Haftstrafe für Ex-RockerEuskirchener hat mit Samuraischwert Drogengeld eingetrieben

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Seine Lebensgefährtin führte den heute herzkranken Angeklagten zur Urteilsverkündung in den Gerichtssaal.

Seine Lebensgefährtin führte den heute herzkranken Angeklagten zur Urteilsverkündung in den Gerichtssaal.

Bonn/Euskirchen – Gebeugt, das schlohweiße lange Haar ungepflegt, schlurfte das einst gefürchtete Mitglied einer Rockergang zur Urteilsverkündung in den Gerichtssaal. Seine Lebensgefährtin führte den mittlerweile herzkranken Mann fürsorglich zur Anklagebank des Bonner Landgerichts.

Im Prozess hatte der 63-Jährige aus Euskirchen kein Wort gesagt, kein Geständnis abgelegt, sich nicht entschuldigt. Der Angeklagte blieb trotzig bis zur letzten Sekunde. Dennoch hat die 2. Große Strafkammer den wegen gefährlicher Körperverletzung und Drogenbesitz angeklagten Mann zu einer aus Sicht von Prozessbeobachtern verhältnismäßig milden Haftstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Staatsanwalt hatte zuvor siebeneinhalb Jahre Haft gefordert.

Vorfall liegt fast zwei Jahre zurück

Der Vorfall liegt fast zwei Jahre zurück: Am 6. Juni 2019 hatte der Angeklagte einen zahlungsunwilligen Kunden in einer Euskirchener Bar mit einem Samurai-Schwert bedroht, um Drogengeld einzutreiben. Der 65-jährige Schuldner schützte sich gegen den Frontalschlag mit erhobenen Armen, wurde aber dabei an der Hand verletzt. Der acht Zentimeter lange Schnitt verheilte nur langsam, die Wunde ist bis heute sichtbar.

Aus Angst vor Rache hatte der Zeuge später die Strafanzeige gegen den Altrocker zurückgezogen. Aber da wurde bereits von Amts wegen ermittelt und drei Monate später eine Razzia in der Wohnung des Angeklagten angeordnet. Im Dachgeschoss, das mit diversen Überwachungskameras gesichert war, stießen die Ermittler auf ein ganzes Arsenal an Waffen: Mehrere Degen, Schwerter, drei Dolche und zehn Messer wurden sichergestellt. Dazu dreieinhalb Kilo Amphetamin und rund 300 Ecstasy-Pillen, in Einmachgläsern oder Plastikdosen im Kühlschrank versteckt.

„Ein Schatten seiner selbst“

Die Bonner Richter haben den Ex-Rocker aber nicht – wie ursprünglich angeklagt – wegen Drogenhandels mit Waffen verurteilt. Ein Nachweis sei, so der Kammervorsitzende Wolfgang Schmitz-Justen in der Urteilsbegründung, hier schwer zu führen gewesen. Das habe das Strafmaß deutlich gesenkt. Mehr aber habe die Kammer, die sich durchaus um die Gesundheit des Angeklagten sorgte, ohne ein Geständnis nicht tun können.

Gravierend ins Gewicht fiel das kriminelle Vorleben des Angeklagten, der sich, so der Richter, in der Vergangenheit durchaus „nicht mit Eierdiebstählen abgegeben“ habe. Auf der Liste der begangenen Straftaten finden sich organisierte Diebstähle und Hehlerei mit Luxuskarossen, Betrieb einer kapitalen Cannabisplantage, Raubzüge, Betrügereien, Zeugenbedrohungen und erbarmungslose Rachefeldzüge.

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Als „eine über die Jahre gefestigte Gaunerpersönlichkeit“ bezeichnete ihn Schmitz-Justen. Davon sei aber heute wahrlich nicht mehr viel übrig: Der Angeklagte sei erkennbar nur noch ein „Schatten seiner selbst“, weshalb er auch von der U-Haft verschont geblieben war.

„Aber passen Sie auf, was Sie tun“, warnte ihn der Vorsitzende: „In Ihrem Alter sollten Sie die Finger von Straftaten lassen.“ Der Angeklagte protestierte nicht, auch nicht gegen das Urteil. Das übernahm für ihn seine Lebensgefährtin, bevor sie ihn an der Hand aus dem Gericht führte.

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