Ausleihe durchs FensterWie Büchereien dem Lockdwon trotzen

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Am Fenster können die Kunden der Mechernicher Bücherei ihre ausgeliehenen Medien von Dorothea Hamacher und ihren Kolleginnen entgegennehmen.

Am Fenster können die Kunden der Mechernicher Bücherei ihre ausgeliehenen Medien von Dorothea Hamacher und ihren Kolleginnen entgegennehmen.

  • Bücher bieten im Lockdown eine Flucht aus der trostlosen Realität.
  • Einige Büchereien im Kreis bieten deshalb kontaktlose Ausleihen an und haben dafür sogar spezielles Desinfektionmittel für Büche angeschafft.

Kreis Euskirchen – Der Lockdown bleibt, mindestens bis Ende des Monats – vielleicht sogar bis Ostern, wie es einige Politiker diskutieren. Maximal eine Person aus einem anderen Haushalt darf man besuchen, die Schulen sind zu, kein Kino, kein Freizeitpark, kein Sportverein. Da kann einem mit Blick auf das Grau vor dem Fenster schon ein bisschen schwer ums Herz werden.

Was bleibt, sind Serien- und Filme beim Streaming-Dienst der Wahl, Videospiele oder auch die gute alte Spielesammlung – und natürlich Bücher. Ob Krimi, Fantasy-Roman oder Bilderbuch, sie alle versprechen Ablenkung, Beschäftigung und Zuflucht. Eine, die sich damit auskennt ist Brigitte Sperling. Seit fast 50 Jahren ist die 87-Jährige Teil des Büchereiteams der evangelischen Bücherei in Zülpich: „Die Bücherei ist Teil meines Lebens.“

Eine Zeit wie gerade, in der vieles stillsteht, habe sie in all den Jahren allerdings noch nicht erlebt. Auch deshalb bietet sie mit ihrem Team weiterhin einen Ausleih-Service an. Wer sich für ein Buch interessiert, kann es telefonisch bestellen, dann wird eingepackt und ins Foyer gestellt. Dort können die Bücher abgeholt werden. Das Bilderbuchkino, das normalerweise einmal im Monat stattfindet, haben sie kurzerhand ins Internet verlegt. Jeden dritten Sonntag im Monat werde auf der Webseite der Bücherei ein Video hochgeladen, in dem eine Mitarbeiterin mit einer Handpuppe ein Kinderbuch vorlese, so Sperling.

Bücherei to go in Corona-Zeiten

Dorothea Hamacher und Elisabeth Gehrmann haben sich ebenfalls dazu entschlossen, trotz Corona in der städtischen Bücherei in Mechernich eine Ausleihe anzubieten. „Bücherei to go“ nennen sie ihr Konzept. Wer etwas ausleihen möchte, kann die gewünschten Medien per Mail, Online-Lesekonto oder Telefon bestellen.

Hamacher und Gehrmann suchen die Sachen raus und am nächsten Öffnungstag kann der Ausleiher sie am Fenster abholen. Noch viele weitere Büchereien im Kreis bieten so etwas an (siehe auch „Hier gibt es kontaktlose Ausleihen“).

Hier gibt es kontaktlose Ausleihen

Viele Büchereien im Kreis Euskirchen bieten während des aktuellen Lockdowns eine Ausleihe per E-Mail oder Anruf an. Hier eine Auswahl:

