Kreuzband wieder gerissenEin Tagebuch von Bundesliga-Torhüterin Laura Sieger
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In Leverkusen war die Partie für Laura Sieger nach wenigen Minuten beendet – sie musste mit einem Kreuzbandriss ausgewechselt werden.
Copyright: Rocco Bartsch
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Kreis Euskirchen – Bundesliga-Torhüterin Laura Sieger vom SV Meppen kämpft um ihre Karriere. Vor knapp einem Monat zog sich die 21 Jahre alte Nöthenerin den zweiten Kreuzbandriss ihrer Karriere zu.
Sonntag, 9. Mai um 14.06 Uhr
Im Frauenbundesligaspiel zwischen Bayer Leverkusen und dem SV Meppen (2:2) gibt es früh im Spiel den zweiten Eckball für die Werks-Elf. Meppens Torhüterin Laura Sieger streckt sich bei der Hereingabe des Balls, um auf Nummer sicher zu gehen. Bei der Landung kommt sie unsanft auf dem Boden auf, das linke Knie knickt nach innen weg. Sieger muss unter Tränen behandelt werden. Einer anschließenden Belastung hält das Knie nicht stand, sodass die 21-Jährige früh ausgewechselt werden muss.
Bereits am folgenden Tag steht für die Nöthenerin die Untersuchung des lädierten Knies an. Das Knie ist geschwollen, doch ein erster ärztlicher Befund nach erfolgter MRT-Untersuchung gibt leichten Grund zur Hoffnung. „Der Arzt ist sich noch nicht sicher was die Bänder angeht, da das Knie noch zu geschwollen ist“, berichtet die Bundesliga-Torhüterin vorsichtig optimistisch nach dem ersten Arztbesuch.
Mittwoch, 12. Mai
Die Hoffnung, dass nichts an den Bändern ist, wird vehement ausgebremst, denn die Untersuchung in Köln sorgt für Gewissheit. Es ist tatsächlich ein Kreuzbandriss. Schon der zweite in der noch jungen Karriere von Laura Sieger. Von jetzt auf gleich ist sie wieder monatelang außer Gefecht gesetzt. Sieger, die erst im Sommer nach Meppen gewechselt war, hatte sich den Platz zwischen den Pfosten geholt und kann nun ihrem Team im Saisonfinale nicht aktiv helfen. „Gerade weil es für mich persönlich sportlich echt gut lief, ist das natürlich ein herber Rückschlag“, so Meppens Torfrau.
Donnerstag, 13. Mai
Zurück in Meppen beginnt die 21-Jährige, den Blick nach vorn zu richten. „Auch wenn so eine Diagnose nicht einfach ist, kenne ich die Situation und weiß, was mich erwartet“, sagt Sieger, die tagsüber Termine beim Physiotherapeuten der Meppener wahrnimmt, um die Schwellung zu reduzieren. Am Abend schaut die Studentin für Sport und Leistung mit Wehmut beim Training ihrer Mitspielerinnen vorbei.
Bis zu ihrer Verletzung war die Nöthenerin (r.) Leistungsträgerin beim Bundesligisten SV Meppen.
Copyright: Rocco Bartsch
Freitag, 14. Mai
Der erlösende Anruf aus Köln erreicht Sieger um die Mittagszeit. Sie hat einen zeitnahen Operationstermin für kommende Woche erhalten. Sie ist sofort voller Energie und sagt: „Je schneller man die OP hinter sich hat, desto früher beginnt die Rehabilitationsmaßnahme.“
Sonntag, 16. Mai
Nach einem internen Testspiel der Meppenerinnen, welchem die verletzte Torhüterin als Zuschauerin beiwohnt, verabschiedet sich Sieger vorerst vom Team. Sie wird sich über den Umweg Nöthen am Folgetag zur Vorbesprechung der Operation nach Köln begeben und dort auch die Reha beginnen.
Dienstag, 18. Mai
Der Teamgeist beim SV Meppen ist groß. Am Abend erscheint in den sozialen Netzwerken ein Motivationsvideo mit der Überschrift „Come back stronger, Laura“ für die anstehende Operation der verletzten Mitspielerin.
Mittwoch, 19. Mai
Der Tag des Eingriffs im linken Knie steht an. Laura Sieger ist aufgeregt.
Zur Person
Laura Sieger zog sich am 9. Mai einen Kreuzbandriss zu. Seit dem Spiel gegen Bayer Leverkusen ist die Saison für die 21 Jahre alte Torhüterin des SV Meppen beendet.
Sieger kommt aus Nöthen und lässt die Redaktion an ihrem langen, sicherlich auch mal schmerzhaften Weg zurück auf den Platz teilhaben. Im unregelmäßigen Abstand wird die Redaktion aus dem Leben der Bundesliga-Torhüterin berichten.
Im Alter von fünf Jahren hat sie in Nöthen mit dem Fußballspielen begonnen. Nach mehreren Probetrainings beim 1. FC Köln schaffte sie den Sprung in die Domstadt und es ging über die B-Juniorinnen-Bundesliga 2016/2017 in den Kader des Zweitligisten.
