Rentensplitting, AusgleichWie Paare es schaffen, dass im Alter beide abgesichert sind

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Paare sollten die Altersvorsorge so gestalten, dass beide abgesichert sind.

Köln – Ohne es zu beabsichtigen, sorgen viele Paare unterschiedlich gut für beide vor. Dabei müssten sie gezielt gegensteuern: Im Schnitt bekommen Frauen deutlich weniger Rente und sind oft finanziell abhängig von ihrem Partner. Beide sollten aber im Ernstfall auch außerhalb der Ehe oder Partnerschaft ausreichend abgesichert sein. Nicht nur nach einer Trennung, auch wenn einer von beiden stirbt, muss der andere plötzlich alleine auskommen, auch finanziell. Wir haben ein paar konkrete Vorschläge von Experten gesammelt, was Paare dafür tun können und wie sie die Altersvorsorge so gestalten, dass beide abgesichert sind.

1) Für Paare

Drei-Konten-Modell

Welcher Anteil meines Gehalts geht für die gemeinsame Wohnung drauf? Ist 50:50 teilen wirklich fair, wenn einer mehr verdient? Damit nicht schon am Anfang ein finanzielles Ungleichgewicht entsteht, empfehlen viele Finanzexperten das Drei-Konten-Modell: Paare führen ein Gemeinschaftskonto, von dem alle laufenden Kosten und gemeinsame Ausgaben abgehen. Sie behalten aber jeder noch ein eigenes Konto, über das sie frei verfügen können.

Ein Konzept ist, dass jeder einen festen Betrag im Monat auf das gemeinsame Konto überweist. Verdient ein Partner mehr, kann er mehr einzahlen. Der Finanzratgeber „Madame Moneypenny“ rät dagegen, dass beide Gehälter direkt auf das Gemeinschaftskonto eingezahlt werden. Dadurch zahlt jeder Partner bei allen Ausgaben anteilig so viel, wie er gerade verdient. Was im Monat übrig bleibt, wird auf die anderen Konten aufgeteilt. Und wenn das selten passiert? „Madame Moneypenny“-Gründerin Natascha Wegelin empfiehlt, bereits am Anfang des Monats einen festen Betrag auf die Einzelkonten zu überweisen.

Auch den „Worst Case“ einkalkulieren

Wichtig ist, dass das Paar sich einen Überblick über sein Erspartes verschafft und miteinander redet. „Spätestens ab 40 muss alles auf den Tisch: Rentenanwartschaften, Sparverträge, Vermögen“, sagt Katharina Henrich, Expertin für Altersvorsorge bei Finanztest. Der erste Schritt sei hier eine kostenlose Altersvorsorgeberatung bei der Deutschen Rentenversicherung. Dann sollten die Paare überlegen, welchen Lebensstandard sie im Alter haben möchten und ob sie das als Paar gemeinsam erreichen können – „oder mehr in die eigene Altersvorsorge investieren müssen“, sagt Henrich.

Ein wichtiger Schritt sei, auch den Ernstfall einzukalkulieren und zu „überschlagen, was eine Trennung oder der Tod für die Altersvorsorge für den einzelnen Partner bedeuten würde“, erklärt die Expertin. „Jeder guckt sich für sich die gemeinsamen Ausgaben an und überlegt sich, wie viel er alleine mindestens bräuchte“, rät auch Saidi von Finanztip in seinem Video-Ratgeber. „Gemeinsam zu zweit spart man sich viele Kosten, die alleine nicht mehr so günstig wären.“ Zum Beispiel bei der Miete oder einem gemeinsamen Auto.

Eigene Verträge auf eigenen Namen

Das heißt aber nicht, dass Paare sich einigen und gemeinsame Verträge abschließen müssen – im Gegenteil. Vor allem von einer gemeinsamen Lebensversicherung rät die Finanzberaterin Susanne Kazemieh von der „Frauenfinanzgruppe“ ihren Kundinnen ab. Stattdessen sollten Paare unabhängig voneinander vorsorgen. Versicherungen und Depots sollten beide auf den eigenen Namen laufen lassen. Nur so behalte jeder die alleinige Verfügungsgewalt. Die gemeinsame Lebensversicherung dagegen laufe oft nur auf seinen Namen, die Frau könne dann im Ernstfall leer ausgehen.

