Sieben ToteLeverkusener Katastrophen-Ofen soll schnell wieder in Betrieb gehen

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Bei der Explosion am 27. Juli starben in Leverkusen sieben Menschen.

Leverkusen – Das Tanklager, von dem die Katastrophe am 27. Juli ausging, soll erst einmal nicht wieder aufgebaut werden. So will Currenta es hinbekommen, den Sondermüllofen in Bürrig möglichst schnell wieder in Betrieb zu nehmen. Das wurde beim ersten Treffen des „Begleitkreises“ deutlich.

In dem Gremium sitzen ausgewählte Betroffene, Umweltorganisationen und Politiker zusammen. Geleitet wird es von Christian Jochum. Der Professor hat vor Jahrzehnten bei Hoechst angefangen, später die Störfall-Kommission geleitet, die inzwischen auf den weniger martialisch klingenden Namen „Kommission für Anlagensicherheit“ umgetauft wurde und deren derzeitiger Chef Stephan Kurth ebenfalls im Begleitkreis sitzt.

Er ist nebenbei Leiter des Öko-Instituts – womit das neue Leverkusener Gremium nicht „zu industrielastig“ ausfällt. So hat es am Donnerstagabend nach Angaben von Teilnehmern der nichtöffentlichen Runde Horst Büther formuliert, Leiter der Abteilung Umwelt und Arbeitsschutz im Kölner Regierungspräsidium. Er ist seitens der Aufsichtsbehörde nah dran an der havarierten Anlage.

Bezirksregierung hat Jochum vorgeschlagen

Die Bezirksregierung hatte den renommierten Sicherheitsexperten Jochum als weiteren Gutachter vorgeschlagen. Akzeptiert – und bezahlt – werden er und sein Team von Currenta. Das musste den gut 30 Teilnehmern des ersten Treffens, das aus Gründen des Infektionsschutzes von der Bürgerhalle ins Internet verlegt worden war, nochmals verdeutlicht werden. Denn weil sich Jochum auf die Organisation von Currenta verlassen hatte, waren auch die Einladungen von dem Chempark-Betreiber und Verursacher des Desasters verschickt worden. Was manchen Teilnehmer offenbar verwirrt habe, hieß es.

Natürlich hatte Currenta eine Abordnung in den Begleitkreis entsandt. Technik-Chef Hans Gennen, Chempark-Leiter Lars Friedrich und den Ansprechpartner im Nachbarschaftsbüro an der Friedrich-Ebert-Straße, Ulrich Bornewasser. Er hatte früher im Bürriger Entsorgungszentrum eine führende Position.

Es geht nicht um die Schuldfrage

Jochum arbeitete eine Dreiviertelstunde lang heraus, welche Aufgabe der Begleitkreis bei der Aufarbeitung und Bewältigung der Katastrophe haben soll – und welchen nicht: „Die Schuldfrage ist nicht unser Thema.“ Vielmehr gehe es darum, die Sicherheit der immer größer gewordenen Anlage zu verbessern – womöglich auch über das von den Behörden geforderte Niveau hinaus. Es gehe auch darum zu überprüfen, ob die Sicherheitsvorkehrungen „gelebt“ werden im Arbeitsalltag des Störfallbetriebs.

Mit Blick auf die ersten Zwischenberichte, die der renommierte Experte als recht zuverlässig bezeichnet haben soll, hieß es zur Ursache: Der thermisch instabile Giftstoff aus Dänemark sei „oberhalb der kritischen Temperatur gelagert“ worden und habe sich zersetzt, was zur Explosion führte. Solche gefährlichen Eigenschaften „kann man testen“, so Jochum.

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Am 27. Juli hatte Currenta nicht so viel getestet wie möglich gewesen wäre. Das war einer der Kritikpunkte, die Anwohner Peter Odenthal anbrachte. „Ich habe ph-Wert 1 gemessen“, sagte der frühere Bayer-Mitarbeiter. Für seine Proben hätten sich weder Currenta noch das Lanuv interessiert. Aber Greenpeace. Der Umgang mit der Katastrophe sei „katastrophal“, vor allem die Kommunikation. Immerhin: Der Abschlussbericht des Begleitkreises soll öffentlich sein.

Unterdessen begrüßt Regierungspräsidentin Gisela Walsken, dass der Begleitkreis an die Arbeit gegangen ist. Das Gremium trage zu einer „unabhängigen Bewertung“ der Katastrophe und der Sicherheitsstandards bei Currenta bei. 

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