BrandstiftungGericht arbeitet Explosion in Opladen auf

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Aus dem Dachgeschoss eines Hauses in Opladen schlagen Flammen.

Nach einer Explosiion brannte es im Dachgeschoss dieses Hauses in Opladen.

War es der Ex-Freund? Der Brandkatastrophe am 13. Mai 2022 in der Augustastraße soll ein Einbruch vorausgegangen sein. Das Haus ist bis heute unbewohnbar. Auch das verursacht viel Leid.   

Es war gar keine Gas-Explosion, sondern offenbar so: Am Freitag, 13. Mai vorigen Jahres, verschafft sich der Ex-Freund mit einem nachgemachten Schlüssel Zugang zum Haus Augustastraße 9, dringt in die Dachgeschosswohnung seiner früheren Partnerin ein, stiehlt dort Goldschmuck, kippt danach Benzin aus und legt einen Brand.

Danach türmt er mit dem Auto unter die A1-Stelze am Neuenhof und zündelt an seinem Wagen, um Spuren zu verwischen. Dann geht der damals 46 Jahre alte Mann nach Haus in die Tannenbergstraße. 

Es ist pures Glück, dass bei dem Brand niemand ernsthaft zu Schaden kommt. Nur ein Paketzusteller erleidet eine kleine Blessur. Eine junge Frau ist daheim, außerdem ein Paar mit einem kleinen Kind und dessen Oma. Die schläft noch, als nach einem lauten Knall überall im Haus die Wohnungstüren aus den Angeln fliegen. Das ist gegen 10.30 Uhr, bestätigen die Bewohner am Dienstag in Köln. Dort arbeitet die 15. Große Strafkammer des Landgerichts das Geschehen in den kommenden Wochen auf.

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Eine Familie ist nicht versichert

Alle Bewohner haben ihr Zuhause verloren und Teile ihrer Einrichtung; eine Familie ist noch nicht einmal versichert. Die Reparatur des Gebäudes ist bis heute nicht abgeschlossen. Allein der Schaden an dem Eckhaus Augustastraße / Im Hederichsfeld wird auf eine Dreiviertelmillion Euro beziffert. Dazu kommen Hab und Gut der Bewohner, auch geparkte Autos wurden durch herabfallende Trümmer beschädigt.

Dazu zählt der Kleinwagen der Frau, die in der ersten Etage an ihrem Rechner im Wohnzimmer sitzt, als sie plötzlich einen lauten Knall hört. Alle Türen springen auf – zunächst kann die 24-Jährige das alles gar nicht zuordnen. Als sie aus dem Fenster schaut, sieht sie brennende Teile auf einem Autodach direkt vor dem Haus. Als sie dann ins Treppenhaus geht, hört sie ihren Nachbarn von unten rufen: „Es brennt! Wir müssen raus!“

Im Treppenhaus steht ein Fremder

In der Minute darauf rennt die junge Frau in ihre Wohnung zurück, greift sich nur Schlüssel und Handy. Als sie versucht, ihre Tür abzuschließen, stellt sie fest, dass die Schlossfalle aus der Zarge gebrochen ist. Sie bekommt eine Ahnung, wie heftig die Detonation gewesen sein muss.

Wie sie so auf dem Treppenabsatz steht, sieht sie aus dem rechten Augenwinkel eine Person von hinten. In der Hektik denkt sie sich nichts dabei. Und als später die Rede davon ist, dass wohl ein Ersthelfer ins Haus gestürmt sei, hält sie das für nachvollziehbar und hinterfragt es nicht. Auch, dass das Auto, das sie aus ihrer Wohnung gesehen hat, plötzlich verschwunden ist, wird ihr erst im Nachhinein bewusst.

Dass die Explosion kein Unglück ist, sondern mit Absicht herbeigeführt wurde, ahnt an diesem Tag noch niemand. Auch nach dem Wochenende geht die Polizei davon aus, dass eine Gasexplosion die Ursache ist. Allerdings bildet sie die Ermittlungskommission „Augusta“. Die kommt nach gar nicht so langer Zeit zu ganz anderen Erkenntnissen. Am Dienstag, 21. Juni, wird Mohammad N. (Name geändert) in Untersuchungshaft genommen.  

Der Mann stammt aus Isfahan im Iran, ist aber schon lange in Europa. Er besitzt einen niederländischen Pass. Er ist jetzt 27 Jahre alt. Und schweigt. Umso intensiver werden die ersten beiden Zeuginnen befragt. Nicht nur vom Vorsitzenden Richter Jan Orth und seinem Kollegen, sondern auch von den beiden Verteidigern des Beschuldigten.   

Zeuginnen werden intensiv befragt

Während die junge Frau aus dem ersten Stock sehr präzise Angaben machen kann, muss bei der Nachbarin aus dem Erdgeschoss genauer nachgefragt werden. Das lohnt sich: Sie hatte engeren Kontakt zu der Frau aus der Dachgeschosswohnung, die zur Tatzeit im Urlaub war.

Und sie hat Wochen zuvor nachts gehört, wie sich jemand an der Haustür zu schaffen machte. Danach war der Schließer beschädigt. Ob es sich bei dem Unbekannten um Mohammad N. handelte, den sie zuvor lediglich ein Mal kurz an der Tür gesehen hatte – da ist sich die 30 Jahre alte Mutter nicht sicher. 

Was aber klar wird an diesem ersten Verhandlungstag in Saal 5 des Landgerichts: Die Bewohner leiden sehr unter der Explosion und ihren Folgen. Die junge Frau aus dem ersten Stock hat sich in Therapie begeben. „Bei lauten Geräuschen brennen bei mir alle Sicherungen durch“, berichtet sie, nachdem sie ihre Tränen getrocknet hat. „Ich hatte das immer weiter im Hinterkopf.“ Langsam werde es besser. Aber ihre Wohnung vermisst die 24-Jährige immer noch – ihrer Nachbarin aus dem Erdgeschoss geht es nicht anders.

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