Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

InsolvenzStotzheimer Traditionsunternehmen Fasana vor dem Aus – 250 Mitarbeiter betroffen

6 min
Das Bild zeigt das Fasana-Werk in Stotzheim aus der Luft.

Wie lange werden bei Fasana in Stotzheim noch Servietten produziert? Nach Informationen des Betriebsrats und des Geschäftsführers schwinden die Hoffnungen auf einen Fortbestand des Unternehmens von Tag zu Tag.

Der Geschäftsführer und die Belegschaft klammern sich an einen letzten Funken Hoffnung und hoffen auch auf die Stadt Euskirchen.

Beim Stotzheimer Traditionsunternehmen Fasana ist es fünf vor zwölf – vielleicht sogar schon fünf nach zwölf. Dem Unternehmen droht die Pleite. Das hätte die Entlassung von rund 250 Mitarbeitenden zur Folge. Wie es aus dem Unternehmen heißt, könnte die Produktion bereits zum Ende der Woche eingestellt werden.

Doch das wollen die Verantwortlichen nicht einfach hinnehmen und kämpfen für den Erhalt der Firma, die seit 1919 ihren Sitz an der Adolf-Halstrick-Straße hat. „Hier wird von den Verantwortlichen und der Belegschaft wirklich alles getan, um Fasana am Leben zu halten“, sagt Karsten Beisert, Geschäftsführer der Fasana GmbH: „Leider ist das aber bei Außenstehenden nicht der Fall.“

Allein 1,5 Millionen Euro Miete jährlich für die Immobilie in Stotzheim

Mit seinem Nachsatz spielt Beisert auf das Verhalten der CTP an. CTP ist nach eigenen Angaben Europas größter börsennotierter Eigentümer, Entwickler und Verwalter von Logistik- und Industrieimmobilien – und CTP ist Eigentümer der Hallen und des Fasana-Geländes. Seither zahlt Fasana laut Beisert jährlich rund 1,5 Millionen Euro Miete, ohne dass die Gelder in den laufenden Betrieb zurückfließen.

„Neben der Miete müssen wir auch für Reparaturen aufkommen“, fügt Christoph Fischer hinzu. Er ist wie viele Mitarbeiter seit Jahrzehnten im Unternehmen und in die Fußstapfen seines Vaters getreten. Fischer ist zudem stellvertretender Betriebsratsvorsitzender. „Die Stimmung unter den Kollegen ist beschissen“, nimmt er kein Blatt vor den Mund.

Die Lichter könnten bereits in wenigen Tagen ausgehen

Und es gibt nach Informationen dieser Zeitung kaum Hoffnung, dass sich die Stimmung bessern wird – im Gegenteil. Bereits Anfang Oktober könnten die Lichter in dem Traditionsunternehmen ausgehen. Der Grund: Nach Angaben von Beisert soll die CTP nicht bereit sein, das Grundstück und die Hallen an mögliche Investoren zu verkaufen – zumindest nicht zu einem annehmbaren Betrag. Ein von der Fasana GmbH beauftragter Gutachter bewertet den Wert des Unternehmens samt Immobilien laut dem Geschäftsführer mit gut zehn Millionen Euro – die CTP hingegen laut Beisert mit 27,5 Millionen Euro.

Eine Summe, die jeden potenziellen Investor abschrecke. Mit einem möglichen internationalen Investor seien bereits intensive Gespräche geführt worden. „Sie sind bereit, 50 Millionen Euro und mehr zu investieren, das Unternehmen für die Zukunft fit zu machen und neue Arbeitsplätze zu schaffen“, so Beisert. Trotz der Herausforderungen habe das Team bewiesen, welches Potenzial und welche Leistungsfähigkeit in Fasana stecken. Der durch das externe Unternehmen Saxenhammer begleitete M&A-Prozess habe verdeutlicht, welcher substanzielle Wert über die Jahre aufgebaut worden sei.

Auf dem Areal könnte mit dem richtigen Partner eine nachhaltige Zukunft entstehen.
Karsten Beisert, Geschäftsführer von Fasana

M&A steht für Mergers and Acquisitions und ist ein Sammelbegriff für alle Prozesse, die den Zusammenschluss oder die Übernahme von Unternehmen betreffen. „Das Interesse internationaler Unternehmen, darunter auch Branchengrößen, spricht eine klare Sprache: Auf dem Areal könnte mit dem richtigen Partner eine nachhaltige Zukunft entstehen“, so Beisert.

Und genau das ist der kleine Hoffnungsschimmer, den Beisert und die Belegschaft haben. Allerdings muss dafür die CTP – und das sehr schnell – doch noch von ihren Forderungen abrücken. Sogar ein Grundstückstausch sei CTP angeboten worden – ebenfalls ohne Erfolg. Geschieht in den kommenden Tagen nichts, ist das Aus des Unternehmens praktisch besiegelt.

Cyberattacke im Mai war der traurige Höhepunkt bei Halstrick

Die Entwicklung der vergangenen Wochen sei der traurige Höhepunkt sehr intensiver Monate und einer recht wechselvollen Firmengeschichte gewesen – von Halstrick über Metsä Tissue und Mutares bis hin zur heutigen Zugehörigkeit zur Private Values Media AG/Power Parc AG. Hinzu kam am 21. Mai ein Cyberangriff, der die Produktion praktisch zum Erliegen brachte. „Es ging nichts mehr“, berichtete ein Fasana-Mitarbeiter. Sämtliche Rechensysteme sowie Laptops und PCs seien „platt“, an Produktion nicht mehr zu denken gewesen. Lediglich die Aufträge, die noch in den Maschinen gespeichert waren, konnten noch ausgeführt werden.

