Tradition aus dem MittelalterKrautwisch-Aktionstag in Mechernich

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Für eine gute Ernte: Die  Hauswirtschafterinnen des Museums binden Krautwische mit verschiedenen Getreidesorten.

Mechernich-Kommern – Rund 30 Besucherinnen und Besucher sind zu dem kleinen Freiluft-Gottesdienst vor der Kapelle im LVR-Freilichtmuseum Kommern gekommen. Es ist der 15. August: Mariä Himmelfahrt. Diakon Manfred Lang segnet Kräutersträuße. Gebunden und verteilt werden sie von den Museumshauswirtschafterinnen.

Auch Stefanie Mandt aus Merzenich ist da. Hauswirtschafterin Monika Blaeser überreicht ihr einen Strauß: „Der ist für meine 93-jährige Nachbarin“, erzählt Mandt. Die Nachbarin sei kürzlich gestürzt und glaube an die heilende Wirkung des Sträußchens. „Deswegen sollte ich ihr einen Krockwösch mitbringen“, erzählt die Merzenicherin. Der Krockwösch, oder Krautwisch, hat eine lange Tradition in der Eifel. „Schon seit dem Mittelalter werden in der katholischen Kirche Kräutersträuße gebunden und gesegnet“, sagt Monika Blaeser. Der Brauch sei bis vor einigen Jahrzehnten in den ländlichen Regionen des Rheinlands noch weit verbreitet gewesen, heute aber beinahe ausgestorben. „Bei uns findet der Krautwischtag aber noch jedes Jahr statt“, erzählt Blaeser.

Idyllische Atmosphäre

Manche Museumsgäste grüßen die Hauswirtschafterinnen deswegen auch wie gute Bekannte, andere sind zum ersten Mal beim Krautwischtag in Kommern. Besucherin Doris Mertens hat ihren bis dahin letzten Kräuterstrauß in Blankenheim bekommen und freut sich darüber, den neuen nun in der idyllischen Atmosphäre des Kommerner Freilichtmuseums zu erhalten.

„Zuerst kommt immer die Königskerze“, erklärt Blaeser, wie der Strauß entsteht: „Dann wickeln wir Johanniskraut drumherum. Dazu kommen Wilder Dost, Hafer, Weizen und Schafgarbe.“ Wie viele wilde Kräuter in den Strauß kommen, ist von Region zu Region unterschiedlich. „Von 7 bis 99 ist alles erlaubt“, erklärt Blaesers Kollegin Anita Wolfgarten. Das komme daher, dass die Kräuterweihe nicht nur ein Eifeler Brauch sei, sondern auch in den deutschen Alpen sowie in Nord- und Westeuropa bekannt und verbreitet. So habe jeder seine eigene Interpretation der christlichen Tradition.

Gegen alle Arten von Krankheiten

Wolfgarten erläutert, welcher Nutzen den Sträußen zugeschrieben wird: „Zum einen helfen sie gegen Unwohlsein und alle Arten von Krankheiten.“ Und das „nicht nur beim Menschen“, ergänzt Blaeser: „Früher wurden die Heilkräuter auch dem Vieh unter das Futter gemischt.“ Und den Menschen wurden die Heilkräuter des Straußes als Heiltrank verabreicht, sagt Wolfgarten. In der Eifel werden außerdem vor allem Getreidearten mit in den Strauß gebunden, erklären die Hauswirtschafterinnen. Damit werde der Segen für eine gute Ernte erbeten.

„Früher wurden die Krautwische auch ins Mauerwerk mit eingebaut“, weiß Stefanie Mandt zu berichten: „Damit der Frieden im Haus bleibt.“ Deswegen legte man die geweihten Kräuter auch unter die Schwelle der Haustür: „Zum Segen für alle, die ein- und ausgehen“, sagt Blaeser.

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Und nicht nur Glück und Gesundheit soll der Strauß bringen, sondern auch Unwetter fernhalten. Dazu verbrannte man das „Blitz- und Donnerkraut“ im Kamin, erzählt sie. Dazu legte man die Zweige in die letzte Glut des Herdfeuers. Dann, so dachte man, werde der Kräuter-Qualm, der aus dem Schornstein steigt, Blitz- und Donner vertreiben.

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