Brühl im Heimat-CheckEin Kleinod mit kleinen Mängeln

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brühl springbrunnen

Die Springbrunnen in der Brühler Innenstadt ist ein Hingucker.

Brühl – Anders als die direkten Nachbarstädte hat Brühl seine Identität schon lange gefunden. Dem Ort zwischen Köln und Bonn wurden bereits 1285 die Stadtrechte verliehen, die im 18. Jahrhundert erbauten Schlösser zählen seit 1984 zu den Unesco-Welterbestätten, und mit dem Phantasialand gibt es in der Stadt einen der bekanntesten Freizeitparks Europas.

Zum Charakter der 45.000-Einwohner-Stadt gehören zudem die Hinterlassenschaften des Braunkohleabbaus. Die Gruben und Brikettfabriken gehörten zu den ersten des rheinischen Reviers und sie waren auch unter den ersten, die geschlossen wurden.

Wo einst Staub und Dreck aus Tagebauen und Schloten den Alltag bestimmten und die Hausfrauen veranlassten, nur bei günstigem Wind die weiße Wäsche draußen zum Trocknen auf die Leine zu hängen, hat die Rekultivierung längst Seen, Wald und Biotope geschaffen, die die Brühler zum Baden, Spazierengehen und Radeln nutzen.

Lebendige Innenstadt

Und noch etwas lässt die Bürger mit Stolz auf ihre Stadt schauen: die lebendige Innenstadt mit ihren historischen Bauten, den Kneipen und Restaurants, der Fußgängerzone und den regelmäßigen Festen und Wochenmärkten. Nicht wenige, die in einigen Tagen den traditionsreichen Weihnachtsmarkt besuchen, werden glühweinselig ihr Brühl als eines der schmucksten Städtchen des Kölner Umlands preisen.

Doch die schöne Fassade hat in den vergangenen Jahren Risse bekommen. Die Zahl von Fachgeschäften für Bekleidung oder Elektroartikel sinkt beständig. Michaela Rex, die seit 17 Jahren das Geschäft „Lebenslust“ führt, kennt die Schwierigkeiten des Einzelhandels. Ende März wird sie nach zehn Jahren aus dem bisherigen Ladenlokal am Markt ausziehen und in deutlich kleineren Räumen weitermachen.

Dominoeffekt befürchtet

„Ich habe alle Möglichkeiten ausgereizt, aber die bisherigen Mietkosten sind für mich nicht mehr zu stemmen“, sagt sie. Die Anziehungskraft der Brühler Geschäfte und Veranstaltungen lasse nach und daran sei nicht nur der Onlinehandel schuld. „Es fehlen innovative Geschäfte und Ideen auf den Märkten in der Innenstadt“, sagt Rex. Tatsächlich geben viele Händler auf. Die Folge ist für jedermann offensichtlich: In den besten Lagen der Innenstadt stehen reihenweise Ladenlokale leer. Der Umgang mit dieser Problematik ist schwierig.

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Die CDU um ihre Vorsitzende Eva-Marie Reiwer befürchtet, dass ungenutzte Ladenlokale einen Dominoeffekt auslösen und die Anziehungskraft zusätzlich mindern. Zwischennutzungen durch Galerien oder Handwerksbetriebe könnten Abhilfe schaffen, meint sie. Die FDP um Fraktionschef Jochem Pitz trauert derweil den Parkplätzen am zentral gelegenen Janshof hinterher und fordert günstigere Parkmöglichkeiten und einen Ausbau des ÖPNV. Mit letzterem Vorschlag können sich auch die Grünen anfreunden , die zudem den Radverkehr attraktiver machen wollen.

Der SPD-Fraktionschef Michael Weitz empfiehlt, Ladenlokale Nutzern für begrenzte Zeit mietfrei oder mit Umsatzbeteiligung zu überlassen. „Das bietet Interessierten die Möglichkeit, ihr Ladenkonzept auszuprobieren, bevor man sich langfristig an einen Vertrag bindet. In solchen Pop-up-Läden könnten Kunsthandwerk oder unverpackte Lebensmittel angeboten werden“, sagt der Sozialdemokrat. Spannend sei ein solches Konzept auch für Gastronomiebetriebe. Denn wechselnde Angebote könnten neugierig auf die Brühler Innenstadt machen.

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