Spar-Check: PlastikWie ich meine Vorurteile gegen Unverpackt-Läden überwunden habe

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Der Müllverbrauch ist auch bei unserem Autor Florian Holler massiv: 833 Gramm Müll haben sich in der Kontrollwoche angesammelt.

Köln – Seit zwei Jahren gibt es in meinem Veedel Zollstock einen Unverpackt-Laden. Eigentlich ja eine gute Sache. Doch bis zu meinem Spar-Experiment habe ich keinen Fuß in den Laden gesetzt. 

Unverpackt-Läden bringen den Widerspruch individueller Versuche, das Klima zu schützen, gut auf den Punkt. Auf der einen Seite kann man die idealistischen, kleinen Läden ja nur gutheißen: Mehr als 400 Millionen Tonnen Kunststoffe werden jedes Jahr produziert, rund neun Millionen davon landen in den Ozeanen und bedrohen unzählige Tierarten. Die Biodiversität ist massiv bedroht, da ist es doch lobenswert, wenigstens im Kleinen etwas dagegen zu tun.

Hier finden Sie einen weiteren Teil der Serie

– Wie ich eine Woche nach Robert Habecks Tipps Energie sparte

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Wo das wohlhabende Öko-Bürgertum einkauft

Auf der anderen Seite sind Unverpackt-Läden sehr teuer. Normal- oder Geringverdienende können sich diese Art von individuellem Klimaschutz kaum leisten. Der Kundenstamm, so zumindest mein Vorurteil, setzt sich vor allem aus dem wohlhabenden Öko-Bürgertum zusammen, das im Unverpackt-Laden sein schlechtes Gewissen für den Urlaubsflug nach Südfrankreich entlasten will und seine moralische Überlegenheit allzu oft heraushängen lässt. Als der Unverpackt-Laden in meinem Veedel eröffnete, fragte ich mich schon, ob Zollstock bald das neue Ehrenfeld wird. Geht jetzt die Gentrifizierung los?

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Vorher viel Müll, nachher wenig - Experiment geglückt.

Für meine Spar-Woche habe ich mich also endlich hineingewagt. Nicht nur meine Vorurteile, auch meinen Plastikverbrauch wollte ich bekämpfen.

Plastikverbrauch in der Kontrollwoche: Über dem Bundesschnitt

Rund 38 Kilogramm Plastik verbraucht jeder Deutsche laut „Plastikatlas“ im Jahr. Pro Woche sind das 730 Gramm. Ich bin mir sicher, dass ich unter diesem Schnitt liegen würde. Dementsprechend enttäuscht bin ich, als ich das angesammelte Plastik aus der Kontrollwoche auf die Waage hieve: Ganze 833 Gramm hatten sich angesammelt.

Der Spar-Check

Die Idee

Unser Autor Florian Holler hat eine Woche lang versucht, so sparsam und nachhaltig wie möglich zu leben. Hier erzählt er von seinen Erfahrungen.

Der Tester

florian holler

Florian Holler.

Florian Holler ist 27 Jahre alt, er lebt seit 2014 in Köln und liebt die Kultur, das Kölsch und manchmal auch das Chaos der Stadt. Was Klimaschutz angeht, hat er sich bisher immer eher durchgewurschtelt. Nun prüft er, was für ihn wirklich funktioniert.

Der Hintergrund

Die Klimakrise verschärft sich, und jetzt treibt die Inflation auch noch die Preise in die Höhe. Wie damit umgehen? Wie viel CO2 lässt sich durch individuellen Konsum einsparen? Welche Tricks lassen sich in den Alltag integrieren? Welche Spartipps sind besonders wirkungsvoll? Und vor allem: Wie teuer ist das?

Die Versuchsanordnung

Dies ist ausdrücklich ein Selbsttest und keine wissenschaftliche Versuchsanordnung. Wir wollen möglichst realitätsnah zeigen, wie viel man für sich im Alltag sparen, wie nachhaltig jeder und jede leben kann, daher gehen wir auch von einer alltäglichen und nicht von einer künstlich kreierten Situation aus.

Das Vorgehen

Um einen Vergleich zu haben, hat Florian Holler eine Woche lang Daten erhoben: den Stromverbrauch gecheckt, die Menge des produzierten Mülls festgestellt, geschaut, wie viel Wasser er pro Tag verbraucht. In der Folgewoche wurde dann gespart. Danach hat er verglichen.

Ein Besuch im Unverpackt-Laden, das ist mir schnell klar, ist unvermeidlich, um effektiv Plastik zu sparen. Obst und Gemüse kriegt man zwar auch ohne Verpackung. Aber bei so gut wie jedem anderen Produkt ist in der Verpackung irgendwo Plastik mit im Spiel.

Plastikverbrauch in der Spar-Woche: Teurer, aber enormes Einsparpotenzial

Im Zollstocker Unverpackt-Laden findet man jedenfalls so gut wie alles, was man braucht – mit Ausnahme von Fleisch. Ein Einkauf hier ist etwas komplizierter, denn um einzukaufen, muss ich die Verpackungen selbst mitbringen. Immerhin: Wer seine eigenen Vorratsdosen oder -gläser vergessen hat, kann sich im Laden etwas leihen.

Während wir zusammen durch das Geschäft streifen, klärt mich die Ladenbesitzerin über die Herkunft der Nudeln, Konserven, des Obstes und des Gemüses auf, das hier in den Regalen steht. Im Unverpackt-Laden wird so bio und regional eigekauft wie möglich. Und das hat seinen Preis.

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Für eine Flasche Ketchup aus der Glasflasche bezahle ich vier Euro. Aber es gibt auch Günstigeres im Angebot: Für Nudeln zahle ich 3,90 Euro pro Kilogramm, für ein halbes Kilo Tomaten 2,70 Euro, 300 Gramm Zwiebeln kosten einen Euro. Das ist zwar teurer als im Supermarkt, aber immerhin nicht allzu weit von den Preisen dort entfernt.

Am Ende der Woche habe ich es nicht geschafft, komplett plastikfrei zu leben. Aber das Ergebnis ist trotzdem beachtlich. Nur 162 Gramm Plastik haben sich angesammelt.

Fazit

Den eigenen Plastikverbrauch substanziell einschränken und dabei trotzdem sparen – nach meiner Erfahrung ist das nicht möglich. Wenn man umfassend auf Plastik verzichten möchte, wird man im Supermarkt kaum fündig werden. Und Alternativen wie Unverpackt-Läden sind teurer.

Doch es gibt Unterschiede: Nudeln, Obst und Gemüse bewegen sich preislich zumindest nicht in völlig anderen Sphären. Dafür sind sie biologisch nachhaltig und regional produziert. In Zukunft werde ich also öfter mal im Unverpackt-Laden vorbeischauen. Nicht nur, um mein eigenes Gewissen zu beruhigen. Besseres Brot und saftigere Tomaten finde ich jedenfalls nicht im Supermarkt.

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