Explosion in LeverkusenKontrolleure verzichten auf harte Auflagen für Wiederaufbau

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Die Systemfrage stellt sich nicht nach der verheerenden Explosion in Bürrig, findet die Bezirksregierung.

Leverkusen – Currenta muss die Ursache der Katastrophe vom 27. Juli absolut sorgfältig aufarbeiten lassen. Dann kann die Bürriger Sondermüll-Verbrennungsanlage ohne tiefgreifende Veränderungen wieder in Betrieb gehen. Das geht aus einer Antwort der Bezirksregierung auf einen Fragenkatalog hervor, den vor einer Woche die Grünen im Regionalrat der Kölner Behörde zugeleitet hatten.

Ausführlich geht die Behörde, aus der sämtliche Genehmigungen des Störfall-Betriebs kommen und die auch für seine regelmäßige Überwachung verantwortlich ist, auf die Aspekte ein, die Rolf Beu und Ursula Ehren aus der Grünen-Fraktion im Regionalrat aufgeworfen hatten. Zu den Kontrollmechanismen, die nach dem 27. Juli unter die Lupe genommen worden waren, heißt es: „Aus Sicht der Bezirksregierung ist dieses Überwachungssystem ausreichend.“

Letzter Check nur per Video

Die Kontroll-Routinen hatten allerdings Fragen aufgeworfen. So hatte die Bezirksregierung die letzte ausführliche Begutachtung der Anlage nicht zu Ende gebracht: Mit dem notwendigen Schutz vor Corona-Ansteckungen hatte sie begründet, dass es vorigen März nur eine Videokonferenz gegeben hatte, in der das zuvor von Currenta zur Verfügung gestellte Aktenmaterial erörtert wurde. In Augenschein sollte die riesige Anlage erst im August genommen werden. Dazu kam es nicht mehr. Was auch heraus kam: Das Prüfintervall hatte die Bezirksregierung auf drei Jahre verlängert. Das ist das Maximum. Anrainer konnten das nicht verstehen angesichts des Alters der von Bayer konzipierten Anlage.

Mit Blick darauf, dass der Stoff, der sich in Tank 3 neben dem Sondermüllofen über viele Stunden immer weiter erwärmt hatte und schließlich explodiert war, aus Dänemark kam, fragten sich Beobachter, ob es nicht mehr Sicherheit gebe, wenn Currenta nur noch Abfälle aus dem Chempark in Bürrig verbrennen würde. Nach Angaben des Unternehmens stammt inzwischen etwa ein Drittel der Abfälle aus fremder Chemie-Produktion. In Bürrig können nach der jüngsten Kapazitätserweiterung pro Jahr 264.000 Tonnen Sonderabfall verbrannt werden.

Importverbot? Nicht machbar

Zur Forderung, die Importe durch Erlass der Aufsichtsbehörde einzustellen, wie sie vom BUND, aber auch den Grünen und der Bürgerliste im Stadtrat ins Gespräch gebracht wurde, hieß es am Freitag aus der Kölner Zeughausstraße: „Einschränkungen zum Entstehungsort der Abfälle sind rechtlich nicht begründbar und könnten allenfalls als freiwillige Selbstbeschränkung der Betreiberin umgesetzt werden.“

Auch das Problem Hochspannungsleitung muss aus Sicht der Genehmigungsbehörde nicht grundsätzlich angepackt werden. Die 110-Kilovolt-Leitung führt über das Gelände, und das darf auch so bleiben. Am Tag der Explosion und des folgenden Großbrands, bei dem sieben Menschen zu Tode kamen, 31 verletzt wurden und sich ein Rußregen über weite Teile der Stadt ergoss, war das Kabel vom Mast auf den Boden geraten.

Strom schneller abschalten

Der daraus folgende Erdschluss hatte die Löscharbeiten nach Angaben der städtischen Feuerwehr für 102 Minuten behindert: Sie konnte das riesige Feuer nur von einer Seite bekämpfen. Der Spezialist, der die Leitung abschalten konnte, steckte im Stau auf der wegen des Brands gesperrten Autobahn. Das aber müsse besser werden, fordert die Bezirksregierung: „Es sind künftig organisatorische Maßnahmen zu treffen, um im Ereignisfall ein schnelleres Freischalten der Hochspannungsleitung zu ermöglichen.“

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Für bessere Kontrollen von Luft und Boden besteht aus Sicht der Bezirksregierung auch kein Anlass: Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz habe schließlich schnell „eine Vielzahl von Messungen durchgeführt. Zudem wurden am Ereignistag und auch später Proben genommen und auf verschiedene Substanzen untersucht“. Für vom Betreiber der Anlage unabhängige Kontrollen der Umweltauswirkungen sei mithin gesorgt.

Landesumweltministerin Ursula Heinen hatte vor zwei Monaten auf einer öffentlichen Diskussion noch gesagt, dass sie sich künftig strengere Kontrollen der Betreiber von Störfallbetrieben wie dem von Currenta vorstellen kann. Die Antworten der Bezirksregierung geben das nicht her.  

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