Aachener Weihbischof BündgensFrist des Amtsgerichts läuft ab

Der Aachener Weihbischof Johannes Bündgens
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Aachen – Innerhalb der nächsten Tage muss der Aachener Weihbischof Johannes Bündgens (65) selbst oder durch seine Anwälte erklären, ob er den gegen ihn erlassenen Strafbefehl akzeptiert. Das Amtsgericht Kerpen hatte den Geistlichen wegen Untreue zu neun Monaten Haft auf Bewährung und zu einer Geldbuße von 5000 Euro verurteilt.
Das Schöffengericht schloss sich mit seinem Urteil der Staatsanwaltschaft an, die Bündgens vorwirft, er habe 128 000 Euro der frommen und vermögenden Witwe Marga K. veruntreut. Er habe das Vertrauen der dementen Frau genutzt, um sich diese Summe von deren Konto auf sein eigenes zu überweisen. Das Geld soll er zum Kauf eines Mehrfamilienhauses in Aachen-Burtscheid eingesetzt haben. Das im Gegenzug angeblich zugesagte lebenslange Wohnrecht für Marga K. ist weder im Grundbuch eingetragen noch sonst irgendwo vermerkt. Zum Prozesstermin am 13. Juli war Bündgens nicht erschienen. Sein Anwalt Christof Püschel legte ein ärztliches Attest vor, das Bündgens Verhandlungsunfähigkeit bescheinigt.
Fall für den Vatikan?
Falls gegen einen Strafbefehl nicht innerhalb von zwei Wochen schriftlich Einspruch erhoben wird, „steht er einem rechtskräftigen Urteil gleich“, legt Paragraf 410 der Strafprozessordnung fest. Bündgens würde damit als vorbestraft gelten – mit allen Konsequenzen, die das für ihn vermutlich auch kirchenrechtlich nach sich ziehen würde. Dann müsste wohl der Vatikan über seine Zukunft entscheiden. Dass er danach Weihbischof in Aachen bleiben könnte, gilt als ebenso unwahrscheinlich wie seine Rückkehr an die Spitze des Diözesan-Caritasverbands.
Denkbar ist jedoch auch, dass seine Anwälte eine andere Strategie verfolgen und Bündgens raten, den Strafbefehl nicht zu akzeptieren. Das wäre zwar ein riskanter Weg, denn der Angeklagte müsste sich dann wohl oder übel einer öffentlichen Hauptverhandlung stellen. Es sei denn, der vom Gericht beauftragte medizinische Sachverständige käme zur gleichen Einschätzung wie Bündgens' Hausärztin. Beim Prozessauftakt hatte Richter Peter Königsfeld vorsorglich angekündigt, das Gericht werde ein unabhängiges medizinisches Gutachten über die Verhandlungsfähigkeit in Auftrag geben, falls der Bischof den Strafbefehl nicht akzeptiert. Dass der nicht erschienene Angeklagte zuletzt beim Tennisspielen gesehen worden sein soll, könnte diese Maßnahme aus Sicht des Gerichts noch notwendiger erscheinen lassen.
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Ein Kalkül der Verteidigung ist, dass die Teilnahme an der Hauptverhandlung Bündgens die Chance eröffnen könnte, dem Gericht darzulegen, wie es zu den in mehreren Tranchen zwischen Dezember 2017 und Januar 2018 erfolgten Transaktionen gekommen ist und ob sie womöglich mit Zustimmung oder zumindest Wissen von Marga K. vorgenommen wurden. Das könnte theoretisch zu einer milderen Strafe führen, dürfte allerdings schwer nachzuweisen sein, denn Frau K. ist im März 2020 im Alter von 78 Jahren in ihrem Heimatort Kerpen gestorben.

Für den Erwerb dieses Hauses brauchte der Geistliche Geld.
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Sollte sich Bündgens im Gerichtssaal öffentlich befragen lassen, müsste er ziemlich sicher damit rechnen, dass das ungewöhnliche Verhältnis zu seiner wohlhabenden Bekannten ausgeleuchtet würde. Warum war er ständiger Gast im großen Haus der Witwe in Kerpen? Weshalb war die keineswegs weltfremde ehemalige leitende Ford-Angestellte ihm gegenüber in Geldangelegenheiten so vertrauensselig?
Wahl zwischen Pest und Cholera
Aus seiner Perspektive hat der Weihbischof mit beiden Optionen nun die Wahl zwischen Pest und Cholera. Theoretisch gebe es noch die weitere Möglichkeit, zunächst Einspruch einzulegen, ihn aber später wieder zurückzuziehen, um Zeit zu gewinnen, erläutert auf Anfrage Arndt Lorenz, der stellvertretende Direktor des Amtsgerichts Kerpen. Beobachter rechnen damit, dass Bündgens als kleineres Übel den Strafbefehl annimmt. „Er wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn es das nicht macht“, sagt ein Mitarbeiter des Generalvikariats.
Unabhängig davon, wie der Weihbischof versucht, das Verfahren zu beenden, geht es in Kerpen vor dem Nachlassgericht zivilrechtlich auch noch um die Frage, welches der drei von Marga K. hinterlassenen Testamente gültig ist. Darin werden nach Informationen des Kölner Stadt-Anzeiger sowohl Bündgens begünstigt als auch ein Neffe der Verstorbenen, der Sohn ihrer Halbschwester.