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Hilfe beim AnkommenIn der Ausländerbehörde des Kreises Euskirchen gibt's auch Beratung

5 min
Eine Frau mit dunklen Haaren ist von hinten zu sehen. Sie redet mit einer blonden Frau, die gegenüber sitzt.

Unterstützt Klientinnen und Klienten mit Bleibeperspektive: Kim-Case-Managerin Evlanaz Bozaci im Beratungsbüro der Ausländerbehörde.

Als Case-Managerin in der Ausländerbehörde des Kreises Euskirchen unterstützt Evlanaz Bozaci ihre Klientin, eine Bleibeperspektive zu entwickeln.

Ihr Herkunftsland biete ihr keine Zukunft. Und Sicherheit schon gar nicht. „Es reicht einfach nur aus, eine Frau zu sein, um ständig in Gefahr zu leben. Man tötet uns dort wie Fliegen“, sagt Maria. Trotzdem liebe sie diese erste Heimat aus ganzem Herzen. „Ich bin dort geboren und aufgewachsen, alle meine Erinnerungen gehören diesem Land und meiner Familie.“ Trotzdem habe sie sich entschieden, das Land zu verlassen und noch einmal neu anzufangen.

2019 kam die heute 39-Jährige nach Deutschland und beantragte Asyl. Der Antrag wurde abgelehnt, die Lage im Iran war damals noch etwas entspannter. „Ich musste einen anderen Weg finden und habe mir schließlich einen Ausbildungsplatz gesucht und Köchin gelernt“, erzählt Maria, die eigentlich Englisch studiert und unterrichtet hat. Bereits 2019 lernten sich Maria und Evlanaz Bozaci kennen, die damals in der Zentralen Unterbringungseinrichtung in Euskirchen tätig war.

Als sich ihre Wege 2024 in der Ausländerbehörde (ABH) wieder kreuzten, war die Freude auf beiden Seiten groß: „Sie war da im letzten Jahr ihrer Ausbildung und wollte wissen, was sie tun muss, um eine Bleibeperspektive zu bekommen“, erzählt Evlanaz Bozaci, die damals gerade die Aufgabe als Kim-Case-Managerin in der ABH übernommen hatte.

Befristete Aufenthaltserlaubnis wegen guter Integrationsleistungen

Maria kämpfe, seitdem sie nach Deutschland gekommen sei, um hier bleiben zu können, sagt ihre Case-Managerin. Zwei Jahre habe sie in Geflüchtetenunterkünften gelebt, ehe sie in eine eigene Wohnung ziehen konnte. „Ich wollte auf eigenen Füßen stehen und kein Geld vom Staat“, erzählt die Iranerin. Ihre erste Anstellung habe sie als Reinigungskraft gehabt, das sei eine wirklich schwere Arbeit gewesen. Dann machte sie die Lehre. Und sie lernte intensiv Deutsch. „Als ich sie im Juni 2024 als Kim-Klientin aufnahm, hatte sie bereits das Sprachlevel B1 erreicht und den Kurs ‚Leben in Deutschland‘ absolviert“, sagt Bozaci.

Viele haben Angst und Vorbehalte und denken, niemand sei freundlich und man würde eh nur alle abschieben wollen.
Evlanaz Bozaci, Kim-Case-Managerin in der Ausländerbehörde des Kreises Euskirchen

Da die Identität eindeutig geklärt war und Maria für ihren Lebensunterhalt aufkam, kam der sogenannte Chancenparagraf 25b des Aufenthaltsgesetzes zum Zuge: Aufgrund der guten Integrationsleistungen erhielt sie eine zunächst noch befristete Aufenthaltserlaubnis. „Die eigentlich geforderten sechs Jahre Aufenthalt in Deutschland konnten in diesem Fall auf Ermessensgrundlage verkürzt werden“, erklärt die Case-Managerin.

