Zingsheim zieht Lehren aus der Flutkatastrophe und möchte so autark wie möglich agieren, wenn in der Zukunft ein Notstand eintritt.
BevölkerungsschutzSo will Zingsheim sich bei künftigen Notständen selbst helfen

Die SOS-Tüten für alle Haushalte befüllen Simone Uhlig (v.l.), Ines Hermanns, Burkhard Rosenbaum und Andrea Breuer.
Copyright: Stephan Everling
Seit der Flut 2021 ist wohl jedem bewusst, wie real ein Katastrophenszenario plötzlich werden kann. So sind die Ratschläge des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) gerade hier bekannt. Doch Hand aufs Herz: Wer hat tatsächlich, wie empfohlen, stets den Notfall-Koffer mit Medikamenten und den wichtigsten Dokumenten bereit? Dazu 20 Liter Wasser, Nudeln, Gemüse und Obst in Dosen oder Gläsern, oder eine gewisse Menge Fette und Öle sowie einiges mehr daheim? Und erneuert diese Vorräte auch regelmäßig?
Doch nach der Flut und der danach folgenden Unsicherheit über die Energieversorgung und einen möglichen Blackout nach dem Beginn des Ukrainekrieges ist das Thema weiterhin virulent. Von der Verwaltungsseite aus wurden in der Gemeinde Nettersheim Leuchttürme definiert, wo die Bürger im Falle eines Falles versorgt werden und einen Platz zum Aufwärmen haben.
350 SOS-Tüten decken Zingsheimer Haushalte für den Notfall ab
Die Zingsheimer aber gehen weiter. Dort bildete sich um den Ortsvorsteher Burkhard Rosenbaum eine Gruppe, die ein Konzept für den Zivilen Bevölkerungsschutz ausgearbeitet hat und umsetzt. „Das ist die Fortführung des Termins aus dem vergangenen Jahr, in dem wir das Konzept vorgestellt haben“, sagte Rosenbaum in dem Raum im ersten Stock des Dorfgemeinschaftshauses in Zingsheim. Dort befüllt er mit Andrea Breuer, Ines Hermanns und Simone Uhlig SOS-Tüten. 350 Stück sind es, ausreichend für die Zingsheimer Haushalte. Sie sollen im Ernstfall helfen, die Verbindung zwischen freiwilligen Helfern und der Bevölkerung zu bilden.
Herzstück des Konzeptes ist das Dorfgemeinschaftshaus, das bereits wenige Stunden nach der Flut schon ein Anlaufpunkt für Betroffene der Katastrophe aus Nettersheim bot. Dort erhielten sie Essen, Getränke, aber auch Kleidung. „Von hier aus konnten wir auch für die fünf Autofahrer, die in Zingsheim in der Nacht gestrandet waren, Übernachtungsplätze im Dorf vermitteln“, berichtet Rosenbaum.

Knicklicht für die Nacht, Pappe für den Tag und eine Anleitung sind in der SOS-Tüte enthalten.
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Was 2021 spontan und mit Improvisationstalent funktionierte, soll künftig einem Plan folgen. „Wir konnten alles vorbereiten“, sagt Rosenbaum. So wurde ein Stromaggregat organisiert, das demnächst geliefert wird. Und auch für Wärme ist im Zweifel gesorgt über den Wärmeverbund in Nettersheim, der auch das Rathaus, Kindergarten und Schule sicher beheizt. Wasser könnte auch ohne Strom über Tage aus dem Hochbehälter fließen. Lebensmittel würden im Aldi im Ort auf zwei bis drei Paletten bereitgestellt, allerdings nur zu den Öffnungszeiten, betont Rosenbaum.
Auch für die Kommunikation ist gesorgt. Mit dem Amateurfunker Franz-Josef Mauel wird ein analoges Funknetz aufgebaut, das die Zingsheimer Helfer nutzen können. Und damit auch alles im Ernstfall bereitsteht, ist der Dachboden des Dorfgemeinschaftshauses ausgebaut worden. Hier lagern die Materialien, die gebraucht werden, sollte doch einmal der Katastrophenfall eintreten.
Generalstabsmäßig ist der Ort in drei Bereiche eingeteilt worden, die im Falle einer Katastrophe, langen Stromausfalls oder sonstigen Notstands regelmäßig von den Helfern abgefahren werden, um zu sehen, ob jemand Hilfe braucht. Was notwendig ist, um sich bemerkbar zu machen, ist in den SOS-Tüten: Eine rote Pappe und ein rotes Knicklicht. „Die Pappe soll im Notfall in ein Fenster gestellt werden, das von der Straße aus gesehen werden kann. Das Knicklicht ist für die Nacht, damit es in der Dunkelheit gut gesehen werden kann“, erläutert Rosenbaum. Das Ziel sei, autark zu sein.