Katholische Bücherei Schmidtheim, Telefon: 02447/913076, Instagram

Gemeindebücherei Kall, Telefon: 02441/779552 oder E-Mail

Nettersheimer Literaturhaus, Telefon: 02486/1770 oder E-Mail

Bücherei St. Ägidius Wolfert, Telefon: 0177/8760771, E-Mail

Stadtbibliothek Euskirchen, Online-Katalog

Katholische Bücherei Flamersheim, Telefon: 02255/6935

Gemeindebücherei Blankenheim, Telefon: 02449/911725, Online-Katalog

Gemeinde- und Schulbibliothek Weilerswist, Telefon: 02254/6010926

Stadtbücherei Mechernich, Telefon: 02443 / 494360, E-Mail

Stadtbibliothek Schleiden, Telefon: 02445/957766, E-Mail, Online-Katalog

Evangelisch-Öffentliche Bücherei Zülpich, Telefon: 02252/8365444, E-Mail

Die Stadtbücherei Bad Münstereifel, Telefon: 02253/8041, E-Mail

Laut Hamacher wird das Konzept sehr gut angenommen. „Am Montag haben schon sofort viele angerufen“, berichtet sie über den ersten Tag der neuen Ausleihe. Für sie und ihre Mitarbeiterinnen sei der neue Service auch eine Herausforderung. Jeder Kunde kann bis zu zehn Medien bestellen, dann müssen Hamacher und ihre Kolleginnen schauen, ob sie verfügbar sind, sie heraussuchen, auf dem Konto des Ausleihers verbuchen und zusammenstellen – das ist mehr Arbeit als in Zeiten, in denen die Kunden selbst in den Regalen stöbern konnten. „Das ist sehr aufwendig“, sagt Hamacher: „Es ist immer jemand an der Tür oder am Telefon.“

Für 2000 Euro neue Bücher

Viel Arbeit hatten in den vergangenen Wochen auch Sperling und ihr Team. Doch es sei erfreuliche Arbeit gewesen, berichtet sie. Dank einer Förderung habe die Bücherei für 2000 Euro neue Bücher kaufen können. Die müssen alle katalogisiert werden. „Bis ein Buch im Regal steht, ist es mindestens eine Stunde Arbeit“, so Sperling. Aber sie freue sich, dass die Kunden nun noch mehr Auswahl haben.

18 000 Medien kann man in der Mechernicher Bücherei ausleihen. CDs, DVDs, Magazine, Reiseführer und natürlich Bücher in allen Varianten. Letztere seien nach wie vor auch noch das am meisten nachgefragte Medium. Von Klassikern über Astrid Lindgren bis hin zum neuesten Roman von Ken Follett ist alles dabei. „Wir sind genau wie eine Buchhandlung – brandaktuell“, sagt Hamacher stolz. Was genau sich alles in den Regalen der Bücherei findet, kann man online nachschlagen und dann bestellen. Nur bei den Bilderbüchern können sich die Kunden nichts Spezielles aussuchen. Diese seien in der Bücherei nicht alphabetisch sortiert, sondern stünden in größeren Kästen bereit. Dort ein bestimmtes herauszusuchen, würde einfach zu viel Zeit beanspruchen, weiß Hamacher. Wer eines ausleihen wolle, könne eine thematische Richtung vorgeben, Hamacher und ihre Kolleginnen suchen dann etwas Passendes heraus.

Spezielles Desinfektionsmittel für Bücher

Hamacher ist froh, dass das Angebot so gut angenommen wird. Trotzdem sinken die Besucherzahlen. Die Tendenz sei nach wie vor fallend, sagt sie. Daran habe auch die Pandemie mit ihren Lockdowns nichts geändert. Eine Umfrage bei anderen Büchereien im Kreis bestätigt Hamachers Aussage. Familien nutzten das Angebot noch recht häufig. Erwachsene und Jugendliche hingegen sehe sie so gut wie gar nicht mehr in ihrer Bücherei, berichtet Hamacher.

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Beim kreisweiten Online-Angebot Onleihe Erft hingegen seien die Nutzer-Zahlen im Pandemie-Jahr gestiegen, berichtet sie. Das bestätigen auch andere Büchereien, die daran teilnehmen. Im Frühjahr sei der Zugriff aufgrund der vielen Nutzer etwas holprig gewesen, sagt Hamacher. Doch inzwischen höre sie keine Beschwerden mehr.

Derzeit arbeiten in Mechernich wie in Zülpich maximal zwei Personen in der Bücherei. Da viele von Ihnen selbst zur Risikogruppe gehörten, sei das auch anders gar nicht möglich, berichtet Sperling. Auch bei der Rückgabe der Bücher wird in Zülpich ganz genau auf Hygiene und Abstand geachtet. „Wir haben ein spezielles Desinfektionsmittel für Bücher“, sagt Sperling. Bücherwürmer brauchen also keine Angst vor Ansteckung durchs Lesen zu haben.

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