Bei den 90 Jahre alten Stützmauern im Außenbereich von Vogelsang bröckelt der Mörtel. Die Sanierung kostet insgesamt rund 900.000 Euro.
DenkmalschutzWie die Mauereidechsen von Vogelsang die Sanierung des NS-Baus verzögerten

Die Mauereidechsen, die sich in Vogelsang auch in den Fugen der Stützmauern angesiedelt hatten, mussten vor Beginn der Sanierungsarbeiten in ein Ersatzquartier umziehen.
Copyright: S. Wilden/Nationalpark Eifel
Vor mehr als 90 Jahren, am 16. März 1934, erfolgte der erste Spatenstich zum Bau der sogenannten „NS-Ordensburg Vogelsang“. Das Areal gilt als die räumlich zweitgrößte NS-Hinterlassenschaft nach dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Seit 1989 stehen die Gebäude unter Denkmalschutz – doch an zahlreichen Stellen bröckelt es. „Im Bereich des Forums und des Appellplatzes müssen aktuell die Stützmauern saniert werden“, erklärt Thomas Kreyes, Geschäftsführer der Vogelsang IP gGmbH: „Hier sind die Fugen locker, und es fallen auch einzelne Steine heraus.“
Die eigentlichen Stützmauern sind nicht in ihrem Bestand gefährdet. Sie bestehen aus Beton und wurden lediglich im Sichtbereich mit den typischen Bruchsteinen aus Grauwacke verkleidet, die man bei vielen der im Großraum Eifel entstandenen Bauten aus der NS-Zeit vorfindet.
Die Eidechsen sind aber unmittelbar nach der Umsiedlung zurückgekehrt. Bautechnisch ging daher im vergangenen Jahr gar nichts
Die Sanierungsarbeiten, mit denen eine Fachfirma aus Rheinland-Pfalz beauftragt wurde, haben bereits begonnen. „Allerdings mit einer Verzögerung von rund einem Jahr, denn zunächst mussten die zahlreichen Mauereidechsen, die im Bereich der Mauern und Treppenanlagen ideale Lebensbedingungen vorgefunden hatten, umgesiedelt werden“, berichtet Kreyes.
Eidechsen kehrten wieder ins „Sanierungsgebiet“ zurück
Doch so leicht wollten sich die bis zu 25 Zentimeter langen Reptilien nicht aus ihrem angestammten Lebensumfeld vertreiben lassen: „Wir haben die Eidechsen im vergangenen Jahr eingefangen und in ein Alternativ-Habitat gebracht“, so der Vogelsang-IP-Chef: „Die Eidechsen sind aber unmittelbar nach der Umsiedlung zurückgekehrt. Bautechnisch ging daher im vergangenen Jahr gar nichts.“

Stützmauern und Treppenaufgänge im Bereich des Forums und des Appellplatzes sind mit Bruchsteinen aus Grauwacke verblendet. 90 Jahre nach dem Bau machen sich Denkmalschützerin Dr. Roswitha Steinbrink und Vogelsang-IP-Geschäftsführer Thomas Kreyes ein Bild von den Sanierungsarbeiten.
Copyright: Thorsten Wirtz
In diesem Jahr gab es daher einen neuen Anlauf für das Sanierungsprojekt. „Das Ersatz-Habitat für die Mauereidechsen, ein extra aufgeschütteter Steinhaufen, liegt jetzt rund anderthalb Kilometer entfernt. Zusätzlich wurde ein Fangzaun errichtet, um die Tiere an der Rückkehr zu hindern“, erklärt Kreyes. Die Umsiedlung soll allerdings nur für die Zeit der Bauarbeiten andauern: Danach können die Eidechsen, von denen es im Nationalpark Eifel zahlreiche Exemplare gibt, wieder auf ihre Sonnenterrassen zurückkehren.
Teure Sanierung: Gesamtmaßnahme kostet rund 900.000 Euro
Die Sanierung der Stützmauern, die in dem zum Urftsee hin abfallenden Gelände angelegt wurden, um Terrassen für den Bau der unterhalb der Hauptgebäude errichteten Hundertschaftshäuser zu ermöglichen, ist der siebte Bauabschnitt der Gesamtsanierung des Vogelsang-Areals.

Der Zustand der Mauerfugen vor (l.) und nach der Sanierung (r.) mit einem Spezialmörtel.
Copyright: Thorsten Wirtz

Bis zum Abschluss der Sanierungsarbeiten ist dieser Treppenaufgang gesperrt, weil sich Steine durch den bröckelnden Mörtel gelöst haben.
Copyright: Thorsten Wirtz
„Die Gesamtkosten für die Mauersanierung belaufen sich auf rund 900.000 Euro, die aus Bundesmitteln bestritten werden“, so Kreyes: „Die Kosten werden auch dadurch in die Höhe getrieben, weil ein teurer Spezialmörtel verwendet werden muss.“
Einen wichtigen finanziellen Zuschuss für das Projekt gab es jetzt von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD): Dank zahlreicher Spenden sowie Erträgen aus der Lotterie „Glücksspirale“ stellt die Stiftung 80.000 Euro für die Sanierung der Stützmauern zur Verfügung. Den dazugehörigen symbolischen Fördervertrag überbrachte Dr. Roswitha Steinbrink, Ortskuratorin der DSD für Euskirchen, im Beisein von Bianca Scheiderich von WestLotto an Vogelsang-Geschäftsführer Thomas Kreyes.
Stiftung Denkmalschutz unterstütze auch den Wiederaufbau nach der Flut
Das Baudenkmal Vogelsang gehört damit zu den über 880 Projekten, die die private Stiftung Denkmalschutz, die in diesem Jahr ihr 40-jähriges Jubiläum feiert, dank Spenden und Mitteln von WestLotto aus der Lotterie „Glücksspirale“ allein in Nordrhein-Westfalen fördern konnte.
„Wir fördern damit nicht nur den Erhalt schützenswerter Baudenkmäler, sondern unterstützen auch althergebrachte Handwerkstechniken“, betonte Steinbrink. In diesem Zusammenhang erinnerte die Ortskuratorin auch an einige Sanierungsprojekte nach der Flutkatastrophe vor vier Jahren. So wurde beispielsweise in Olef und in Bad Münstereifel der Wiederaufbau von historischen Fachwerkhäusern finanziell unterstützt, die im Sommer 2021 von den Wassermassen von Olef und Erft schwer beschädigt worden waren.
Sonderausstellung zur Bau-Geschichte in Vogelsang
Die ehemalige „NS-Ordensburg“ Vogelsang ist eine von drei nationalsozialistischen Schulungsstätten, die Robert Ley, Reichsorganisationsleiter der NSDAP und Reichsschulungsleiter der Partei, 1934 errichten ließ.
Ab 1935 dienten sie dem Zweck, den politischen Führungsnachwuchs der NSDAP heranzuziehen. Das dreijährige Ausbildungsprogramm wurde mit den beiden anderen Ordensburgen Krössinsee und Sonthofen, die je knapp 1000 Mann beherbergten, mit jeweils unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten absolviert. In Vogelsang wurde vor allem die menschenverachtende rassistische Ideologie des NS-Regimes vermittelt.
In der Sonderausstellung „Visionen der Macht“ sind auf der Empore des Besucherzentrums von Vogelsang IP zahlreiche historische Fotos aus der Bauzeit der Anlage zu sehen.