Mehr Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe: Das verspricht die SZB Eingliederungshilfe, die in Euskirchen einen Standort eröffnet hat.
EingliederungshilfeAngebot für psychisch und suchtkranke Menschen im Kreis Euskirchen

Erst kürzlich wurde in Euskirchen die SZB-Eingliederungshilfe eröffnet. Thomas Sohr und Jessica Breitbarth stellten die Arbeit vor.
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Halt und Stabilität geben und damit Unterstützung auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben. So beschreibt das Soziale Zentrum für Betreuung (SZB) den Kern dessen, was es seinen Klientinnen und Klienten bietet. Seit kurzem arbeitet der Träger für ambulante Eingliederungshilfe und Betreutes Wohnen auch im Kreis Euskirchen. Am 1. September wurde in der Kreisstadt der nunmehr fünfte Standort in NRW eröffnet, über den psychisch und suchtkranke Menschen Unterstützung bei der gesellschaftlichen Teilhabe erhalten.
„Unsere Klientinnen und Klienten leben alle in den eigenen vier Wänden“, erklärt Thomas Sohr, Leiter der SZB Eingliederungshilfe Düren im Gespräch. Die Diagnosen Depression und Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) seien häufig, ebenso wie Suchterkrankungen.
Die Berater in Euskirchen sind oft eine wichtige Stütze
„Die Menschen, die zu uns kommen, sind oft schon länger erkrankt, haben ihre Arbeit verloren, manchmal sind auch Kinder mit involviert“, sagt Sohr, der selber lange als examinierter Krankenpfleger in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet hat. Bei fast allen Klientinnen und Klienten sei eine schnelle Überforderung Ursache dafür, dass die alltägliche Lebensführung leidet, Alltagsaufgaben und Selbstfürsorge vernachlässigt werden oder bürokratische Angelegenheiten nicht erledigt werden können.
Ich wünsche mir, nicht mehr so schnell überfordert zu sein und zu lernen, was alles erledigt werden muss.
So war es auch bei Florian Thiel (Name geändert), der einer der ersten Betreuten in der SZB-Niederlassung Euskirchen ist. Bei einem Klinikaufenthalt sei er auf die Angebote der SZB Eingliederungshilfe aufmerksam gemacht worden und habe sich einen Termin gemacht. Seit einigen Wochen steht ihm nun Katja Eichelbaum zur Seite und unterstützt bei der Organisation und Durchführung lebenspraktischer Aufgaben. Wie genau diese Hilfe aussieht, wird gemeinsam mit dem Klienten oder der Klientin festgelegt.
Für Florian Thiel ist Katja Eichelbaum schon jetzt eine wichtige Stütze: „Mir hat man im Leben nicht beigebracht, wie man Anträge ausfüllt, Telefonate führt oder Online-Banking macht“, sagt der 35-Jährige, der als Kind ins Heim kam und dort bis zum 25. Lebensjahr blieb. „Ich fühle mich sicherer, eine Person an der Seite zu haben, die mehr Erfahrung hat als ich“, sagt Thiel.
Die SZB will den Menschen auf partnerschaftlicher Ebene begegnen
Manchmal reiche es schon, einfach nur danebenzusitzen, wenn beispielsweise ein Telefonat erledigt werden muss, sagt Eichelbaum, die Heilpädagogin ist. In der Vereinbarung mit ihrem Klienten steht, mehr Struktur in sein Leben zu bringen und nach einer größeren Wohnung zu suchen. „Im besten Fall kommt Florian Thiel zukünftig ohne gesetzlichen Betreuer aus“, sagt Eichelbaum, denn das wünscht sich Florian Thiel. „Wir begegnen Menschen auf einer partnerschaftlichen Ebene mit Wertschätzung und Akzeptanz für individuelle Lebenskonzepte“, heißt es im Leitbild der SZB, die ihren Anfang 2012 in Aachen genommen hat.

Verlässlich und vertraut: Katja Eichelbaum hilft ihrem Klienten Florian Thiel bei lebenspraktischen Dingen und der Alltagsgestaltung.
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Insgesamt werden an den fünf Standorten rund 750 Menschen unterstützt – bei Behördengängen, zum Einkaufen, zu Arztterminen, bei der Planung und Gestaltung des Alltags, bei der Suche nach Freizeitbeschäftigungen, bei Aufbau und Pflege sozialer Beziehungen, im Umgang mit der Erkrankung, bei der Erarbeitung und Umsetzung beruflicher Zukunftsperspektiven sowie bei der Anbindung an Fachärzte, Beratungsstellen, Therapeuten und Selbsthilfegruppen.
Vereinsamung soll verhindert und Selbstvertrauen gestärkt werden
Auch geht es darum, Vereinsamung zu verhindern und Vertrauen in die eigenen Kompetenzen zu entwickeln. „Oberstes Ziel ist, dass uns der Klient oder die Klientin irgendwann gar nicht mehr braucht“, sagt Jessica Breitbarth, die den Standort Euskirchen leitet.
Das multiprofessionelle Team werde regelmäßig geschult, weitergebildet und supervisiert, sagt Sohr. Auf jede Stelle kommen zehn bis elf Klienten, die im Schnitt zweieinhalb bis drei Stunden pro Woche begleitet werden. „Anbieter für Betreutes Wohnen in den eigenen vier Wänden sind rar“, sagt Sohr. Manchmal kämen Klienten, die mehrere Jahre nach einem freien Platz gesucht hätten.
Florian Thiel jedenfalls ist sehr froh, dass er Unterstützung für ein möglichst selbstbestimmt Leben erhält: „Ich wünsche mir, nicht mehr so schnell überfordert zu sein und zu lernen, was alles erledigt werden muss.“ Langfristig möchte er wieder einen Job finden: „Ich bin ein richtiges Arbeitstier.“ Und dann sagt er noch, dass er sich lange gegen Hilfe jeder Art gewehrt habe. „Dabei ist es keine Schande, sich welche zu suchen. Ich bin aus meinem Loch rausgekommen und kann jetzt endlich wieder nach vorne schauen.“
Im Sinne der sozialen Inklusion
Soziale Inklusion ist ein Grundsatz und Leitbegriff der UN Menschenrechtskonvention. Dieses Ziel verfolgt auch die SZB Eingliederungshilfe: „Wir unterstützen und fördern Menschen mit Behinderung so, dass sie nach ihren Bedürfnissen am gesellschaftlichen Leben teilhaben und ein individuell zufriedenstellendes Leben in der Gesellschaft führen können“, heißt es im Leitbild.
Vorhandene Ressourcen und Selbstvertrauen zu stärken und die Lebensqualität zu erhöhen, stehen ebenfalls im Fokus des Anbieters, der an allen Standorten über 80 Mitarbeitende hat. Kostenträger für die Leistungen ist in der Regel der Landschaftsverband Rheinland (LVR) oder je nach Vermögenslage auch der Klient selbst.
„Als Einrichtung, die sich der sozialen Teilhabe und der Begleitung von Menschen verpflichtet fühlt, legen wir höchsten Wert auf einen respektvollen und sicheren Umgang miteinander“, heißt es auf der SZB-Homepage. Gewaltprävention sei ein zentraler Bestandteil der Arbeit und Ausdruck von Verantwortungsbewusstsein gegenüber den betreuten Menschen. „Wir haben ein umfassendes Gewaltschutzkonzept entwickelt, das sich kontinuierlich an aktuellen gesetzlichen Vorgaben und wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert.“
Die SZB Eingliederungshilfe Euskirchen hat ihren Sitz auf der Münstereifeler Straße 7, Tel. 01 76/13 00 05 01.