Clan-Akte RammoHochkriminelle Großfamilie hält das Ruhrgebiet in Atem

Lesezeit 4 Minuten
Clan-Chef Issa Rammo (Mitte), hier bei einer Beerdigung im September 2018 in Berlin, steht im März erneut vor Gericht.

Clan-Chef Issa Rammo (Mitte), hier bei einer Beerdigung im September 2018 in Berlin, steht im März erneut vor Gericht.

  • Eine arabische Sippe hält Essen und das Ruhrgebiet in Atem. Nun steht ihr Chef bald wieder vor Gericht, weil er einen Polizisten bedroht haben soll.
  • Die Behörden gehen davon aus, dass die Rammo-Familie mindestens 500 Mitglieder umfasst, der Clan hat schon bundesweit für Aufsehen gesorgt.
  • Die Hintergründe.

Essen/Berlin – Mord, Drogenhandel, Raubüberfälle, Schutzgelderpressung, Geldwäsche, Gewaltdelikte – die Liste der Vorwürfe gegen das arabische Familiensyndikat Rammo ist lang. Sie füllen etliche Strafakten. Gerade die Fehden mit anderen Familien-Clans und die Geringschätzung von Polizei und Justiz halten Nordrhein-Westfalen seit vielen Jahren in Bann. In Essen musste die Polizei Anfang Januar den Gerichtssaal nach Tumulten räumen.

Der Höhepunkt einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen den Familien Rammo und Saado. Der Chef der Familie, Issa Rammo, steht nun nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 19. März an erneut in Berlin vor Gericht. Sein bisheriges Strafregister weist 21 Einträge auf.

Trotziger Clanchef

Diesmal soll der Angeklagte einen Polizisten bei einer Fahrzeugkontrolle beleidigt haben. „Halt’s Maul“, soll Rammo gebrüllt haben, als ihn der Beamte mit gezogener Dienstpistole aufforderte, seine Handflächen zu zeigen. Der Clanchef habe sich mit den Worten geweigert: „Du legst dich mit dem Teufel an.“ Sein Sohn beschimpfte den Beamten den Ermittlungen zufolge auf Arabisch als „Hurensohn“.

Der Fall dokumentiert die verächtliche Grundhaltung krimineller arabischer Sippen im Umgang mit Polizei und Justiz. Zugleich offenbart er das Selbstverständnis mit dem die Clan-Welt ihre eigenen Regeln befolgt. Issa Rammo soll gerufen haben: „Ihr müsst Respekt vor dem Clan-Chef haben.“ Gleichzeitig habe er sich über die Polizei lustig gemacht: „Was wollt ihr machen? Uns passiert doch eh nichts.“

Rammos Strafverteidiger Burkhard Benecken hält seinen Mandanten für unschuldig. Im Hinblick auf das schwebende Verfahren will er „keine Details zur Verteidigungsstrategie bekanntgeben“.

Im Mittelpunkt der Essener Fehde zwischen den Familien Rammo und Saado stand der 18 Jahre alte Sohn einer mutmaßlichen Führungsfigur des Essener Rammo-Clans. Vergangenen Sommer hatten ihn acht junge Männer auf einem Schulhof zusammengeschlagen. Womöglich ein Racheakt. Eigentlich hatten sich die Kontrahenten bereits außergerichtlich geeinigt. Ein Friedensrichter aus der Szene hatte vermittelt. Außerdem soll das Opfer Geld bekommen haben.

Clan hat 500 Mitglieder

Dann aber fühlte sich einer der Angeklagten durch die Aussage des 18-Jährigen wohl beleidigt. Ein Wort gab das andere. „Du Hurensohn“ – „Du Hund“. Drei Zuschauer rasteten aus und mussten aus dem Saal geführt werden. Elf Tage später verhängte die Amtsrichterin gegen die acht Angeklagten Jugendhaftstrafen bis zu drei Jahren und drei Monaten. Der Schuldspruch löste eine Schlägerei im Saal aus, Polizeibeamte mussten eingreifen, um die Lage zu beruhigen.

Die Behörden gehen davon aus, dass die Rammo-Familie mindestens 500 Mitglieder umfasst, von denen nicht alle illegalen Geschäften nachgehen. Der Clan hat aber schon bundesweit für Aufsehen gesorgt. Ein paar Beispiele: Am 27. März 2017 sollen drei Angehörige der Familie eine 100 Kilogramm schwere Goldmünze im Wert von 3,75 Millionen Euro aus dem Berliner Bode-Museum entwendet haben. Im Sommer 2018 beschlagnahmten Strafverfolger 77 Immobilien, die dem Clan zugerechnet werden. Mit dem Kauf der Objekte sollten vermutlich Millioneneinnahmen aus illegalen Geschäften in saubere Vermögenswerte umgewandelt werden.

Das könnte Sie auch interessieren:

Mit einem Freispruch endete im Juli 2019 der Mord-Prozess gegen Ismail Rammo. Der 21-Jährige soll mit einem Komplizen einem mutmaßlichen Gläubiger aufgelauert und ihn auf offener Straße erschlagen haben. Laut Gericht erschien die Beweislage aber zu dünn.

Clan-Chef Issa Rammo soll nach dem Richterspruch ausgerastet sein und gerufen haben: „Ich küsse die Erde von Deutschland!“ Dann bedrohte er den Ankläger: „Herr Staatsanwalt, ich kenne Sie – und alle, die mit euch arbeiten! Ich weiß genau, wer das war!“ Issa Rammo fiel schon mehrfach bei Polizeikontrollen mit Pöbeleien auf. Rammo gilt als staatenlos. Mangels Passpapieren kann er nicht aus Deutschland ausgewiesen werden.

Ein Moment der Reue

Und so steht am 19. März der nächste Auftritt des Clanchefs vor Gericht an. Laut den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft soll sich Folgendes zugetragen haben: Eine Polizeistreife beobachtet um neun Uhr morgens in Berlin-Neukölln einen Audi, der über eine Ampel rast, die gerade auf Rot umschaltet. Der Streifenwagen-Besatzung nimmt die Verfolgung auf. Der Audi erhöht das Tempo, biegt dann aber versehentlich in eine Sackgasse ein. Vier Männer sitzen im Fahrzeug. Issa Rammo auf dem Beifahrersitz, außerdem drei seiner Söhne. Die Polizisten fordern alle auf, die Hände zu zeigen. Vor allem Issa Rammo soll sich renitent verhalten haben, dem Polizisten gedroht und ihn beleidigt haben. Als Verstärkung eintrifft, werfen Vater Issa und zwei seiner Söhne dem Beamten vor, er habe getrunken, sein Atem rieche nach Alkohol. Um die Vorwürfe auszuräumen, unternimmt der Polizist vor den Kollegen freiwillig einen Alkoholtest. Ergebnis: 0,00 Promille. Issa Rammo gibt sich später in seiner Vernehmung reumütig. Es sei viel durcheinandergesprochen worden, bekennt der Clan-Chef.

Das Ganze sei ein Missverständnis gewesen.

KStA abonnieren