Zur Saison 2018/2019 folgte der Wechsel nach Leverkusen. Mit Beginn der Spielzeit 2020/2021 schloss sich Laura Sieger dem Bundesligaaufsteiger SV Meppen an. Dort ist sie seit dem fünften Spieltag Stammtorhüterin und absolvierte in Leverkusen ihr 16. Bundesligaspiel in Folge. Sieger hat zudem von der U-15 bis hin zur U-19 alle Nationalmannschaften durchlaufen. Sie studiert an der Sporthochschule in Köln Sport und Leistung. (tom/roc)
Sonntag, 23. Mai
Der SV Meppen spielt zu Hause gegen den SC Sand, den direkten Konkurrenten um den Ligaverbleib. Ein Sieg – und der Klassenerhalt wäre sicher. Es kommt allerdings völlig anders, denn der SVM verliert sein Heimspiel 0:2. Und das nicht unverdient. Plötzlich hat Sand die besseren Chancen auf den Ligaverbleib. Und was macht Laura Sieger? Sie ist zum Spiel gereist und gibt moralische Unterstützung von der Tribüne aus. „Es ist ärgerlich, dass wir gerade an diesem Tag nicht unsere guten Leistungen der Vorwochen bestätigen konnten“, so Sieger, die verhalten nachlegt: „Wir müssen in Freiburg unser Ding machen und dann auf Leverkusen hoffen.“
Dienstag, 25. Mai
Auch wenn die Studentin eine Woche Pfingstferien hatte, ist sie nicht tatenlos. „Ich erledige ein paar Dinge für die Uni und erhalte vor Ort in Nöthen meine Physiotherapie mit ersten, kleineren Übungen“, so die 1,66 Meter große Powerfrau. Neben dem Fußball ist ihr das berufliche Standbein genauso wichtig, denn, anders als bei den männlichen Kollegen im Profifußball, werden bei den Frauen deutlich kleinere Gehälter gezahlt.
Freitag, 29. Mai
Das Wochenende steht an. Für Sieger ist es eines im Kreise ihrer Familie. Dort, wo sie seit Kindheitstagen eine große Unterstützung erfährt, ist sie gern. Hier in der Heimat kann sie abschalten und auch mal zu Ruhe kommen. Klar wäre sie jetzt gerne beim Team in Meppen und würde sich auf das entscheidende Spiel in Freiburg vorbereiten, aber Verletzungen gehören zum Sport dazu. „Wichtig ist, dass man dies anerkennt und versucht, schnellstmöglich an der Rückkehr zu arbeiten“, gibt sich Laura Sieger kämpferisch − und das keine 20 Tage nach der schweren Verletzung.
Montag, 31. Mai
Nach einem ruhigen Wochenende geht es für Laura Sieger wieder nach Köln. Für sie beginnt heute die Reha-Maßnahme, welche sie dabei unterstützen soll, wieder schnell fit zu werden. Nach dem Kennenlerngespräch, welches aufgrund ihrer Verletzungshistorie eher kurz ausfällt, werden die nächsten Schritte besprochen. Ab sofort wird die junge Torhüterin beinahe täglich den Weg nach Köln auf sich nehmen. „Wenn alles gut geht, dann ist in Kürze auch schon wieder das Fahrradfahren möglich“, zeigt sich die Rekonvaleszentin zuversichtlich.
Nach dem Reha-Termin in Köln sind für die Studentin zwei Onlineseminare angesetzt. Es geht zunächst um „Ernährung und körperliche Leistungsfähigkeit“ und später um die Grundlagen und das Nachweisverfahren in Bezug auf Doping. Am Nachmittag dann der erfreuliche Anruf aus Meppen: Zum entscheidenden Auswärtsspiel beim SC Freiburg wird die Nöthenerin ihr Team am Sonntag begleiten dürfen. „Mit ist es wichtig, dass ich dem Team beim Spiel im Breisgau beistehe und wir das Ziel Klassenerhalt gemeinsam angehen“, so Sieger.
Freitag, 4. Juni
Sieger ist bei der Physio in Köln. Dort soll das operierte Knie behutsam an die ersten Belastungsphasen herangeführt werden. Sie sitzt auf einem Ergometer und tritt langsam in die Pedale. Der Widerstand ist sehr gering, denn zunächst soll das Knie, welches nach der OP geschwollen war, nur langsam belastet werden.
Samstag, 5. Juni
Für Sieger folgt die Fahrt nach Freiburg, wo die Frauenmannschaft des SV Meppen bereits seit Freitag weilt. Der Fokus liegt seit Tagen nur auf diesem einen Spiel, und auch die verletzte Torhüterin wirkt bei ihrer Abreise angespannt. „Ich bin natürlich nervös, wahrscheinlich sogar mehr, als wenn ich selbst spiele.“ Sie würde nichts lieber tun, als aktiv mitzuhelfen. So bleibt ihr nur das Vertrauen ins Team, das aus ihrer Sicht fokussiert in das Spiel gehen und alles für die drei Punkte tun wird. „Aber das allein wird vermutlich nicht reichen, und so werde ich am Sonntag während des Spiels auf mein Handy schauen und hoffen, dass mein ehemaliger Verein Leverkusen uns hilft“, gibt sich Sieger kämpferisch.
Die Partie SC Freiburg gegen SV Meppen ist das letzte Meisterschaftsspiel dieser Saison. Zu sehen gibt es die Partie am Sonntag ab 14 Uhr live unter www.tv.dfb.de.