Tierärztin aus der Region erklärt„Hunde sind nicht einfach nur alt – Oft kann man ihnen noch gut helfen“

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Ein brauner Labrador schläft auf der Couch.

Ältere Hunde brauchen mehr Ruhe und bewegen sich nicht mehr so gerne.

Wenn ältere Hunde Beschwerden entwickeln, können auch Krankheiten wie Arthrose oder Demenz dahinter stecken. Worauf Besitzer achten sollten.

Gerade waren sie noch Welpen und ungestüme Junghunde, plötzlich kriegen sie graue Haare und werden langsamer und gemütlicher. „Wird mein Hund etwa alt?“, fragt sich so mancher Hundebesitzer. Woran man erkennt, dass Hunde in die Jahre kommen und worauf dann zu achten ist, erklärt Viola Hebeler aus Reichshof, Fachtierärztin für Pferde und spezialisiert auf Sportmedizin für Hunde.

Tierärztin Viola Hebeler aus Reichshof mit einem Hund.

Die Tierärztin Viola Hebeler aus Reichshof im Oberbergischen Kreis kennt sich gut mit Hunden aus.

Ab wann ein Hund alt ist, hängt von der Rasse ab

Zunächst vorweg: Ab wann ein Hund als alt gilt, kommt ganz auf die Rasse an. Die britische veterinärmedizinische Vereinigung hat in ihrer Kompass-Studie die tierärztlichen Statistiken von mehr als 30.000 Hunden ausgewertet und folgendes festgestellt: Die höchste Lebenserwartung haben Jack Russell Terrier mit durchschnittlich 12,7 Jahren, dicht gefolgt von Yorkshire Terriern mit 12,5 Jahren und Border Collies mit durchschnittlich 11,5 Jahren. Am kürzesten leben Rassen mit flachem Gesicht und kurzer Nase wie die Französische Bulldogge (4,5 Jahre), die Englische Bulldogge (7,5 Jahre) und der Mops (7,7 Jahre).

Wer sich einen Hund zulegen und lange Freude daran haben möchte, sollte das im Hinterkopf haben. Viola Hebeler empfiehlt außerdem, nur Hunde von Züchtern aus seriösen Zuchtverbänden und keinesfalls spontan über Anzeigen im Internet zu kaufen. So stellt man sicher, dass die Elterntiere hinlänglich auf die gängigen Krankheiten untersucht und geröntgt wurden. Hebeler: „Je mehr Generationen vorher frei von Gelenk- und Knochenproblemen sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der eigene Hund ebenfalls davon verschont bleibt. Grundsätzlich sollte nur mit gesunden Hunden gezüchtet werden, aber da hakt ganz viel. Oft ist den Käufern die Farbe wichtiger als die Gesundheit.“

Nicht einfach nur alt: Viele Beschwerden können gut behandelt werden

Der Tierärztin ist es wichtig, dass Beschwerden nicht einfach nur auf das Alter des Hundes geschoben werden, sondern dass oft Krankheiten dahinter stecken, die gut behandelt werden können. Sie sagt: „Nicht selten denken die Besitzer, dass ihr Hund einfach alt ist und geben sich damit zufrieden. Dabei hat er in Wirklichkeit Beschwerden oder Krankheiten, die man sehr gut behandeln könnte.“

Anzeichen dafür, dass der Hund nicht mehr so fit ist, sind zum Beispiel ein größeres Ruhebedürfnis und weniger Lust auf Bewegung. Das kann aber auch daran liegen, dass ältere Hunde häufig aufgrund von Arthrose Gelenk- oder Rückenschmerzen haben. Wenn der Hund nicht mehr so gerne aufsteht oder läuft, sollte man ihn deshalb als Erstes vom Tierarzt untersuchen lassen, um abzuklären, ob es eine Schmerzproblematik gibt. „Sehr oft kann man den Tieren mit einfachen Mitteln helfen, damit sie keine Schmerzen mehr haben. Viele können sich anschließend wieder ganz normal bewegen und die Besitzer haben plötzlich wieder viel Freude an ihren Hunden. Es zeigt sich, dass sie nicht einfach nur alt sind, sondern Schmerzen hatten“, macht Hebeler klar.

Auch Hunde können dement werden

Auch wenn die Hunde husten oder unruhig schlafen, sollte man das genau beobachten, denn dahinter könnte ein Herzproblem stecken. Wenn ein Hund plötzlich orientierungslos vor der Wand steht, nicht mehr aus einer Ecke herausfindet oder nicht mehr reagiert, könnte es sein, dass er dement ist, denn das gibt es bei Hunden auch. Es könnte aber auch sein, dass er nicht mehr gut sehen oder hören kann. Was genau der Grund ist, kann ein Tierarzt oder eine Tierärztin klären. „Fast alle Beschwerden seien behandelbar. Ich sehe die Tiere oft erst im Endstadium, wenn sie eingeschläfert werden sollen. Das macht mich traurig, weil man meistens noch viel hätte machen können“, erzählt Hebeler.