Immobilien: Grundbucheintrag prüfen

Das gilt auch für andere gemeinsame Geldanlagen wie Immobilien: Gerade unverheiratete Paare sollten unbedingt darauf achten, dass beide ins Grundbuch eingetragen werden, wenn sie eine Wohnung oder ein Haus kaufen, rät Saidi von Finanztip. Denn diese Immobilie werde wahrscheinlich einen erheblichen Teil der Altersvorsorge ausmachen.

2) In der Ehe

Vorsicht bei Ehegattensplitting

Das deutsche Steuersystem belohnt verheiratete Paare, die ungleich verdienen, nach wie vor durch das Ehegattensplitting. Die Partner geben dann nicht mehr jeder eine einzelne Steuererklärung ab, sondern eine gemeinsame. Das gemeinsame Einkommen wird dann vereinfacht gesagt halbiert und für jeden besteuert. Der Partner mit dem höheren Einkommen profitiert also, weil er dadurch weniger Steuern zahlt, als er eigentlich müsste. Wegen des hohen Gehalts zahlt er aber automatisch mehr in die Rentenversicherung ein als der oder die andere, sorgt also mehr vor. Der Partner mit dem geringeren Verdienst zahlt dagegen einen höheren Steuersatz, als er eigentlich müsste.

Zusammengerechnet entsteht Paaren meist ein steuerlicher Vorteil, viele Ehepaare nutzen diese Option daher. Madame Moneypenny“ rät ihrer hauptsächlich weiblichen Community dennoch dazu, der „Versuchung zu widerstehen“ und die Steuererklärung getrennt abzugeben. „Ehegattensplitting bringt einem Partner unterm Strich in Sachen Rente immer finanzielle Nachteile“, sagt sie in ihrem Podcast. Wer bislang nie eine eigene Erklärung abgegeben hat, kann sich von einer Steuerapp helfen lassen. Die Programme ziehen sich inzwischen viele Daten automatisch und geben zusätzliche Tipps.

Ob eine gemeinsame Veranlagung steuerlich überhaupt Sinn macht und wie groß die Ersparnis dadurch wäre, können Paare sich von den meisten gängigen Steuerprogrammen ausrechnen lassen. Unter Umständen ist es sogar günstiger, zwei einzelne Steuererklärungen abzugeben, zum Beispiel, wenn ein Partner Verluste gemacht hat, er hohe außergewöhnliche Belastungen hatte oder hohe Lohnersatzleistungen bezogen hat.

Ehevertrag und Partnerschaftsvertrag

Viele Finanzexperten raten zu einem Ehevertrag oder unverheirateten Paaren zu einem Partnerschaftsvertrag. Dort wird unter anderem geklärt, was genau im Falle einer Scheidung oder einer Trennung passiert; beide Partner sollten sich deshalb gut beraten lassen. „Besonders bei Paaren mit einem Selbstständigen und wenn die Fürsorge- und Erwerbsarbeit ungleich verteilt ist, kann ein Ehevertrag sehr sinnvoll sein““, rät Katharina Henrich von Finanztest. „Der Partner, der im Job durchstartet, könnte sich darin zum Beispiel verpflichten, sich auch nach einer Scheidung weiter an der Altersvorsorge des Partners zu beteiligen, der die Fürsorgearbeit hauptsächlich übernimmt.“

Für unverheiratete Paare seien solche Vereinbarungen noch wichtiger, vor allem, wenn sie eine Familie gründen wollen oder bereits Kinder haben. Auch Unterhaltsansprüche sollten dort geregelt werden. Doch es muss nicht nur um Trennung gehen: Wegelin schlägt vor, darin auch festzulegen, wer für die gemeinsame Familienplanung wie lange beruflich aussetzen oder kürzertreten würde. Und wie er oder sie im Gegenzug bei der Altersvorsorge unterstützt werden soll.