Die Folge: massive Umsatzeinbußen. Das wiederum führte zur Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens. Fasana stellte zum 2. Juni einen entsprechenden Insolvenzantrag. Mithilfe der Belegschaft, so Beisert, konnte ein rollierendes Verfahren in die Wege geleitet werden und das Verfahren bis zum 1. Oktober herausgezögert werden. Weil dank des Engagements der rund 250 Mitarbeitenden wieder Umsatz gemacht wurde, konnte das Unternehmen aus eigener Kraft kurzfristig die Löhne zahlen. Doch nun seien auch die letzten Reserven aufgebraucht, so der Betriebsrat.

Vor wenigen Wochen habe es einen weiteren Cyberangriff gegeben – laut dem Betriebsratsvorsitzenden Dieter Höller über einen Mitarbeiterzugang. Das Problem: Der Mitarbeiter war drei Wochen zuvor gestorben. Von einem Zufall geht man bei Fasana mittlerweile nicht mehr aus. Dass jemand auch im Mai dem Unternehmen bewusst schaden und Fasana in die Insolvenz treiben wollte, will in Stotzheim niemand mehr ausschließen. Zu präsent seien die Folgepläne für das Fasana-Areal, so die Mutmaßung.

Logistikzentrum auf dem Fasana-Gelände in Stotzheim geplant?

Nach Informationen dieser Zeitung plant CTP – falls kein Investor gefunden wird – ein Logistikzentrum zu errichten. Dieses Vorhaben sieht die Stadt nach Informationen der Redaktion kritisch und verweist auf bürokratische Prozesse, die viel Zeit verschlingen dürften. Der Grund: Für das Unternehmen aus dem Jahr 1919 besteht Bestandsschutz, für neue Pläne muss ein komplexes, zeitintensives Bauleitplanverfahren eröffnet werden. Nach Angaben von Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt hat am Mittwoch ein Spitzengespräch zwischen allen Beteiligten stattgefunden. Auch die Stadt saß mit am Tisch. Ergebnisse wurden bis Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

Eine Anfrage der Redaktion ließ Insolvenzverwalter Dr. Dirk Wegener bis Mittwochabend unbeantwortet. Dafür antwortete das Unternehmen CTP auf eine Anfrage. „Bezüglich der Zukunft des genannten Werks befinden wir uns derzeit in Gesprächen mit dem Unternehmen sowie weiteren Beteiligten, um mögliche Lösungen zu erarbeiten. Kaufpreise und finanzielle Details behandeln wir grundsätzlich vertraulich. Wir bitten daher um Verständnis, dass wir zum aktuellen Zeitpunkt keine Angaben zu konkreten Werten oder zum Stand der Gespräche machen können“, sagt Puyan Ataherian von CTP.

Für den Betriebsrat steht fest: Sollte das Insolvenzverfahren eingeleitet werden, werde für die 250 Mitarbeitenden „das Beste rausgeholt“, so Betriebsratschef Dieter Höller, dessen Vater schon bei Fasana gearbeitet hat. Bei der möglichen Abwicklung des Unternehmens gehe es dann natürlich ums Geld, aber auch ums Prinzip. Fasana sei für viele mehr als eine Arbeitsstelle: fast eine Familie.


Großbrand im Juli 1991

Ein Ereignis, das aus der Historie von Halstrick nicht wegzudenken ist, ereignete sich im Juli 1991. Ein damals 29-jähriger Dachdeckergeselle hatte soeben mit einigen Kollegen die Schweißarbeiten auf dem Dach der Stotzheimer Firma Halstrick beendet. Nur wenige Minuten später gab es Brandalarm. Die Papierfabrik brannte innerhalb von Minuten lichterloh. Sofort rückten alle verfügbaren Einsatzkräfte nach Stotzheim aus.

Die Feuerwehr hatte den Brand zwar nach einer Stunde gelöscht, doch zwei Lagerhallen und eine Produktionsstätte mit acht teuren Maschinen hatten die Flammen zerstört. Auch die Feuerwehr war betroffen: Ein 250.000 Mark teures Tanklöschfahrzeug war vernichtet worden. Der Gesamtschaden lag bei etwa zehn Millionen Mark. 20 Menschen wurden durch das Großfeuer zum Teil schwer verletzt. So auch 13 Betriebsfeuerwehrleute, die unter Einsatz ihres Lebens den Brand löschen wollten.


Einst Halstrick, heute Fasana

Die Firma wurde im Jahr 1919 durch Adolf Halstrick und die Eheleute Stauff auf dem heutigen Firmengelände in Stotzheim gegründet. 1928 startete die erste Serviettenproduktion – bis heute das Aushängeschild des Unternehmens, das seit 1947 unter dem Namen Fasana firmiert. Zwischen 1972 und 1985 wurde die Produktpalette so optimiert, dass der Fokus der Produktion auf Tissue und Serviettenprodukten lag – bis heute. Zuvor wurden unter anderem auch Toilettenpapier und Taschentücher gefertigt.