Oliver Held„Einer meiner größten Fehler“

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Oliver Held. (Bild: Archiv)

Oliver Held. (Bild: Archiv)

Herr Held, am Samstag empfängt Schalke 04 den 1. FC Köln. Denken Sie zwangsläufig an die legendäre Partie vom 29. April 1998?

OLIVERHELD: Das ist zwar schon lange her, aber natürlich hat man das immer noch im Hinterkopf.

Beim Stand von 0:0 parierten Sie den Schuss von Toni Polster mit der Hand auf der Torlinie und sagten Schiedsrichter Uwe Kemmling auf dessen Nachfrage, dass Sie den Ball mit dem Kopf geklärt hätten.Es gab keinen Elfmeter, Schalke siegte durch ein Tor vonRadoslav Latal noch mit 1:0 und Köln stieg wenig später aus der Bundesliga ab.

HELD: Das ist natürlich für mich persönlich mit schlechten Erinnerungen verbunden. Ich denke mal, dass ich durch meine Falschaussage den 1. FC Köln in keinem schönen Licht hab stehen lassen. Wenn ich damals die Wahrheit gesagt hätte, hätte der Abstiegskampf auch ganz anders ausgehen können.

Warum haben Sie gelogen?

HELD: Vor allem, weil ich total überrascht war, als Kemmling auf mich zukam und mich nach meiner Meinung fragte. Er hatte freie Sicht, und es haben alle Leute im Stadion gesehen, dass es ein Handspiel war. Es war eine komische Situation. Ich habe mich erst mal für meine Mannschaft entschieden, und nicht dafür, was tatsächlich gewesen ist.

Haben Sie Ihr Handeln bereut?

HELD: Ich habe schon mehrfach betont, dass es einer der größten Fehler meines Leben war.

War Ihnen die Tragweite ihrer Aussage sofort bewusst?

HELD: Zuerst habe ich mich auf das Spiel konzentriert. Was danach auf mich eingeprasselt ist, war immens. Nach dem Spiel plagte mich ein schlechtes Gewissen. Das hat sehr an mir genagt.

Sie wurden als erster Spieler wegen einer Falschaussage gesperrt.

HELD: Ich wurde für zwei Spiele gesperrt, das habe ich halt so hingenommen. Wenn ich es rückgängig machen könnte, würde ich es tun, aber das geht ja leider nicht.

Haben Sie noch einmal mit Kemmling über die Szene gesprochen?

HELD: Gar nicht. Ich habe das auch nicht für sinnvoll gehalten, da er bei seiner Aussage geblieben ist, ich hätte geschworen, dass es kein Handspiel war. Ich habe ihm nicht die Wahrheit gesagt, aber dass ich geschworen habe, wie er es immer beteuert hat, war nicht der Fall.

War es ein absichtliches Handspiel?

Held: So etwas kann man nicht bewusst machen. Es war eine Reflexbewegung und nicht geplant. Von daher ist es im Nachhinein umso dümmer, die Falschaussage getätigt zu haben.

Wurden Sie in der Kabine von den Mitspielern beglückwünscht?

HELD: Nein, ich habe mich ehrlich gesagt nach dem Spiel ein wenig alleingelassen gefühlt und somit viel über die Szene nachgedacht.

Fühlen Sie sich für den Abstieg des 1. FC Köln verantwortlich?

HELD: Wenn das Handspiel nicht dazubeigetragen hätte, dass der FC abgestiegen ist, würde heute niemand mehr darüber sprechen. Köln hatte vorher nur wenige Punkte und hat danach nicht mehr viele geholt. Mein Handspiel ist zu einem Bruchteil für den Abstieg verantwortlich, aber bestimmt nicht der Hauptgrund.

Bei den Kölner Fans gelten Sie dennoch als Schuldiger für den ersten Abstieg der Vereinsgeschichte.

HELD: Das ist mir natürlich bewusst. Wenn der Mythos in Köln so ist, kann ich das nicht ändern, auch nicht nach 13 Jahren. Wenn man einen Schuldigen sucht, findet man auch einen. Das wird mich mein Leben lang verfolgen. Ich freue mich jetzt natürlich, dass der FCin der Ersten Bundesliga spielt.

Toni Polster wünschte Ihnen nach dem Spiel, dass Sie „in Ihrem Leben nie wieder Glück haben“.

HELD: Das nimmt man halt so auf. Es ist ja immer die Frage, ob er es wörtlich gemeint hat, oder nur wegen des Vorfalls geäußert hat. Ich habe das gar nicht so ernst genommen, es war im Eifer des Gefechts. Fußball ist halt ein rauer Sport, auf dem Feld werden ganz andere Dinge gesagt.

Haben Sie mit Polster noch einmal über die Aussage geredet?

HELD: Nein, es gab nie den Anlass. Ich habe ihm das nicht übelgenommen, vielleicht hätte ich die Aussage an seiner Stelle ja selbst getätigt. Es ging um sehr viel. Aber das ist nun 13 Jahre her, man sollte die Geschichte auch mal ruhen lassen.Wem drücken Sie am Samstag die Daumen?

HELD: Da ich sechs Jahre für Schalke gespielt habe, drücke ich Schalke die Daumen. Ich hoffe aber nicht, dass der FC direkt mit zwei Niederlagen startet und sofort mit dem Rücken zur Wand steht. Wenn ich mir die Absteiger aussuchen dürfte, würde ich nicht den FC nehmen. Ich wünsche dem Klub und den Fans eine erfolgreichere Saison und einen einstelligen Tabellenplatz. Beide Vereine sind durch Auftaktpleiten gebeutelt, ich tippe auf ein 2:2.

Das Gespräch führte Michael Krämer

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