Erster Transport gestartetEifeler Flutopfer helfen nach der Katastrophe in Slowenien

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In Slowenien hat das Wasser große Zerstörungen verursacht. Hier sind ein zerstörtes Haus, ein Auto und angeschwemmter Unrat zu sehen. Die Bilder gleichen denen nach der Flutkatastrophe 2021 im Kreis Euskirchen.

Wie sich die Bilder gleichen: Vor wenigen Tagen hat das Wasser in Slowenien große Zerstörungen verursacht. Die Menschen sind auf Hilfe angewiesen wie die im Kreis Euskirchen 2021.

Die Solidarität der Flutbetroffenen ist groß. Die Eifeler spenden nun für Slowenien, was nach der Katastrophe dringend benötigt wird.

Der Geruch. Dieses intensive, kaum zu definierende Gemisch aus Schlamm, Heizöl, Fäkalien und irgendwie allem. Diesen Geruch, der sich so hartnäckig in jede Pore setzt, kennen alle, die vor zwei Jahren in den Flutgebieten waren. Wie nachhaltig er sich eingebrannt hat, erlebt derzeit Klaudia Skodnik. Als Vorsitzende des Vereins „Fortuna hilft“ ist sie im Kreis Euskirchen bekannt. Etwa mit dem Malzirkus für Kinder oder der tiergestützten Erlebnispädagogik hilft der Verein auch heute noch in Gemünd und Ahrweiler, ebenso mit der Hilfe für Tiere oder durch Unterstützung beim Wiederaufbau.

Derzeit ist Skodnik in Slowenien, in Ljubljana. Als das kleine Land zwischen Österreich und Kroatien vor wenigen Tagen von einer Flutkatastrophe getroffen wird, steht für sie fest, dass auch dort Hilfe zu leisten ist. Skodnik ist seit Montag vor Ort. Sie vernetzt sich „im Ping-Pong-Verfahren“, wie sie es beschreibt, mit Helfern und Organisationen. Sie lotet aus, was wo in den Katastrophengebieten nordöstlich von Ljubljana benötigt wird, organisiert Lagermöglichkeiten: „Wir arbeiten daran, dass so schnell wie möglich Strukturen reinkommen und nicht zu viel parallel gemacht wird.“

In Gemünd ist wieder ein Spendenlager eingerichtet

Währenddessen zahlen sich die über zwei Jahre gewachsenen Strukturen in der Eifel aus. Die verschiedenen Fluthilfe-Organisationen starten Sammlungen, reaktivieren das Lager in der ehemaligen Huy-Halle in Gemünd.

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Gerade bei den Betroffenen sind Anteilnahme und Solidarität unglaublich groß: Sie wissen, wie sich die Slowenen in den Katastrophengebieten gerade fühlen. Wissen, was gebraucht wird. Vielen ist es ein Bedürfnis, etwas zurückgeben zu können, nachdem sie vor zwei Jahren selbst Hilfe, Trost und Beistand erfahren haben. „Es ist so rührend, manchmal auch zum Weinen“, sagt Rebecca Müller, die die Hilfe in Gemünd koordiniert.

Viele Betroffene bringen das, was nun dringend gebraucht wird

So viele aus dem Schleidener Tal, aus Kall oder anderen Orten bringen die Sachen, die sie 2021 dringend gebraucht haben, die sie bekommen haben – und mit denen sie nun den Slowenen helfen möchten. Viele Sachen sind neu, auch die Baumärkte geben Eimer, Schaufeln und Co. mit auf den Weg. An manch einer Schaufel, an manch einem Besen oder Gummistiefel klebt noch etwas Eifeler Flutschlamm, an manch einem Werkzeug Staub vom Abstemmen der Wände. Binnen weniger Tage kommen knapp ein Dutzend Paletten Hilfsgüter zusammen. Auch die ersten 60 Bautrockner stehen bereit.

Drei Frauen, Rebecca Müller (v.r.), Tina Zavelberg-Pütz und Vera Church, stehen an zahlreichen Kisten. Im Vordergrund liegen viele Schaufeln und Besen auf dem Boden. Es sind Hilfsgüter für die Flutgebiete in Slowenien.

Schaufeln, Besen und vieles mehr: Den ersten Transport haben Rebecca Müller (v.r.), Tina Zavelberg-Pütz und Vera Church gepackt.