Sie vergleicht ältere Hunde gerne mit älteren Menschen, die seien ja auch ganz unterschiedlich fit: „Alte Menschen sind meist deshalb nicht mehr so mobil, weil sie Krankheiten entwickeln, die dann auch behandelt werden. Da sagt ja auch keiner: 'Die Oma ist einfach alt, da kann man nichts machen.' Anders als Menschen können Hunde nur leider nicht sagen, was ihnen weh tut. Deshalb müssen wir als Besitzer besonders auf sie achten und aufpassen.“

Ältere Hunde haben oft Gelenk- oder Wirbelsäulenprobleme

Aber wie erkennt man, dass ein Hund Schmerzen oder Probleme hat? „Vor allem daran, dass er sich nicht mehr so gerne bewegt, langsamer aufsteht, humpelt, nicht mehr ins Auto springt oder insgesamt weniger fröhlich ist“, sagt Hebeler. Das Hauptproblem von älteren Hunden seien chronische Gelenkentzündungen oder Wirbelsäulenprobleme. Schmerzen in den Beinen zeigen sich durch Lahmheiten, bei Rückenproblemen schreien gerade kleine Hunde oft vermeintlich unvermittelt auf. Magen-Darm-Probleme lassen sich relativ leicht an den Ausscheidungen und am veränderten Fressverhalten diagnostizieren. Allgemein haben Hunde bei Bauchschmerzen einen harten Bauch und lassen sich dann nicht gerne dort anfassen. Wenn ein Hund Herzprobleme hat, kommt er schnell aus der Puste und hustet beim Aufstehen, weil er durch die mangelnde Herzfunktion Wasser in der Lunge hat.

Stöckchen werfen ist für Hunde auf Dauer nicht gut

Damit Hunde lange gesund bleiben, ist regelmäßige Bewegung für sie wichtig. Sie sollte gleichmäßig sein und die Tiere nicht überlasten. Gut geeignet sind laut Hebeler lange Spaziergänge, ständiges Stöckchen werfen eher nicht. „Die Bewegung ist sehr stereotyp und bringt eine hohe Belastung mit sich“, erklärt die Tierärztin. Die Hunde sprinten von null auf hundert los, entwickeln aus dem Stand maximalen Schub und ein hohes Tempo und bremsen am Ende abrupt ab. Hebeler: „Das kann Muskelzerrungen verursachen und ist eine enorme Stoßbelastung für die Gelenke. Das sollte man besser nicht dauerhaft machen.“

Wenn der Hund sich nicht mehr so gut bewegen kann, eignen sich Denksportaufgaben, Kommando- oder Fährtenarbeit zur Beschäftigung. „Man muss Hunde nicht nur körperlich, sondern auch geistig beschäftigen. Hunde, die regelmäßig mental gefordert werden, werden nicht so schnell dement. Wie auch bei Menschen gilt: Use it or lose it. Neuronen, die man nicht nutzt, verkümmern irgendwann“, verdeutlicht Hebeler.

Schwierige Entscheidung: Einschläfern oder nicht?

Trotz aller Untersuchungen und Behandlungen kommt irgendwann der Moment, an dem man sich entscheiden muss, ob man den Hund nicht besser gehen lassen sollte. Die Frage „einschläfern oder nicht“ ist wohl eine der schwierigsten, vor der Hundebesitzer stehen. Hebeler gibt ihren Patienten zwei kritischen Fragen als Entscheidungshilfe mit auf den Weg. Erstens: Wie viel Freude hat der Hund noch am Leben? „Beurteilen Sie die kompletten 24 Stunden des Tages, nicht nur die Zeit, die Sie aktiv mit dem Tier verbringen. Denn in diesen Momenten sind die meisten Hunde noch sehr aufgeweckt. Man muss sich den ganzen Tag anschauen und bilanzieren, ob das Positive oder das Negative überwiegt“, erklärt sie. Die zweite Frage lautet dann: „Kann ich irgendwas daran ändern?“ Wer beide Fragen mit Nein beantwortet hat, sollte eine Entscheidung treffen.

„Ich kenne viele Fälle, in denen die Einschläferung zu lange hinausgezögert wird. Das ist ja auch verständlich, man will sich einfach nicht von seinem Tier trennen“, weiß Hebeler. Helfen könne vielleicht die Vorstellung, dass Hunde kein Bewusstsein von Zeit haben. „Sie wissen anders als wir Menschen nicht, was ihnen entgeht. Sie leben im Hier und Jetzt. Und wenn das Hier und Jetzt mit vielen Schmerzen oder Übelkeit belastet ist, dann hat der Hund keine Freude mehr. Man hat eine Verantwortung seinem Tier gegenüber.“ Und diese Verantwortung bedeutet unter Umständen auch, das Tier irgendwann zu erlösen.

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