Feller macht Druck bei Angleichung der Lehrergehälter

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Düsseldorf – Die neue nordrhein-westfälische Schulministerin Dorothee Feller (CDU) will trotz düsterer Finanzprognosen bis zu den Herbstferien erste Schritte zur Angleichung der Eingangsbesoldung für alle Lehrkräfte einleiten. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) habe das für die ersten 100 Tage seiner Amtszeit zugesagt, sagte Feller am Mittwoch im Schulausschuss des Landtags. „Die ersten 100 Tage sind Anfang der Herbstferien zu Ende.”

Ihr Ministerium arbeite mit „Hochdruck” an einer Lösung. Sie sei dazu in „engem Austausch” mit dem Finanzministerium. „Ich bin guten Mutes”, sagte Feller. „Das ist uns ein Herzensanliegen.” Für Lehrkräfte an Grundschulen und in der Sekundarstufe I sei die Angleichung der Gehälter auf die Stufe A13 eine „wichtige Botschaft und Wertschätzung, die sie verdient haben”. Bisher werden in NRW Lehrkräfte an Grund-, Haupt-, Real- und Gesamtschulen schlechter bezahlt als Lehrer der gymnasialen Oberstufe.

Die schwarz-grüne Landesregierung hatte bei Amtsantritt in ihrem Koalitionsvertrag einen „verbindlichen Stufenplan” versprochen, mit dem die Eingangsbesoldung einheitlich auf A13 angehoben werden soll. In einer ersten Stufe sollen dafür laut Koalitionsvertrag im Nachtragshaushalt für dieses Jahr Mittel bereitgestellt werden.

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Allerdings befürchtet Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) wegen der erwarteten Milliardenkosten infolge der Energiepreiskrise bereits Abstriche beim Koalitionsvertrag. Der Nachtrag für das laufende Haushaltsjahr werde lediglich zwingende Ausgaben erlauben, hatte er am Montag gesagt. Wegen der Kofinanzierung des von der Bundesregierung geplanten dritten Entlastungspakets und der zu erwartenden gedämpften Konjunktur sei „der Handlungsspielraum, neue Dinge umzusetzen, die wir für wichtig hielten, sehr gering bis null”.

Dennoch wird erwartet, dass die Vorlage des Nachtragshaushalts einen Vorschlag für die Angleichung des Einstiegsgehalts in der Lehrerbesoldung enthält, denn es handelt sich um ein zentrales Wahlversprechen von Schwarz-Grün. Der SPD-Oppositionspolitiker Jochen Ott sagte: „Ich hoffe, dass die CDU-Schulministerin sich in dieser Frage beim CDU-Finanzminister durchsetzen kann.” Die Lehrergehälter dürften nicht erst 2026/27 angeglichen werden, sondern kurzfristig.

Arbeitsgruppen gegen Lehrermangel und für OGS

Als eine „Riesenherausforderung” bezeichnete Feller die Bewältigung des Lehrkräfte- und Personalmangels an den 5500 Schulen in NRW. Bis zu den Herbstferien solle ein Arbeitskreis Vorschläge erarbeiten, die dann mit Verbänden und dem Landtag diskutiert werden sollten. Den größten Bedarf hätten Grund- und Förderschulen und Schulen der Sekundarstufe I. In den nächsten Jahren sollen laut Koalitionsvertrag 10 000 zusätzliche Lehrkräfte eingestellt werden.

Fortschritte sieht die CDU-Ministerin bei der Digitalisierung der Schulen. Infolge der Corona-Pandemie sei Jahren viel Geld in die Digitalisierung investiert worden. NRW habe aus dem Digitalpakt eine Milliarde Euro bekommen, die zu 100 Prozent abgerufen worden seien. 210 000 Endgeräte seien für Lehrkräfte beschafft worden. 750 000 Schüler seien mit Endgeräten versorgt worden. Für einen zweiten Digitalpakt liefen Gespräche zwischen Bund und Ländern.

Für den ab 2026 bundesweit greifenden Anspruch auf Ganztagsbetreuung (OGS) wartet NRW nach Worten Fellers auf eine Vereinbarung von Bund und Ländern, damit das Geld zügig fließen könne. Zusammen mit dem NRW-Familien- und Kinderministerium sei ein „Lenkungskreis” gebildet worden, der kommende Woche erstmals zusammenkomme - „um auch ein Zeichen zu setzen”, sagte Feller. „Das ist auch für Kommunen eine Riesenherausforderung, schon allein baulich”. Der NRW-Städtetag schätzt den Bedarf an neuen OGS-Plätzen auf 260 000. SPD-Schulexperte Ott warnte: „Wenn wir den Rechtsanspruch haben, werden Eltern ihn gnadenlos einklagen.”

Möglicher Kritik an der Bildung gleich mehrerer Arbeitsgruppen begegnete Feller mit den Worten: „Bei uns heißt die Bildung einer Arbeitsgruppe nicht "Haken dran", sondern "Schmackes.”

Corona und die Folgen

Das Land NRW hofft auf die Verlängerung des Corona-Aufholprogramms für Kinder und Jugendliche über dieses Jahr hinaus. Für das Programm, mit dem Schülerinnen und Schüler pandemiebedingte Lernrückstände aufholen sollen, stehen in NRW rund 430 Millionen Euro bereit - je 215 Millionen vom Bund und vom Land. Die Bundesländer haben den Bund aufgefordert, das Programm bis Mitte 2024 zu verlängern und hierzu weitere 500 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.

Die schulpolitische Sprecherin der SPD, Dilek Engin, forderte mehr Engagement des Schulministeriums zur Bewältigung der psychosozialen Folgen der Corona-Pandemie. Die Schulen müssten „coronakrisenfest” gemacht werden.

Der schulpolitische Sprecher der jetzt oppositionellen FDP-Fraktion, Andreas Pinkwart, verwies darauf, dass die Lehrerausbildung fünf bis zehn Jahre dauere. Die Landesregierung müsse früh die Weichen stellen und auch „unkonventionelle Wege” gehen, um den Lehrkräftebedarf zu decken. Die angekündigten zusätzlichen 10 000 Stellen würden angesichts steigender Schülerzahlen mutmaßlich nicht reichen. Für die AfD sprach sich Carlo Clemens gegen eine zu starke Förderung des digitalen Unterrichts aus.

© dpa-infocom, dpa:220914-99-755028/5 (dpa/lnw)

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