Artistenfamilie in KommernErste Taufe im Freilichtmuseum seit Gründung

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Stolze Eltern: Ihre fünf Wochen alte Tochter Ruby haben Natalia und Steve Weisheit im Kommerner Freilichtmuseum taufen lassen.

Stolze Eltern: Ihre fünf Wochen alte Tochter Ruby haben Natalia und Steve Weisheit im Kommerner Freilichtmuseum taufen lassen.

Mechernich-Kommern – Den gold-glitzernden Lidschatten hat Natalia Weisheit noch auf den Augenlidern, als sie lächelnd den Ausstellungssaal des Freilichtmuseums Kommern betritt. Gerade eben hat sie noch mit ihrer Familie, der berühmten Artistenfamilie Weisheit, eine atemberaubende Hochseilshow auf dem „Jahrmarkt anno dazumal“ gezeigt. Danach haben sich alle beeilt, sich fix umgezogen, ein E-Piano samt Verstärkern und Mikro aufgebaut.

Nur wenig später kommt Natalia Weisheit mit der gesamten Familie in völlig anderer, schicker Bekleidung zu einem noch freudigeren Ereignis zusammen. In ihren Armen hält die 29-Jährige ihre erst fünf Wochen alte Tochter Ruby. Sie wird am Abend des Ostersonntags im Ausstellungssaal des Freilichtmuseums getauft. Es ist erste Taufe, die in der nunmehr 60-jährigen Geschichte des Museum dort stattfindet. Logisch, dass dieses freudige Ereignis für alle Beteiligten etwas ganz Besonderes bedeutete.

Auch auf dem Hochseil fasziniert Steve Weisheit die Besucher.

Auch auf dem Hochseil fasziniert Steve Weisheit die Besucher.

Allen voran für die Familie Weisheit, die seit vielen Jahren eine intensive Verbindung zum Museum hat. Als Dr. Michael Faber den „Jahrmarkt anno dazumal“ im Jahr 1995 quasi erfand, konzipierte er eine Veranstaltung, die Jahr für Jahr Gäste aus der gesamten Region ins Freilichtmuseum lockt. Gleich von Beginn an war auch die Hochseiltruppe Geschwister Weisheit aus Gotha mit im Boot. In unregelmäßigen Abständen bereicherten sie den Jahrmarkt mit ihrer Show und den in großen Höhen gezeigten artistischen Kunststücken.

Viele Erinnerungen

In den Anfängen des Jahrmarkts hatte auch Natalie Weisheit noch in den Kinderschuhen gesteckt. „Als Kinder sind wir abends immer durch das leere Museum gestreift und konnten ganz alleine zwischen den Häusern umherrennen“, erinnerte sich Natalia Weisheit gerne an diese Zeit. Ärger gab es für die quirligen Kinder nicht: „Die Angestellten waren nie böse, sie haben uns sogar ganz lieb gesagt, wenn wir etwas nicht durften.“

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Momentan sind sie und ihre Familie zum achten Mal in Kommern. Die Entscheidung, ihr drittes Kind an diesem besonderen Ort taufen zu lassen, schien für sie und ihren Mann Steve eine völlig logische Schlussfolgerung zu sein. „Wir haben uns hier immer so familiär aufgehoben gefühlt. Obwohl wir ja gar nicht jedes Jahr hier waren, waren immer alle so nett zu uns.“

Coole Artisten: Mit Jonglage begeistern Natalia, Steve und die anderen Weisheits die Jahrmarkt-Besucher.

Coole Artisten: Mit Jonglage begeistern Natalia, Steve und die anderen Weisheits die Jahrmarkt-Besucher.

Von März bis Anfang Oktober sind die Weisheits auf Tournee, also ständig unterwegs und mitunter weit weg von ihrer Heimat Gotha. Kommern ist für sie dennoch zu einer Art zweitem Zuhause geworden – ein Ort, an dem die jüngeren Weisheits einen Teil ihrer Kindheit verbracht haben. Natalias Bruder Max hat als Säugling zumindest seine erste weite Reise von Gotha nach Kommern gemacht, Cousine Luise ebenfalls. Auch schwere Stunden verbindet die Familie Weisheit mit Kommern: Allen voran die Zeit nach dem Unfall von André Weisheit, der 2010 bei einer Vorstellung auf dem Jahrmarkt in zehn Metern Höhe mit einem Motorrad auf dem Drahtseil fuhr und beim Absturz schwer verletzt wurde. „Der schreckliche Unfall hat uns noch mehr zusammen geschweißt“, waren sich Peter Mario Weisheit und seine Tochter Natalia einig: „Auch das gehört für uns zu Kommern“. Auch Dankbarkeit verbindet Peter Mario Weisheit mit dieser Zeit: „Das war ein Moment, in dem die Museumsleute mehr für uns da war als wir für sie.“ Eigentlich sei die Motorradnummer gar nicht so schwierig – im Vergleich zum Balancieren mit der Stange, sagte er.

Künstlerische Ader

„Der Balanceakt ist das Schwierigste“, ergänzte Pfarrer Michael Stöhr aus Mechernich. So hatte er den Unfall zumindest am Rande mit in den locker gehaltenen Taufgottesdienst aufgenommen. In der Feier zeigt die Familie Weisheit einmal mehr ihre künstlerische Ader und den starken Familienzusammenhalt. Jeder trug zum Gelingen der Taufe bei: Doreen, André und Elisabeth Weisheit stellten eine eigene Band zusammen. Der Bruder des Täuflings, Lenny Heinz, durfte seine kleine Schwester Ruby zum Pfarrer auf die Bühne geleiten.

„Das Leben ist und bleibt ein Balanceakt. Wer sich gut geschützt und vorbereitet weiß, der geht vielleicht ein Stückchen sicherer durchs Leben“, so Stöhr in seiner Predigt. Dennoch sei die Taufe keine Generalversicherung von Seiten Gottes. Dass sich die Weisheits auch selbst gut schützen, erkenne schließlich auch daran, dass sie jeden Tag trainieren, bemerkte Stöhr.

Ein Ritterschlag

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