Der Bund entscheidet im Alleingang über Autobahnprojekte, das Land hat keinen Einfluss, die Stadt Leverkusen muss mit den Konsequenzen leben. Für das Transitland Nordrhein-Westfalen ist das eine Katastrophe.
Kommentar zur Autobahn-EntscheidungDer Bund fährt Leverkusen vor die Lärmschutzwand


Die Autobahn 1 verläuft auf einer Stelze zwischen der Rheinbrücke und dem Autobahnkreuz Leverkusen. Foto: Ralf Krieger
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Es ist nur eine Kommunikationspanne, aber sie verrät viel über die Denkweise der Autobahn-Gesellschaft des Bundes, die seit zwei Jahren für Planung, Sanierung und Ausbau der Fernstraßen verantwortlich ist.
Entschieden wird in Berlin, die Länder müssen parieren. Die Bürgerzeitung ist schon gedruckt, bevor den Politikern aus Leverkusen und der Region das Ergebnis der finalen Prüfung zum Ausbau der A 1 und A 3 mitgeteilt wird. Das Land wird gar nicht erst einbezogen, obwohl es die Folgen tragen muss.
So erleben wir wie der grüne Landesverkehrsminister Oliver Krischer, der sich bei jeder Gelegenheit wie ein Rumpelstilzchen an Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) abarbeitet und der beide Großprojekte allein schon aus Klimaschutzgründen für aus der Zeit gefallen hält, am Ende resignierend mit den Schultern zuckt und sich für nicht zuständig erklärt.
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Und einen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU), der wie schon beim Konflikt um den Braunkohletagebau dezent im Hintergrund bleibt, damit ihn bloß keiner daran erinnert, dass er vor knapp fünf Jahren - damals noch als NRW-Verkehrsminister - die Tunnellösung als „ein Gebot der Fairness gegenüber dieser Stadt“ bezeichnet hat.
Ausbau und Sanierung von Autobahnen unterliegen in Deutschland vor allem zwei Kriterien: Es geht um die Bewältigung prognostizierter Verkehrsmengen für die kommenden Jahrzehnte und um die Kosten. So entstehen neun Meter hohe Lärmschutzwände, wie im Fall Leverkusen. Für Nordrhein-Westfalen, das Transitland Nummer eins in Europa, ist das eine Katastrophe. Vor allem für die Städte und Gemeinden, die unter Folgen dieser Verkehrspolitik des Bundes leiden müssen.
Ampel leistet sich einen Dauerstreit in der Verkehrspolitik
In der Berliner Ampelkoalition liegen Grüne und FDP im Dauerstreit. Schon bei der Frage, ob das Mittel der Planungsbeschleunigung für alle Infrastrukturprojekte, also für Straße und Schiene, gleichermaßen angewendet werden soll, kommt man zu keinem Ergebnis.
Ein Plan für den konsequenten Ausbau der Güterbahnen existiert ebenso wenig wie eine Prognose, welche Folgen das für den Schwerlastverkehr auf den Autobahnen haben könnte.
Von einer Verkehrswende meilenweit entfernt
Wie weit Deutschland von der Verkehrswende entfernt ist, zeigt ein Blick in den Bundesverkehrswegeplan, der mit Wünsch-Dir-Was-Projekten und Priorisierungen so vollgestopft ist, dass diese sich in 100 Jahren nicht abarbeiten lassen.
NRW-Verkehrsminister Krischer hat in dieser Woche eindringlich gewarnt, Deutschland müsse sich ganz auf den Erhalt und die Sanierung der Infrastruktur konzentrieren, um kein „Rahmede hoch acht“ zu riskieren.
Für Leverkusen könnte das bedeuten: Wenn es schon kein Geld für den Tunnel gibt und die Stelze so marode ist, dass sie erneuert werden muss, dann nur unter der Prämisse: Keinen Meter mehr! Aber Krischer ist ja nicht zuständig.