Am Donnerstag wird die erste Fuhre fertig gemacht: Fein säuberlich wird der Inhalt jeder Kiste auf Slowenisch und Englisch ausgewiesen. Die Packlisten werden akribisch zusammengestellt. Helfer aus dem Ahrtal, die die Fahrt übernehmen, sollen so schnell und unkompliziert wie möglich die Grenzen passieren können. Zudem sind die humanitären Transporte mautbefreit.

Slowenien ist Klaudia Skodniks zweites Heimatland

Dass sich Klaudia Skodnik auf den Weg gemacht hat, hat auch einen familiären Grund: Ihre Mutter stammt aus Slowenien, die Großmutter lebt im (nicht von der Flut betroffenen) Maribor. „Ich habe zwei Heimatländer“, sagt Skodnik: „Beide sind mir wichtig.“ Dass sie Slowenisch spricht, erleichtert ihr die Arbeit vor Ort ungemein.

Es ist erschreckend, wie ähnlich die Bilder aussehen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch einmal woanders erlebe.
Klaudia Skodnik

„Es ist erschreckend, wie ähnlich die Bilder aussehen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch einmal woanders erlebe“, sagt Skodnik. Es sind längst nicht nur die Bilder und der Geruch: So vieles erinnert sie an die Katastrophe von 2021. Sehr nachbarschaftlich hilft man sich – auch wenn Scharen externer Helfer nach Skodniks Beobachtung zumindest bislang nicht eingetroffen sind. In der Regel sind bei der Feuerwehr oder im Gemeindehaus in den betroffenen Orten Anlaufstellen eingerichtet. Das slowenische Rote Kreuz ist laut Skodnik mit rund 900 Standorten quer durchs Land vertreten und damit ein wertvoller Ansprechpartner.

Eifeler werden weitere Transporte auf die Reise schicken 

„Wir fahren durch die Orte und fragen, was benötigt wird“, sagt Skodnik. Aus ihren Erfahrungen von 2021 kann sie auch Tipps geben – sie weiß, dass im Chaos der ersten Tage kaum jemand strukturiert benennen kann, was erforderlich ist. Daher haben sie und andere Fluthelfer Listen zusammengestellt mit dem, was akut hilft (siehe unten: „Was wird gebraucht?“).

Denn auch bei den Betroffenen erkennt sie Parallelen: Einige verharren in einer Schockstarre, andere verfallen in Aktionismus. Ihren Informationen nach sind enorm viele Menschen nicht versichert. Ob der Staat ein Wiederaufbauprogramm auflegt, wie Deutschland es getan hat, ist derzeit fraglich. Internationale Hilfe ist ihrer Einschätzung nach erforderlich.

Die Eifeler Hilfe ist längst nicht auf einen Transport beschränkt. Für die kommende Woche ist die nächste Fahrt geplant, das Lager in Gemünd ist zunächst für zwei Monate gemietet. Durch den Austausch mit Skodnik und die Erfahrungen nach der Katastrophe von 2021 können sie die Listen mit den Dingen, die gerade benötigt werden, aktualisieren und zielgerichtet helfen. „Es ist zwar traurig, aber die Erfahrung hilft jetzt“, sagt Rebecca Müller.


Was wird gebraucht?

  • Die Erfahrungen von 2021 helfen nun, Listen mit dem zusammenzustellen, was in Slowenien benötigt wird: Es ist das Gleiche.
  • Schaufeln, Besen, Eimer, Müllsäcke
  • Gummistiefel und Arbeitshandschuhe
  • Stromaggregate und Stemmhämmer
  • Staubschutzmasken, Erste-Hilfe-Material und Hygieneartikel
  • Batterien, Taschenlampen, Streichhölzer, Feuerzeuge
  • Bautrockner werden in rauen Mengen gebraucht. 600 kleine und 100 große, sagt Skodnik, seien bereits angefragt. Da es auch in Österreich, Italien und Kroatien zu Überschwemmungen gekommen ist, ist der Bedarf enorm.
  • Kleidung wird nicht gebraucht. Auch das hat 2021 gezeigt: In den Lagern waren Unmengen Kleidung zusammengekommen, die bei Weitem nicht benötigt wurden.
  • Eine Liste dessen, was Mensch und Tier gerade benötigen, ist im Internet abrufbar, ebenso Kontaktdaten, Annahmezeiten und -orte.
  • Die nächsten Spendenannahmen im Lager im ehemaligen Huy in Gemünd, Kölner Straße 34, sind am Freitag, 11. August, und Samstag, 12. August, jeweils von 9 bis 11 Uhr. (rha)  
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