Leichlinger Bürgermeister im Interview„Ausgangssperren werden nicht ausgeschlossen“

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Frank Steffes (Archivbild)

Leichlingen – Die Sieben-Tages-Inzidenz der Corona-Infektionen im Rheinisch-Bergischen Kreis liegt bei 200 und Leichlingen ist unter den GL-Kommunen bei den Neuerkrankungen leider meistens immer ganz vorne mit dabei. Das Pilgerheim Weltersbach machte mit Infektionen von bereits geimpften Senioren bundesweit Schlagzeilen. Es drohen Ausgangssperren. Und im Krisenstab des Kreises herrschen Auflösungserscheinungen. Am Wochenende wurden wegen einer Panne keine aktuellen Fallzahlen gemeldet. Hans-Günter Borowski fragte Bürgermeister Frank Steffes nach seiner Einschätzung der Lage.

Herr Steffes, halten Sie die bisher vom Kreis getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie für ausreichend? Sind Sie ein Befürworter von Ausgangssperren oder gehören Sie in den Bürgermeister-Konferenzen mit dem Landrat eher zu den Bremsern, was Verbote angeht?

Die bisher vom Kreis getroffenen Maßnahmen halten sich eng an die durch die Coronaschutzverordnung des Landes vorgegebenen Regeln. In den Konferenzen mit dem Landrat gibt es weder Bremser und Bremserinnen, noch Beschleuniger und Beschleunigerinnen. Wir diskutieren die Dinge vor dem Hintergrund der aktuellen Situation und der Struktur des Kreises sehr einvernehmlich. Ausgangssperren als sehr starken Eingriff in die individuellen und grundgesetzlich garantierten Freiheitsrechte können und dürfen nur eine absolute Ultima Ratio sein, werden aber gleichwohl nicht ausgeschlossen, wenn es die Lage erfordert.

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Wie beurteilen Sie die aktuellen Vorgänge im Krisenstab der Kreisverwaltung? Es heißt, dass Landrat Santelmann ihn faktisch stillgelegt hat. Leidet die Zusammenarbeit unter dem Rückzug von Kreisdirektor Erik Werdel und der Sprecherin Birgit Bär?

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Wir haben nicht den Eindruck, dass der Krisenstab stillgelegt wäre. Meines Wissens nach tagt dieser auch nach wie vor. Ebenfalls erhalten wir wie bisher Informationen, Pressemitteilungen etc. aus dem Krisenstab. Wir haben auf der Ebene der Stadt kaum direkte Kommunikation mit Frau Bär oder Herrn Dr. Werdel gehabt, unsere Ansprechpartner waren andere Personen aus der Geschäftsführung. Insofern ist eine Veränderung für uns nicht erkennbar.

Das Pilgerheim Weltersbach und die städtische Kindertagesstätte Förstchen fallen immer wieder durch Corona-Ausbrüche auf. Läuft da etwas schief?

Die Nachverfolgung erfolgt über das Gesundheitsamt des Kreises. In Bezug auf das Pilgerheim Weltersbach haben wir nur die Informationen, die der Presse zu entnehmen waren. In Bezug auf die Kita Förstchen haben wir keine konkreten Hinweise, die Infektionsketten sind eher diffus.

Gab oder gibt es auch in der Mitarbeiterschaft der Stadtverwaltung Corona-Krankheitsfälle, welche die Arbeit erschweren?

Wir hatten mehrere betroffene Mitarbeitende in einer Organisationseinheit außerhalb der Kernverwaltung, die zu temporären Problemen geführt hat. Dennoch konnte die Aufgabenerledigung dank der hohen Motivation und Zuverlässigkeit der verbliebenen Mitarbeitenden fortgeführt werden. Innerhalb der Kernverwaltung gab es einen einzigen Fall außerhalb des Dienstbetriebs, der frühzeitig isoliert werden konnte, zu Ansteckungen ist es daher glücklicherweise nicht gekommen.

Verfügt die Stadtverwaltung über Schnelltests für die Belegschaft?

Ja, wir hatten vor mehreren Wochen Schnelltests bestellt, die mittlerweile ausgeliefert wurden und jetzt verteilt werden. Ist das Ordnungsamt personell gewappnet, um auch Ausgangssperren kontrollieren zu können? In welchem Umfang wird der private Sicherheitsdienst eingesetzt? Das Ordnungsamt ist grundsätzlich nicht mit ausreichendem Personal für zusätzliche Nachtschichten ausgestattet. Sollte es zu Ausgangsbeschränkungen kommen, könnten Mitarbeitende des Ordnungsamts gemeinsam mit Mitarbeitenden des privaten Sicherheitsdienstes Streife gehen, denn letztere dürfen keine hoheitlichen Maßnahmen ergreifen (zum Beispiel Personalien aufnehmen), dies ginge aber zu Lasten der Tagesverfügbarkeit. Natürlich müssten wir auch auf die Ordnungspartnerschaft mit der Polizei setzen. Der fließende Verkehr kann ohnehin nicht von der Ordnungsbehörde der Stadt kontrolliert werden, dies ist eine polizeiliche Aufgabe.

Wie viele Verstöße gegen die Schutzverordnung werden in Leichlingen verzeichnet und mit Bußgeldern geahndet?

Die Ordnungsbehörde meldet circa 110 Bußgeldverfahren. In anderen Kommunen werden für Behördenbesuche inzwischen negative Testnachweise verlangt.

Warum verzichten Sie im Leichlinger Rathaus auf diese Vorsichtsmaßnahme und lassen alle Kunden ohne Test oder Fiebermessung herein?

Diese Frage haben wir diskutiert und sehen zur Zeit noch davon ab. Im Vergleich zu Supermärkten etc. haben wir im Rathaus sehr wenig Kundenkontakte, kurze Aufenthalte, große Abstände, in der Regel Plexiglasabtrennungen und gute Lüftungsmöglichkeiten. Dennoch ist eine solche Maßnahme nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Sind Sie selbst schon geimpft worden?

Nein, ich bin Jahrgang 1964 und daher vermutlich noch lange nicht an der Reihe.

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