Folgen der PandemieSo wollen die Euskirchener Banken die Insolvenzwelle abwehren

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Euskirchen Innenstadt

Die Euskirchener Innenstadt in der Pandemie

Kreis Euskirchen – Noch ist die Pflicht, im Falle eines Falles Insolvenz zu beantragen, wegen Corona ausgesetzt. Doch irgendwann kommt die Stunde der Wahrheit. Droht dann im Kreis Euskirchen das böse Erwachen?

Die Kreditinstitute aus dem Kreis schließen eine höhere Zahl an Insolvenzen nicht aus. Noch hielten sich die meisten Firmen wacker, doch weitere Einschränkungen durch die Corona-Maßnahmen könnten zu langfristigen negativen Folgen führen, heißt es aus den Führungsetagen der Kreditinstitute.

Wie hoch wird die Gefahr eingeschätzt?

In der Folge“, so Holger Glück, Vorstandsmitglied der Kreissparkasse Euskirchen (KSK), „rechnen wir mit steigenden Insolvenzzahlen und damit einhergehend mit einer steigenden Anzahl an Kreditausfällen.“ Viele Unternehmen hätten der schwierigen Lage bisher standgehalten, sagt Glück: „Die Belastungen steigen jedoch mit anhaltender Dauer der Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen.“

Ähnlich sieht es Hans-Jürgen Lembicz, Vorstand der Volksbank Euskirchen. Vor allem für Unternehmen, die schon vor der Pandemie keine Reserven und Sicherheiten hatten,  dürfte es schwer werden: „Diese Situation kann leider zu Insolvenzen führen.“ Lembicz appelliert auch an die Konsumenten, die heimische Wirtschaft zu unterstützen:  „Amazon & Co. werden unsere Städte nicht mit Leben füllen.“

Für den Vorstandsvorsitzende der VR-Bank Nordeifel, Mark Heiter, ist es Fakt, „dass die Unternehmen unterschiedliche, teilweise dramatische Einnahme-Ausfälle haben. Fakt ist aber auch, dass Regierungen bemüht sind, Umsatzeinbußen zu kompensieren, auch wenn dies in der technischen Abwicklung noch holpert.“

Auch er könne nicht ausschließen, dass es zu signifikant mehr Insolvenzen auch im Kreis Euskirchen kommt. Das gesetzesbedingte Hinausschieben der Insolvenzantragspflichten trage weder zu einer Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Prognosefähigkeit, noch zu einer Stabilisierung des Wirtschaftssystems bei, so Heiter: „Das ist eher Verschleierungstaktik.“

Die Menschen im Südkreis, also dem Kerngebiet der VR-Bank Nordeifel, Kerngeschäft betreibt, hätten bisher konjunkturelle Schwächephasen immer besser ausgehalten als der Landes- und Bundesschnitt, stellt Heiter fest: „Allerdings sind Boomphasen auch nicht so durchgeschlagen wie in anderen Regionen.“ 

Versuchen die Institute zu helfen?

Ja, sagen alle Verantwortlichen, vor allem mit Beratungen persönlich unter Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen, telefonisch oder digital. Da Schieflagen idealerweise früh  bekämpft werden, versuche die Volksbank bei bestimmten Signalen auf die Kunden zuzugehen, erläutert  Lembicz: „Das Konto ist dabei Spiegel der Liquidität.“

Zeichneten sich dort öfter oder höhere Überziehungen ab, gehe die Bank auf die Kunden zu. „Das ist ja zunächst nichts Schlimmes“, beruhigt Lembicz. Auch wenn Kreditabzahlungen mal ins Stottern geraten, bedeute das noch lange nicht das Aus: „Es kommt auf die Perspektive des Unternehmens an.“ Stimme die Geschäftsidee, steige die Aussicht, sich nach der Krise wieder zu erholen.

Auch bei der Kreissparkasse suchten die Firmen- und Gewerbekundenberater regelmäßig proaktiv das Gespräch zu ihren Kunden, erläutert Holger Glück. Gemeinsam würden die wirtschaftliche Situation des Kunden untersucht und gegebenenfalls Fördermittel beantragt. Der Gesetzgeber habe 2020 für einen befristeten Zeitraum Möglichkeiten eingeräumt, Zins- und Tilgungsleistungen auszusetzen, erklärt Glück: „Sofern sinnvoll und erforderlich, erarbeiteten unsere Berater mit ihren Kunden über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende Maßnahmen, um so für jede Situation die passende Lösung zu finden.“

Laut VR-Bank-Vorstandschef Heiter ist die Förderung der Mitglieder schließlich vorrangiger Auftrag einer Genossenschaft. Das Institut beteilige sich auch nicht an Schwarzmalerei, vielmehr mache es den Menschen in der Eifel Mut.

