Dem Freizeitpark fristlos den Pachtvertrag gekündigt

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Im Phantasialand wirk kräftig gebaut.

Im Phantasialand wirk kräftig gebaut.

Brühl - Hans Peter Schieban ist entsetzt. Wenn er seine Tochter von Walberberg aus zum Reit- und Fahrverein Birkhof fährt, benutzt er mal die Autobahn, mal fährt er über Land und passiert dabei das Phantasialand in Brühl. Nicht ganz ohne Stolz blickt er dann auf das Gelände des Freizeitparks, denn schließlich gehört ihm ein Teil der Anlage. Seine Tante hatte ihm und drei weiteren Erben einst eine 3300 Quadratmeter große Obstwiese - zwischen Berggeiststraße und Lucretiaweg gelegen - vermacht. 1968 verpachtete die Walberberger Erbengemeinschaft die landwirtschaftliche Fläche an die Betreiber des Phantasialands. Die Bäume wurden zum Großteil gefällt, der Boden mit Schotter verdichtet, später sogar asphaltiert, Mitarbeiter nutzten den Platz, der unmittelbar neben dem Haupteingang liegt, in all den Jahren als Parkplatz.

Als Schieban in der vergangenen Woche die Berggeiststraße befuhr und - wie gewohnt - einen Blick auf das Phantasialand warf, stockte ihm der Atem. Drei Viertel der Fläche waren etwa fünf Meter tief ausgehoben. „Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Das Grundstück ist zerstört“, sagt der Eigentümer. Ohne ihn davon in Kenntnis zu setzen, habe das Phantasialand damit begonnen, Füllmaterial zur Verdichtung in die Grube zu schütten und ein Fundament zu verlegen. „Eine solche bauliche Veränderung ist im Pachtvertrag nicht vorgesehen“, sagt Schiebans Bonner Anwalt Josef Sickmann. Der aktuelle Vertrag laufe im Jahre 2010 aus, es gibt aber eine Option bis 2020. Der Pächter sei dann verpflichtet, das Grundstück in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. „Wenn wirklich eine Achterbahn da geplant ist, wie viele Anlieger sagen, wer soll die Demontage dann bezahlen?“ fragt sich Schieban. Schon im Sommer 2004 habe das Phantasialand versucht, sowohl die Laufzeit als auch den Inhalt des Pachtvertrages zu verändern, so Sickmann. „Wir haben dem damals nicht zugestimmt, da für uns die neue Nutzung nicht richtig erkennbar wurde.“

Der Rat der Stadt Brühl hatte dem Phantasialand im Dezember 2004 grünes Licht für seine Ausbaupläne gegeben. Von einer „Show-Fahr-Attraktion“ gegenüber dem Haupteingang war in den Anträgen die Rede, das konkrete Vorhaben gilt nach wie vor als „Betriebsgeheimnis“. Für Baudezernent Wolfgang Mues ist die gegenwärtige Diskussion ein rein zivilrechtliches Problem. Ihm sei der Pachtvertrag vor Wochen vorgelegt worden, daraus gehe zweifelsfrei hervor, dass der Eigentümer mit „Aufbauten“ auf dem Gelände einverstanden sei. „Ob damit auch große Attraktionen gemeint sind, muss gegebenenfalls das Gericht entscheiden“, sagte Mues. Die Baugenehmigung für den Aushub und die Fundamentverlegung sei erteilt. Mues: „Derzeit sehen wir keinen Grund, die Bauarbeiten zu stoppen.“ Auch das übrige Baugenehmigungsverfahren gehe seinen Weg. Das könnte sich ändern, wenn Rechtsanwalt Sickmann Erfolg mit einer Einstweiligen Verfügung hat, die er gestern im Auftrag seines Mandanten beim Bonner Landgericht beantragt hat. Darin fordert der Jurist den sofortigen Baustopp mit dem Argument, dass der Pächter mit dem Bauvorhaben gegen den geltenden Vertrag verstoße.

Wenige Tage zuvor hatte Sickmann bereits in einem Schreiben an das Verwaltungsgericht Köln einen sofortigen Baustopp gefordert. Diese juristische Instanz hat die Brühler Stadtverwaltung nun um eine Stellungnahme gebeten.

Die Mitarbeiter des Freizeitparks äußern sich nur zurückhaltend. „Wir möchten zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Stellungnahme abgeben. Die Ereignisse überschlagen sich im Augenblick“, sagte Christiane Dahm, Pressesprecherin des Phantasialandes, gestern. Und in der Tat: Gestern Nachmittag verkündete Sickmann, die Erbengemeinschaft habe den gültigen Pachtvertrag wegen der unerlaubten Nutzungsänderung fristlos gekündigt.

Schieban selbst bezeichnete es als die beste Lösung, wenn das Phantasialand das Grundstück zu einem akzeptablen Preis kaufen würde.

Über einen Verkauf hatten das Phantasialand und die Erbengemeinschaft bereits im Sommer 2004 einmal nachgedacht. „Das scheiterte allerdings damals an unterschiedlichen Kaufpreisvorstellungen“, sagte Sickmann.

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