Beratung im gemütlichen Büro mit Sofa und Sessel

Evlanaz Bozaci ist nicht nur Kim-Case-Managerin, sondern auch nach wie vor Sachbearbeiterin der Ausländerbehörde: „Grundsätzlich bearbeite ich in dieser Funktion nicht meine Kim-Fälle, da wäre ich viel zu nah dran. Das übernimmt dann meine Kollegin.“

Bozaci sieht ihren Auftrag auch darin, die Ausländerbehörde offener und präsenter zu machen gegenüber der Gesellschaft: „Viele, die mit der ABH zu tun haben, haben Angst und Vorbehalte und denken, niemand sei freundlich und man würde eh nur alle abschieben wollen.“ Durch die Beratung im gemütlichen Büro mit Sofa und Sessel merken die Menschen schnell, „dass wir sie unterstützen wollen beim Ankommen, dass wir sie an die Hand nehmen und gemeinsam schauen, was zu erledigen ist“.

Probleme mit der Wohnungssuche oder in der Familie

Mittlerweile sei es häufig so, dass Kundinnen und Kunden eigentlich wegen aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten in die ABH kommen und sich im Gespräch öffnen. „Beispielsweise erzählen sie dann, dass es Probleme mit der Wohnungssuche gibt, mit den Kindern oder mit häuslicher Gewalt“, sagt Bozaci. Als Kim-Case-Managerin versuche sie, auch da weiterzuhelfen.

Für Maria jedenfalls hat sich diese Unterstützung ausgezahlt: „Frau Bozaci an meiner Seite zu wissen, hat oftmals schon gereicht. Sie hat mir bei meinem Prozess des Ankommens sehr geholfen. Bei allem.“ Auch bei den weiteren Schritten wird Maria mit der Unterstützung   rechnen dürfen. „Ich suche eine neue Wohnung, und ich würde gerne noch eine Ausbildung machen: Ich möchte Fahrlehrerin werden“, sagt die 39-Jährige.

Gefragt, welches Wissen und welchen Rat sie anderen Geflüchteten geben würde, sagt die Iranerin: „Mein erster Rat: Du bist jetzt in Deutschland, also lerne die Sprache!“ Dieses Land habe sie und andere Geflüchtete nicht eingeladen, herzukommen. Jeder habe das für sich und aus guten Gründen entschieden. „Und ja, hier ist nicht alles perfekt, aber in unseren Heimatländern war es katastrophal. Wie unser Leben hier sein wird, hängt ganz stark auch von uns selber ab.“


Von der Einreise bis zur Einbürgerung

Seit Mai 2021 wird das Kommunale Integrationsmanagement, kurz Kim, im Kreis Euskirchen umgesetzt. Kim ist das bislang größte integrationspolitische Förderprogramm des Landes NRW, dessen Ziel es ist, die Teilhabechancen von Menschen mit Einwanderungsgeschichte weiter zu verbessern – und zwar von der Einreise bis zur Einbürgerung.

Begleitet werden die Zugewanderten im Kreis Euskirchen von 15 Case-Managern, die größtenteils bei den Wohlfahrtsverbänden angesiedelt sind. Sie helfen, die Ressourcen und Stärken des Klienten sowie seine individuellen Ziele herauszuarbeiten. Gemeinsam werden dann Perspektiven für ein selbstständiges Alltags- und Berufsleben entwickelt.

Die Case-Manager nehmen außerdem eine Brückenfunktion im Kontakt mit den unterschiedlichen Ämtern und Behörden ein. Vom Ministerium geschaffen wurden auch zusätzliche Personalstellen in der Ausländerbehörde des Kreises Euskirchen. Damit soll die „rechtliche Verstetigung der Integration ausländischer Menschen mit besonderen Integrationsleistungen“ gefördert werden.

Welche Wirkung Kim im Leben Zugewanderter im Kreis Euskirchen entfaltet und worin der seitens der Politik beschriebene Paradigmenwechsel in der Praxis besteht, darüber berichten wir in einer Serie.