Er sagt aber auch: „Es steht nicht in unserer Macht, alle Ängste zu nehmen. Sie gehören leider zu einer wirtschaftsorientierten Systemordnung. Das hat immer was von Pfeifen im Walde und Sand in die Augen streuen. Es ist aber auch nicht mein Job, den Menschen und Unternehmen Angst zu machen.“

Welche Rolle spielen die staatlichen Hilfen?

Eine große –  da sind sich die Führungen der örtlichen Kreditinstitute einig. „Sehr wichtig, teilweise sogar entscheidend“ seien die Hilfen von Bund und Land, sagt Lembicz. Ohne sie hätten manche Unternehmen bis heute nicht überleben können. „Zudem sichern die Regelungen von Kurzarbeit viele Arbeitsplätze, die nach der Krise wahrscheinlich wieder benötigt werden.“

Das helfe allen: Unternehmen, Arbeitnehmern, Konsumenten, Banken, Kommunen, und dem Staat selbst. „Nur wenn die Konjunktur wieder Fahrt aufnimmt, kann der Kreislauf wieder in Schwung gebracht werden. Diesbezüglich sitzen alle Beteiligten in einem Boot.“

Auch KSK-Vorstand Holger Glück hält die staatlichen Maßnahmen für existenziell, um die Situation aller Unternehmen sowie der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Region zu stabilisieren. Wichtig sei, dass  die Unterstützung schnell und unbürokratisch bei besonders betroffenen Unternehmen ankomme.

Ausgleich von Einnahmeausfällen und Kurzarbeitergeld sind nach Ansicht von VR-Bank-Vorstandschef Heiter richtige und wichtige Unterstützungsmaßnahmen. Bei den staatlichen Krediten sei hingegen Vorsicht angesagt: „Jeder Kredit muss auch zurückgezahlt werden, egal zu welchem Zinssatz. Ob diese Kredite wirklich immer eine Hilfe sind, ist fraglich.“

Brauchen auch die Banken irgendwann Hilfe?

Wenn die Kredite der Kunden in größerem Maße ausfallen, könnten dann möglicherweise auch die Kreditinstitute selbst in Schieflage geraten? Auch die Erinnerungen an die Bankenkrise 2008 dürfte die Politik zu den Hilfsmaßnahmen in der Pandemie motiviert haben.

Er sei kein Prophet, sagt VR-Bank-Chef Mark Heiter: „Aber derzeit sind keine katastrophalen Kreditausfälle zu beobachten, Und die vermag ich derzeit auch nicht für unser Kreditportfolio zu sehen.“ Die Banken seien heute so gut kapitalisiert wie nie zuvor. „Die Frage ist nur, ob die Regulatorik die Banken nicht zu sehr in der Erfüllung einer volkswirtschaftlichen Verantwortung knebelt“, so Heiter.

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Bei der Volksbank Euskirchen zeigt man sich zuversichtlich,  aber nicht leichtsinnig. Im Kreditbereich arbeite die Volksbank zumeist mit Privatkunden und Handwerksbetrieben zusammen. Letztere seien bisher kaum von der Krise betroffen. Zudem, so Lembicz, betrage das Eigenkapital rund 24 Prozent der vergebenen Kreditsumme. Damit könne die Bank eventuelle Ertragsdellen abfedern.

Denn die schließt Lembicz auch nicht völlig aus: In stark von der Pandemie betroffenen Branchen wie Einzelhandel, Gastronomie oder Messebau – und hier vor allem bei  Unternehmen, die bereits vor der Pandemie „nicht auf Rosen gebettet waren“ –  könne  es eng werden, warnt Hans-Jürgen Lembicz: „Die daraus folgenden Konsequenzen könnten auch wir und die dort beschäftigten Privatkunden spüren.“

Die Kreissparkasse Euskirchen sieht sich gut aufgestellt. Natürlich sei es eine wichtige Aufgabe der Kreissparkasse, Kreditrisiken laufend zu beobachten und zu steuern, sagt Glück: „Im Rahmen der Pandemie haben wir das Vorgehen auf die aktuellen Verhältnisse angepasst. Zudem haben wir die in Bezug auf Kreditausfälle guten Vorjahre genutzt, um für schwierigere Zeiten wie diese vorzusorgen.“

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