Ohne Ehevertrag gelten Ehepaare als Zugewinngemeinschaft, erklärt Finanztip-Experte Saidi. Im Falle einer Scheidung werde alles 50:50 aufgeteilt, was während der Ehe angespart oder erwirtschaftet wurde. Davon ausgenommen sei, was man schon in die Ehe mitgebracht oder in der Zeit geerbt habe.

3) Mit Kindern

Teilzeit, Care-Arbeit: Ausgleich schaffen für fehlende Vorsorge

Spätestens wenn ein Paar sich für Kinder entscheidet, sollte es sich mit dem Thema finanzielle Gerechtigkeit beschäftigen. Denn dann entstehen schnell große Vorsorgeunterschiede, ohne dass es dem Paar bewusst wird - zum Nachteil des Partners, der mehr Fürsorgearbeit übernimmt und dafür in der Erwerbsarbeit kürzertritt. Es ist immer noch so, dass Männer im Schnitt mehr verdienen. Auf das Erwerbsleben gerechnet, fast doppelt so viel wie Frauen; das ergab eine Studie der Bertelsmann-Stiftung von 2020. Wenn ein Paar eine Familie gründet, fährt daher meist die Frau ihr Arbeitsleben zurück. Eine längere Elternzeit und vor allem Teilzeitmodelle über mehrere Jahre führen zu niedrigeren Gehältern und bremsen langfristig die beruflichen Aufstiegschancen. Auch im Alter hat das Folgen, bestätigt Katharina Henrich von Finanztest: „Wer der Familie zuliebe länger im Beruf zurücksteckt, bezahlt das mit den eigenen Rentenansprüchen und ist finanziell im Alter mehr oder weniger abhängig.“

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Hier sollten Paare gezielt gegensteuern und einen Ausgleich schaffen, raten die Experten. Das geht zum einen über einen Ehe- der Partnerschaftsvertrag, wie oben vorgestellt, aber auch anders. Statt sämtliche Vorsorgeverträge der Frau in dieser Zeit ruhen zu lassen, können Paare dafür sorgen, dass sie möglichst normal weiterlaufen. Nicht nur in der Elternzeit, auch bei Teilzeit: „Wenn sie wegen der Kinder mehr zuhause bleibt und deshalb weniger verdient, dann sollte er im Gegenzug ihre Altersvorsorge zumindest anteilig mitbezahlen“, rät Saidi von Finanztip in seinem Ratgeber. Und wehrt direkt mögliche Einwände ab: „Nur weil sie sich mehr um die Kinder kümmert, sollte es nicht so sein, dass ihre Altersvorsorgeverträge deswegen ruhen.“ Wenn man als Paar nicht mehr die gleichen Sparraten aufbringen könne wie mit zwei vollen Gehältern, müsse man bei beiden Partnern gleichermaßen kürzen.

Auch Wegelin gibt Hörerinnen diesen Rat: „Wenn ich die ganze Zeit 500 Euro in die Rentenkasse eingezahlt habe und das jetzt nicht mehr kann, müsste dafür der Ausgleich geschaffen werden.“ Damit könne die Frau dann entweder freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen oder privat Geld anlegen für die Rente. „Es geht im Endeffekt darum, dass die Frau oder derjenige, der zuhause bleibt, dadurch finanziell keine Nachteile hat.“

Versicherungen prüfen

Wenn sie eine Familie gründen, sollten Paare sich beraten lassen, inwieweit eine oder zwei Risikolebensversicherungen Sinn machen, um sich für den Todesfall eines Partners abzusichern, rät Saidi von Finanztip im Ratgeber. Neben der Altersvorsorge empfiehlt er außerdem, die Berufsunfähigkeitsversicherung möglichst weiterlaufen zu lassen, wenn einer von beiden eine Zeit nicht arbeitet. Beim Wiedereinstieg werde sie schließlich wieder gebraucht.

