Annette Frier über Homeschooling„Ein Gefühl wie Doppelstunde Mathe am Freitagmorgen“

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Auch für die Töchter von Schauspielerin Annette Frier findet der Unterricht zurzeit Zuhause statt. 

  • Schauspielerin Annette Frier hat zwei schulpflichtige Töchter.
  • Während sie im ersten Lockdown vom Homeschooling kalt erwischt wurde, läuft es das zweite Mal etwas routinierter ab.
  • Ein Gespräch über Heimunterricht und wieso Kinder nicht 24 Stunden am Stück mit Ihren Eltern zusammen sein sollten.

Köln – Frau Frier, Sie haben zwei Mädels im Fast-Teenageralter (Zwillinge, Mädchen, 12 Jahre alt, Anm. der Red.) im Distanzunterricht zu Hause: Wie ist die Lage? Annette Frier: Also ich kann da immer nur von der Tagesform her drauf antworten. Im Moment stabil.

Wir befinden uns im zweiten Lockdown mit Heimunterricht. Stellen Sie Unterschiede zum ersten Mal fest?

Frier: Natürlich. Wir als Familie haben digitale Fortschritte gemacht. Und so geht’s glaube ich der ganzen Republik. Wahrscheinlich sind wir da relativ repräsentativ. Das mit dem Homeschooling hat uns natürlich letztes Jahr total kalt erwischt. Das war ja von der ganzen Psychologie her so wie an einem ersten Arbeitstag, bei einer ersten Schwangerschaft oder einer ersten Ehe. Aber beim zweiten Mal ist es natürlich „routinierter“.

Der erneute Einstieg in den Distanzunterricht im neuen Jahr war hart, weil diese ganzen Online-Plattformen völlig überlastet waren und man eigentlich zwischen acht und zehn Uhr morgens in so einer permanenten Unruhe war. Nach dem Motto „Scheiße, das hat wieder nicht geklappt!“. Das war sehr anstrengend. Das hat sich in den letzten Woche alles so ein bisschen angefühlt wie Freitagmorgen, kurz vor acht, eigentlich schon zu spät, Doppelstunde Mathe und nicht besonders gut vorbereitet zu sein. Da wurden alte unschöne Erinnerungen an die eigene Schulzeit wach.

Wo sehen Sie das größte Manko im aktuellen Digitalunterricht?

Also, neben den wichtigen Lerninhalten ist Schule in erster Linie für mich der Kommunikationsraum für unsere Kinder. Und die Schule ist auch dafür da, dass sich Eltern und Kinder morgens sagen können: „Tschüss! Viel Spaß! Bis später!“ Und abends beim gemeinsamen Essen wird der ganze Tag dann zusammen so ein bisschen nachbesprochen. Und ich glaube diese Rituale, die ich als total wichtig empfinde, fehlen uns im Moment sehr. Weil das einfach nicht natürlich ist, dass man seit bald einem Jahr mit seinem Kind 24 Stunden lang zusammen ist.

Schul-Check

Die Corona-Pandemie hat eine Krise an den Schulen ausgelöst, die bis heute anhält. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat im „Schul-Check“ über den Jahreswechsel 2020/21 gefragt, wie gut der digitale Unterricht funktioniert. Die Ergebnisse und Erkenntnisse daraus finden Sie hier

Wie bewerten Sie aus ganz persönlicher Erfahrung die Qualität des Digitalunterrichts ihrer Töchter?

Also ich werde jetzt hier nicht öffentlich die Leistung der Lehrer meiner Kinder bewerten. Das mache ich nicht! Ich kann nur sagen: Wir haben wirklich Glück mit unseren Lehrern. Es gibt aber auch wirklich keinen „Plan B“ zur aktuellen Situation!

Sie und ihr Mann sind beide Lehrerkinder…

Ja, ganz schlimme Klugscheißer von A bis Z!

Hilft das, dabei Verständnis aufzubringen für die Lehrer der eigenen Kinder in der aktuellen Situation?

Ja, natürlich! Ich finde diese Diskussion, in der grade alle zu wissen glauben wie es besser geht, so mühsam! Wir haben Glück mit unseren Lehrern. Es ist doch so: Jeder Lehrer ist anders. Der eine sitzt den Unterricht auf einer Arschbacke ab und der andere hat Bock auf das was er tut. Und natürlich sieht man jetzt den Unterschied genauso wie sonst auch. Der eine schmeißt sich rein und sagt: „Wir machen ein geiles Projekt zusammen!“ und ist engagiert und der andere macht seinen Frontalunterricht weiter. Dem ist dann jetzt – in digitalen Zeiten – auch Wurst, wie das Kind darauf reagiert. Ich bin da jetzt wirklich die Letzte die sagt: „Das hätte man fachlich-inhaltlich aber so machen müssen!“ und „Das hätten wir eigentlich schon vor fünf Jahren wissen müssen, wie das mit so einer Digitalisierung geht!“ Ich sehe da die Lehrer im Prinzip in einer ähnlichen Situation wie wir Eltern: Wir müssen uns das grade alle erarbeiten, und in kleinen Schritten geht’s auch besser.

Wie hat sich denn ihr Alltag verändert? Haben Sie sowas wie Home Office?

Ne, ich habe ja das Glück, dass ich nicht zu Hause arbeiten muss. Letztes Jahr konnten wir ab Sommer wieder ganz gut drehen. Die Filmbranche war zwar natürlich auch betroffen, aber nicht so massiv wie die Veranstaltungs- oder Kulturbranche generell. Und insofern bin ich sehr dankbar, dass ich meinen Beruf letztes Jahr bis auf eine große Frühjahrspause dann eigentlich wieder aufnehmen konnte.

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Bei Ihnen passiert also gar nichts in Heimarbeit?

Ne! Ich bin doch nicht bescheuert! (lacht) Jetzt fange ich doch nicht an, mir ein Home Office einzurichten! Da müssen Sie meinen Mann fragen. Der kann da anderes berichten. Ich bin da auch sehr dankbar, dass ich nicht zu Hause arbeiten muss. Klar muss ich mal die ein oder andere digitale Konferenz machen und natürlich haben wir dann auch ein Problem mit den Geräten, weil die einfach alle besetzt sind und das Internet überlastet ist. Aber ich kann da nur sagen: Meine große Bewunderung an alle, die das schaffen! Ich habe mit zwei alleinerziehenden Eltern zu tun, die zu Hause ihre Kinder unterrichten plus zehn Stunden am Tag ihren Job machen. Das ist unfassbar, was diese Leute leisten! Und ich sehe das wirklich als gesellschaftliche Aufgabe, dass man sich im Moment gegenseitig unterstützt.

Zurück zum digitalen Heimunterricht: Wie lautet da Ihr Fazit als Mutter?

Es gibt keine Alternative! Wir müssen uns gegenseitig zuhören. Es geht allen gleich. Brust raus, Badehose festhalten – denn die Situation wird sich auch wieder verändern. Und das ist wirklich mein Appell an mich selbst: Wenn man da Oberkante Unterlippe ist morgens um viertel nach acht, weil man maximal angespannt ist: Dann wirklich einfach mal den Raum verlassen, ein bisschen durchatmen, wiederkommen und sagen: Es geht auch vorbei!

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