Carsten Henn in Leverkusen„Ein leicht angetrunkenes Publikum ist mir das liebste“

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Carsten Henn (rechts) hat das Sachbuch „Der Mann, der auf einen Hügel stieg und von einem Weinberg herunterkam“ geschrieben.

Leverkusen – Erstmals findet der Literarische Sommer auch in Leverkusen statt. Aus der kleinen Veranstaltungsreihe am Niederrhein, vor 23 Jahren von drei Bibliotheken in Neuss, Krefeld und Mönchengladbach ins Leben gerufen, ist mittlerweile ein trinationales Kulturfestival geworden.

Neben Deutschland und der Niederlande ist in diesem Jahr erstmals das belgische Flandern Austragungsort für einige der 50 Lesungen. Von Juli bis September touren Autorinnen und Autoren rund um das Länderdreieck. Und sie lesen mitunter an außergewöhnlichen Orten. „Das ist etwas, was den Literarischen Sommer auszeichnet“, erzählt Projektleiterin Claudia Büchel. In Burgen oder einem Gerichtssaal hat sie die Literatur-Begeisterten schon empfangen.

Die erste Lesung am Waldhaus Römer

Mittwochnachmittag wartet die Bibliothekarin mitten im Wald auf die Gäste. Am Waldhaus Römer fand die erste Leverkusener Lesung statt. Obwohl Claudia Büchel nun die Stadtbibliothek Neuss leitet, ist ihr der Ort nicht fremd, denn sie hat neun Jahre in der Leichlinger Bücherei gearbeitet.

An den Picknicktischen mit Anti-Mücken-Kerzen treffen also die hiesigen Bücherfreunde auf den Autor des Abends: „Was Carsten Henn immer auszeichnet, ist dieses Kulinarische dabei“, kündigt Büchel ihn an. Der Bestseller-Autor und Restaurant-Kritiker des „Kölner Stadt-Anzeiger“ schrieb schon Romane über Whiskey oder Pralinen, sein neuestes Buch vereint das Schreiben jedoch mit einer seiner weiteren Leidenschaften: Dem Wein. Der fehlt natürlich auch auf den Picknick-Tischen nicht. Die Leverkusener Filiale von „vom Fass“ hat dem Waldhaus Römer eine Sonder-Auswahl für den Abend zusammengestellt.

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Carsten Henns Lesung war die erste in der Reihe „Literarischer Sommer“.

Wie Carsten Henn zur Literatur fand, erzählt er am Mittwoch. „Bevor ich schreiben konnte, habe ich mir Lieder ausgedacht“, erzählte Henn dem Moderator des Abends, Oliver Vogt. Er organisiert für Euregio-Kultur den Literarischen Sommer. Es ist sein Verdienst, dass dieses Jahr auch Leverkusen als Bühne dient, seinen Wohnort habe er dabeihaben wollen.

„Ein leicht angetrunkenes Publikum ist mir das liebste“

Carsten Henn aber fährt fort: „Es war das Bedürfnis, irgendwas in Worte zu fassen.“ Nach Lyrik, Kritiken, Erzählungen, mehrbändigen Romanen ist schließlich „Der Mann, der auf einen Hügel stieg und von einem Weinberg herunterkam“ entstanden. Das „erzählende Sachbuch“, wie der Weinjournalist und Gastrokritiker sein genre-übergreifendes autobiographisches Werk nennt, stellt nicht nur den deutschen Riesling in die Mitte seiner Untersuchung, sondern auch seinen persönlichen Zugang zum Wein.

„Ein leicht angetrunkenes Publikum ist mir das liebste“, prostet er beim Lesen einiger Passagen seinen Gästen zu. „Seid ihr Literatur- oder Weinliebhaber?“ Die Runde hebt kollektiv beide Zeigefinger, die Schnittmenge scheint groß zu sein. Auch Margarete und Erich Laars hören zu, während sie auf der Lichtung hinterm Waldhaus Flammkuchen essen und der Anleitung Henns folgend Riesling probieren. Ein Schlürfen tönt durch die kleinen Lautsprecher, als der Autor Pfirsich, Aprikose und Apfel herausschmeckt. „Je öfter man daran riecht, desto mehr erkennt man die Aromen“, stimmt Margarete Laars zu. Sie ist ebenfalls Liebhaberin von Literatur und Wein. Die ehemalige Buchhändlerin reist gerne in die Weinberge der Mosel.

„Wir trinken Geschichten, wenn wir Wein trinken“, sagt Carsten Henn. Den Boden, das Klima, die Liebe des Winzers schmeckt er heraus. „Die besten Wein-Beschreibungen sind fast wie Poesie“, spricht der Kritiker über die Weinsprache, die jeder für sich selbst finden müsse. Die Kellnerin schenkt nach.

Details über Wein und Menschen

Im Buch führt Carsten Henn durch ein Winzer-Jahr, gespickt von humorvollen Exkursen. Wie in seiner Literatur beweist der Autor im Gespräch am Waldhaus seine Beobachtungsgabe für die fast nebensächlichen Details, die doch so viel aussagen können. Sei es über Wein oder Menschen.

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Weitere Lesungen des Literarischen Sommers in Leverkusen (Hier geht es zum Programm). finden am 23. August mit Heinrich Steinfest im Schloss Morsbroich und am 3. September mit Toine Heijmans und Übersetzerin Ruth Löbner in der Stadtbibliothek Leverkusen jeweils um 19 Uhr statt.

Der Eintritt kostet knapp zehn Euro, mit dem Festivalticket für 25 Euro müssen nur noch Plätze an den jeweiligen Lesungen für einen Euro reserviert werden.

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