Siehe auch 2) Ehevertrag

4) Vor dem Ruhestand

Freiwillige Einzahlung in die Rentenkasse

Auch wenige Jahre vor Renteneintritt können Versicherte noch die Höhe ihrer gesetzliche Rente beeinflussen, zumindest geringfügig. „Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte können ab 50 Jahren durch sogenannte Ausgleichszahlungen freiwillig mehr an die Rentenkasse leisten und so ihre gesetzliche Rente erhöhen“, erklärt Henrich. Allerdings sind hier schnell hohe Summen im Spiel. Um den Rentenanspruch später etwa um 100 Euro zu erhöhen, wäre eine Einzahlung von rund 25.000 Euro nötig. Mehr dazu lesen Sie hier.

Selbstständigen und Hausfrauen würde sie ohnehin empfehlen, wenn möglich freiwillig einzuzahlen. Für genaue Informationen sollten sich Versicherte unbedingt bei der Deutschen Rentenversicherung beraten lassen.

Geld anlegen mit ETF-Sparplan

„Wer trotz des fortgeschrittenen Alters das Risiko nicht scheut, kann zusätzlich auf breit streuende ETF setzen“, erklärt Katharina Henrich von Finanztest. Ab einer Anlagedauer von mindestens zehn bis 15 Jahren empfehlen Finanzexperten seit Jahren Indexfonds, kurz ETF. Mit einem ETF-Sparplan können Verbraucher schon geringe Beträge ab 25 Euro im Monat investieren und zum Beispiel für die Altersvorsorge ansparen. Finanztest nimmt sich dem Thema in seiner aktuellen Printausgabe an (07/2021). Dort ist auch nachzulesen, welche ETF genau die Verbraucherschützer empfehlen. Der Klassiker ist ein ETF auf den MSCI World, der Werte von derzeit über 1500 Unternehmen aus 23 Industrieländern abbildet, mit einem Übergewicht bei den US-Titeln. Wichtig ist die breite Streuung und ein langer Atem. Anleger profitieren umso mehr vom Zinseszinseffekt, je länger sie ihr Geld liegen lassen. Mehr zu ETF lesen Sie hier. Warum vor allem junge Menschen die Börse lieben, erklären wir hier.

5) Im Ruhestand

Rentensplitting

Diese Möglichkeit haben Versicherte erst ab dem Zeitpunkt ihres Renteneintritts. Vereinfacht gesagt können Ehepaare und Lebenspartner beim Rentensplitting ihre während der Ehe oder der eingetragenen Lebenspartnerschaft erworbenen Rentenansprüche miteinander teilen: Sie werden dafür zusammengezogen und aufgeteilt. Vorausgesetzt wird: Entweder müssen beide nach 1961 geboren sein und müssen vor 2002 geheiratet haben. Oder sie haben ab 2002 geheiratet – in beiden Fällen und bei Lebenspartnern müssen beide zudem 25 Jahre in der Rentenversicherung gesammelt haben.

Wichtig: Die Entscheidung für das Rentensplitting kann nicht rückgängig gemacht werden. Sollte zum Beispiel der Partner mit den geringeren Rentenansprüchen früher versterben, kann der Hinterbliebene nicht zu seiner ursprünglich höheren Rente zurück. Die Deutsche Rentenversicherung rät daher dringend, sich vorher ausführlich beraten zu lassen. Es ist aber auch möglich, das Modell erst nach dem Tod des Partners zu wählen. Das gilt auch, wenn man bereits eine Witwen- oder Witwerrente bezieht. Der Hinterbliebene bezieht dann entweder eine Hinterbliebenenrente oder kann sich für das Rentensplitting entscheiden.

Wirklich zu empfehlen hält Katharina Henrich von Finanztest Rentensplitting derzeit nur für eine kleine Gruppe: „In der Regel nur für diejenigen, die aufgrund einer hohen privaten Vorsorge keine Witwenrente bekommen würden.“ In Zukunft könnte sich das aber ändern. „Für spätere Rentnergenerationen kann es eine interessante Option sein; besonders für Paare mit ungleicher gesetzlicher Rente, die hohe Einkommen aus privater Vorsorge erwarten“, sagt Henrich. „Hier stellt sich der Hinterbliebene mit den geringeren Rentenansprüchen durch das Rentensplitting besser als mit der Witwenrente.“

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