Im Februar soll der Stadtrat den Weg freimachen für die Nachfolge von Michael Molitor. Der Finanzdezernent ist seit dem Sommer nicht mehr im Dienst.
Gemeinsamer AntragErdrückende Mehrheit will Kämmerer von Leverkusen abberufen

Die Abwahl von Michael Molitor hat Ende Oktober nicht geklappt. Aber der Antrag auf Abberufung des Kämmerers hat jetzt schon 60 Unterschriften.
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Die Abwahl hat nicht funktioniert, Ende Oktober. Die Abberufung aber wird es aller Voraussicht nach: 60 Mitglieder des neuen Stadtrats haben den Antrag unterzeichnet, Stadtkämmerer Michael Molitor abzuberufen. Er soll indes nicht in der kommenden Sitzung behandelt werden. Die wäre am Montag, 15. Dezember. Vielmehr soll sich der Stadtrat am Montag, 23. Februar 2026, mit der Sache befassen. Dann aber soll es schnell gehen: „Die Abberufung wird sofort vollzogen“, heißt es.
Der Hintergrund: Nach einer Abberufung kann schnell ein Ersatz ins Amt gebracht werden. Der Kämmerer hat eine herausgehobene Position in der Stadtverwaltung. Gesucht wird eine Person, die als Wahlbeamter oder Wahlbeamtin für mindestens acht Jahre im Dienst ist. Seit drei Monaten wird die Kämmerei nebenbei geführt. Das kann in der seit 15 Monaten andauernden finanziellen Notlage der Stadt kein Dauerzustand sein. Derzeit ist der zweite Mann in Leverkusens Stadtverwaltung verantwortlich: Stadtdirektor Marc Adomat ist eigentlich Dezernent für Schulen, Kultur und Sport.
Deppe vertrat Molitor nur ein paar Wochen
Anfänglich war Baudezernentin Andrea Deppe von Oberbürgermeister Uwe Richrath in die Pflicht genommen worden. Im Zusammenhang mit der Affäre um jahrelang nicht eingetriebene Gebühren für den Rettungsdienst fiel Deppe dann aber auch schnell aus: Ende August wurde sie – wie zwei Wochen zuvor Kämmerer Molitor aus anderen Gründen – ihrer Amtsgeschäfte enthoben.
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Unterzeichnet haben den Antrag, Michael Molitor nun auch abzuberufen, jeweils alle Mitglieder der Fraktion von CDU, SPD, Grünen, Opladen Plus, der Linken sowie der Fraktionsgemeinschaft aus Bürgerliste und Volt. Dazu kommen Jörg Berghöfer und Valeska Hansen von der FDP. Nicht unterschrieben hat Benedikt Rees von der Klimaliste. Außerdem fehlen die elf Unterschriften der AfD-Leute. Es ist aber denkbar, dass auch die Nicht-Unterzeichner die Abwahl des seit vorigem Sommer von seinen Amtsgeschäften entbundenen Kämmerers unterstützen: Weder Rees noch die AfD gehören zum Kreis derer, mit denen die anderen politischen Ratsvertreter Absprachen über gemeinsame Anträge treffen.
Der Kämmerer wollte nicht mehr
Zur Erinnerung: Michael Molitor hatte im Sommer selbst um die Entbindung von seinen Amtsgeschäften gebeten. Nach einem glimpflich verlaufenen Autounfall war er nach eigenen Worten in sich gegangen, hatte sich gefragt, ob er noch am richtigen Platz ist. Denn Leverkusens Finanzdezernent hatte ein Jahr lang viel Kritik auf sich gezogen: Die Verantwortung dafür, im wirtschaftlichen Krisenjahr 2024 mit einer Rekordeinnahme an Gewerbesteuern kalkuliert zu haben, war vor allem ihm zugeschrieben worden. Als diese Illusion platzte und im August 2024 eine Haushaltssperre verhängt werden musste, stand viel weniger Oberbürgermeister Uwe Richrath (SPD) im Fokus als Molitor, der ein CDU-Parteibuch hat.

Michael Molitor hat in der Finanzkrise viel Kritik einstecken müssen. Am 23. Februar 2026 soll der seit Mitte August vom Dienst suspendierte Kämmerer abberufen werden. Das entspricht seinem eigenen Wunsch.
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Molitors Bitte um Abberufung und ihre Kommentierung hatte erhebliche Wellen geschlagen: Denn sie warf ein Schlaglicht auf das Arbeitsklima im Verwaltungsvorstand. Molitor sah sich von den anderen Dezernenten im Ringen um ein Konzept, mit dem Einnahmen und Ausgaben der Stadt Leverkusen auf Dauer wieder ins Gleichgewicht zu bringen wäre, im Stich gelassen. Von Baudezernentin Andrea Deppe fühlte sich der Kämmerer sogar gemobbt. Das alles war ein paar Wochen, bevor Deppe ebenfalls von ihren Amtsgeschäften entbunden wurde.
Ein Fall von Illoyalität
Molitors Suspendierung wurde vom damaligen OB Richrath mit Illoyalität begründet: Der Brief, in dem der Kämmerer die Verhältnisse an der Spitze der Stadtverwaltung anprangerte, war auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin im Stadtrat verlesen worden. Diesen Job hatte Stefan Hebbel übernommen, seinerzeit noch Vorsitzender der CDU-Fraktion. Dass die Kritik öffentlich gemacht wurde, hatte zunächst vor allem bei den Grünen für Empörung gesorgt; aus dieser Fraktion kam sofort der Ruf nach disziplinarischen Maßnahmen gegen Molitor. Kurz darauf wurden sie vollzogen: Als Molitor nach überstandener Krankheit Mitte August zum Dienst erschien, schickte der OB ihn wieder nach Hause.
Wer immer ihm nachfolgt, wird es nicht leicht haben: Zwar hat noch der alte Stadtrat Ende Oktober nach langem Zögern einen Etat für das zu Ende gehende Jahr, vor allem aber ein Konzept zur Haushaltssicherung (HSK) mit knappster Mehrheit verabschiedet. Das HSK ist auf 15 Jahre angelegt. Das ist fünf Jahre länger als üblich. Es erlegt der Stadt und dem Stadtrat einerseits eine strenge Kostendisziplin – und nebenbei den Abbau von mehr als 700 Stellen in der Verwaltung – auf. Andererseits werden eine Menge Annahmen getroffen, die angesichts der langen Laufzeit einem Blick in die Glaskugel gleichen. Das gilt zumal für eine der größten Einnahmequellen der Stadt Leverkusen: die Gewerbesteuer.

