Knarren, Koks, dicke AutosDas fette Geschäft zwischen Clans und Gangsta-Rap

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Bushido Abou-Chaker

Bushido und Arafat Abou-Chaker (von links) waren gute Freunde - jetzt streiten sie sich vor Gericht.

  • Clans kooperieren immer häufiger mit berühmten deutschen Rappern wie Bushido oder Farid Bang.
  • Beide Seiten profitieren: Die Rapper bekommen ein Gangster-Image, die Clans verdienen mit.
  • Als Rapper Bushido sich von Clan-Boss Abou-Chaker loslöste, wurde seine Frau mit Säure attackiert.

Köln – Am vergangenen Mittwoch platzte dem „Patron“ der Kragen. Über sein Instagram-Profil rechnete Ahmad Miri, Chef des berüchtigten Miri-Clans, mit den Medien ab. Zuvor hatte ein Boulevardmagazin über die Verstrickungen zwischen arabischen Familienclans und deutschen Gangsta-Rappern berichtet.

Nur zwei Tage hätten die Medien über den rechtsextrem motivierten Terroranschlag in Neuseeland geschrieben, aber wenn es um Großfamilien gehe, würden monatelang Themen angesprochen, die „extrem veraltet, nicht aktuell, sowie gelogen und erfunden sind!“ Ihm geschehe Unrecht, so Miri, dessen Familie sich unter anderem im Ruhrgebiet niedergelassen hat. Alles Weitere werde sein Anwalt klären.

Hymnen für die Straße

Richtig ist: Schon seit Jahren werden nicht nur in Boulevardmedien große Geschichten erzählt über die engen Beziehungen von Rappern und Clan-Mitgliedern. Die Symbiose erscheint inhaltlich ideal. In ihren Songs huldigen die Musiker dem Leben der Straße: Knarren, Koks, dicke Autos, „Schlampen“, die nichts als einen „Blowjob“ im Sinn haben.

Und es geht um all die „Hurensöhne“, die nicht auf die Idee kommen sollten, sie verbal zu „ficken“. Und wenn es doch einer tut, dann wird zurück gedisst. So nennt man das, wenn sich Rapper in Reimen beleidigen. Auch in Deutschland kommt das immer häufiger vor. Rapper besingen den Alltag der Clans – und verleihen der Kriminalität damit einen populären Anstrich.

Haftbefehl gegen Ex-Bushido-Freund Abou-Chaker

Die größten Schlagzeilen produzierte bislang Rapper Bushido. Im April 2013 druckte das Magazin „Der Stern“ eine Generalvollmacht, die Bushido Ende 2010 zugunsten von Arafat Abou-Chaker ausgestellt hatte. Abou-Chaker war danach nicht mehr nur Geschäftspartner, sondern gleichsam Vormund.

Bushido Abou-Chaker

Bushido und Arafat Abou-Chaker (von links) waren gute Freunde - jetzt streiten sie sich vor Gericht.

Im März 2018 sagte sich der Sänger von Abou-Chaker los. Der Clan-Boss soll daraufhin einen tödlichen Plan geschmiedet haben: Anfang diesen Jahres vollstreckte die Staatsanwaltschaft Berlin einen Haftbefehl gegen ihn. Er sei „der Verabredung eines Verbrechens dringend tatverdächtig“. Abou-Chaker soll die Entführung von Bushidos Frau und Kindern vorbereitet haben und er soll geplant haben, Bushidos Frau mit Säure zu attackieren.

Der Haftbefehl wurde inzwischen wieder aufgehoben, die Ermittlungen aber laufen laut Berliner Staatsanwaltschaft weiter. Aus Angst um das Leben seiner Familie soll sich der gebürtige Bonner einen neuen „Rücken“ gesucht haben, wie es in der Szene heißt. Über seinen neuen „Geschäftspartner“ Ashraf Rammo, Chef des Rammo-Clans, sagt Bushido in einem Interview: „Ashraf ist höflich, elegant, verständnisvoll, er ruft nicht ständig an, er lässt dich in Ruhe.“

Rapper und Clans: In NRW ein erfolgreiches Geschäftsmodell

Das Geschäftsmodell Rapper und Clans hat sich auch in NRW etabliert. „Aus der Vermarktung eigener Rapper und Labels entwickelt sich erhebliches wirtschaftliches Potenzial“, schreibt das Landeskriminalamt NRW auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Für die Clans ist das Millionen-Business „Gangsta-Rap“ offenbar eine ideale Ergänzung des Portfolios, das sonst vom wenig glamourösen Drogenhandel oder dem Betreiben von Shisha-Bars beherrscht wird.

