt der Ratgeber allerdings nicht: Er beschränkt sich zumeist auf die reine Beschreibung der Abzockmaschen.

Auch der sogenannte Enkeltrick wird für die meisten Leser nicht neu sein, sofort er regelmäßig Nachrichten liest oder hört. Erstaunlich sind die zum Teil fast kreativen Auswüchse: Demnach studieren Trickbetrüger gezielt Todesanzeigen in der Zeitung, um an Adressen der Verwandten zu kommen: „Häufigste Opfer sind hierbei Witwen, die in sogenannten Mahnbriefen oder mit gefälschten Rechnungen darauf hingewiesen werden, dass sie noch die vom Ehemann bestellten Pornohefte bezahlen müssten. Die Frauen begleichen diese hinterhältigen Rechnungen oft vor Scham und aus Verzweiflung und werden auf diesem Weg um zwei- bis dreistellige Euro-Beträge betrogen“, so der Autor.

Zwar stimmen viele Beispiele aus dem Buch nachdenklich, es stellt sich die Frage, wie kriminell unsere Gesellschaft mittlerweile ist und wie selbstsüchtig und gierig der Einzelne - und nicht zuletzt, welche Rolle das (korrupte) System dabei spielt. Allerdings ist gesunde Vorsicht und Achtsamkeit immer noch besser als Dauer-Paranoia und ein generelles Misstrauen allem und jedem gegenüber. Zumal der Autor gar zu gerne die Klischees von „armen betrogenen Witwen“ und falschen Bettelbriefen aus Nigeria bedient.

Insbesondere das Kapitel „Von Beruf Bettler“ über die angeblichen Strategien von bettelnden Menschen, die „abends, nach ihrer Schicht, gepflegt essen gehen und den Rest des Tages in der schicken Penthouse-Eigentumswohnung verbringen“ klingt zum Teil ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Auch wenn Almosen-Missbrauch sicherlich existiert, kann und darf man nicht alle Bedürftigen vorverurteilen. Erst recht weil der anonyme Autor nicht nur in diesem Kapitel seine angebliche Quelle, den „langjährigen Bettel-Profi aus München“, anonymisiert. Glaubwürdig ist das nicht.

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