Die neuen Allianzen werden vom LKA beobachtet: „Durch die offensive Nutzung sozialer Medien erlangt das Rapper-Milieu und die damit verbundene Rapper-Subkultur besondere Bedeutung für das Selbstbild insbesondere von Angehörigen türkisch-arabischstämmiger Großfamilien“, so die Behörde. „Für diese sind Aktivitäten in der Szene häufig ein erster Schritt auf eine gesellschaftlich wahrgenommene Ebene.“

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Der Musiker bekommt Schutz und Gangster-Aura, der Clan seinen Anteil am Geschäft – manch einer nennt das auch Schutzgeld – und obendrein Zugang zum Roten Teppich. Das LKA bestätigt, dass das Betreiben von Sicherheitsfirmen für die Großfamilien ein wichtiges Geschäftsfeld darstellt. Details zu möglichen Verfahren im Zusammenhang mit Schutzgeldzahlungen will die Behörde zur „Sicherstellung der Funktionsfähigkeit staatlicher Organe“ nicht nennen.

Zugang zu höheren Kreisen

„Rapper und Clans haben oft eine ähnliche Biografie“ sagt Sozialwissenschaftler Martin Seeliger, der ein Buch über „Gangsta-Rap“ geschrieben hat. „Oft haben beide Migrationshintergrund, sind Integrationsverlierer, betrachten sich als Menschen von der Straße. Der Erfolg in der Musik ermöglicht beiden, in Kreisen zu verkehren, dessen Mitglieder sonst nur die Nase über sie rümpfen.“

Eine Schlüsselfigur in NRW ist dem Vernehmen nach Ahmad Miri, der auf Instagram gerne mit Pistole posiert. Nach eigener Aussage verbindet ihn eine enge Freundschaft mit dem Düsseldorfer Gangsta-Rap-Star Farid Bang. Geschäftliche Beziehungen allerdings, betont der Clan-Boss, gebe es nicht. Farid Bang war bei der „Echo“-Verleihung 2018 geehrt worden, bis auffiel, dass es sich bei der Textzeile „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“ um eine antisemitische Äußerung handeln könnte.

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Auch Kay One, der 2014 in der Jury von „Deutschland sucht den Superstar“ saß, soll Verbindungen zu den Miris haben. Kay One, bürgerlich Kenneth Glöckler, war einst ein Bushido-Gefährte. Im April 2012 kündigte er die Zusammenarbeit auf und soll kurz darauf von Maskierten überfallen worden sein. Instagram-Bilder zeigen sowohl Kay One, Farid Bang als auch den Rapper 18 Karat vertraut in Kreisen des Miri-Clans.

Auf seinem Profil beteuert Ahmad Miri allerdings, mit Kay One nichts zu tun zu haben. 18 Karat, der sich nur mit Goldmaske zeigt, gilt als Star der Szene. Er steht bei Farid Bang unter Vertrag, soll mit den Miris eng verwoben sein. Unter ein Bild mit einem Miri-Mitglied schreibt der Musiker: „Mit Männer die Ehre und Stolz haben.“

Auch Rapper Shindy von Clan-Boss bedroht

Seit 2014 tritt Kay One auch als Promoter von Manuel Charr in Erscheinung. Der Kölner Boxer ließ sich 2017 als deutscher Schwergewichtsweltmeister feiern, obwohl er gar keinen deutschen Pass besaß. 2015 bekam er die Wut der Clans zu spüren. In einer Essener Dönerbude wurde er niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt. Der Täter Youssef H., geborener Al-Zein und Mitglied des gleichnamigen Ruhrpott-Clans, wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Auch die Al-Zeins wollen offenbar in der Gangsta-Rap-Szene mitmischen. Es hält sich das Gerücht, dass Clan-Chef Mahmoud Al-Zein mit dem schwäbischen Rapper Shindy in Verbindung stehe. Shindy gehörte früher zu Bushido und der Abou-Chaker-Clique. Dann wollte er eigene Wege gehen. Sein Abschied hatte Konsequenzen.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ führte die Staatsanwaltschaft Heilbronn ein Verfahren gegen Arafat Abou-Chaker wegen möglicher Bedrohung Shindys. Demnach hatte ihm der Clan-Boss nach einem Streit im April 2018 eine Whatsapp-Nachricht „mit mehrdeutigem Inhalt“ übersandt. Die Ermittlungen wurden eingestellt. Offenbar lag kein Straftatbestand vor.

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