„So viel zu verlieren“Gäste des Integrationsrats Leverkusen hatten Kloß im Hals

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Oberbürgermeister Uwe Richrath zeichnete Sam Kofi Nyantakyi, den langjährigen Leverkusener Integrationsvorsitzenden, aus.

Oberbürgermeister Uwe Richrath zeichnete Sam Kofi Nyantakyi, den langjährigen Leverkusener Integrationsratsvorsitzenden, aus.

Oberbürgermeister Uwe Richrath zeichnete Sam Kofi Nyantakyi, den langjährigen Leverkusener Integrationsvorsitzenden, aus.

Sam Kofi Nyantakyi hat damit offenbar nicht gerechnet. Als Oberbürgermeister Uwe Richrath am Freitagabend auf dem Neujahrsempfang des Integrationsrats in der Musikschule in Wiesdorf seine Rede beendet hat, eröffnet er einen neuen Programmpunkt, der Nyantakyi sichtlich überrascht. Der OB zeichnet den Vorsitzenden des Leverkusener Integrationsrats für sein viele Jahre währendes Engagement mit der Ehrenurkunde aus.

Sichtlich bewegt nimmt Sam Kofi Nyantakyi die Urkunde entgegen. Die Stimmung im Raum löst sich in diesem Moment wieder etwas, denn was der Integrationsratsvorsitzende und Richrath in ihrem Reden zuvor gesagt haben, beschert den anwesenden Gästen sicher den einen oder anderen Kloß im Hals. Denn die gesellschaftlichen Vorzeichen sind in diesem Jahr andere als in den vergangenen.

Sam Kofi Nyantakyi fand klare Worte.

Sam Kofi Nyantakyi fand klare Worte.

Über dem Abend, der unter normalen Umständen als verbindendes Element im Kalender der Leverkusener Gesellschaft gesehen werden soll, schwebt die drohende Gefahr des Rechtsrucks in Deutschland, gegen die derzeit in ganz Deutschland Woche für Woche Hunderttausende auf die Straßen gehen.

Leverkusen: OB Richrath wirbt für Demokratie

„Wir müssen zusammenarbeiten für eine tolerante, vielfältige und respektvolle Gesellschaft“, sagt Sam Kofi Nyantakyi in seiner Eröffnungsrede. „Sollen wir aufgeben, was unsere Eltern hier aufgebaut haben?“, fragt er. Hintergrund sind die Recherchen der Journalisten-Plattform „Correctiv“ zu einem Treffen von Rechtsextremen in Potsdam, bei dem über die Ausweisung von Millionen von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie Andersdenkenden gesprochen wurde.

Sollen wir aufgeben, was unsere Eltern hier aufgebaut haben?
Sam Kofi Nyantakyi, Vorsitzender des Integrationsrates Leverkusen

„Sollen wir aufgeben?“, fragt er erneut in eine beklemmende Stille. Man rede zu viel, aber tue zu wenig, sagt Nyantakyi. Er spricht aus, was angesichts der Potsdamer Planspiele sicher vielen Menschen mit Migrationsgeschichte durch den Kopf geht: „Kann ich meine Kinder hinausschicken in eine solche Welt?“ Die jüngsten Entwicklungen, die die Menschen auf die Straße bringen, seien ein Weckruf. „Wir können jetzt nicht mehr schweigen. Lasst uns ein Bollwerk bilden gegen das, was auf uns zukommt.“

Oberbürgermeister Richrath, der sich gerade öffentlich für ein weltoffenes Leverkusen ausgesprochen hat, spricht mit belegter Stimme. Offenbar geht ihm das alles sehr nahe. „Wir haben gedacht, wir haben unsere Lektion gelernt“, sagt Richrath. Die Deutschen müssten angesichts des Zweiten Weltkriegs am besten wissen, dass man früh anfangen müsse, auf eine Gesellschaft aufzupassen. Aber das habe man offenbar nicht geschafft.

65 Prozent der Kinder in den Leverkusener Kitas hätten eine internationale Familiengeschichte, sagt der OB. „Wenn die AfD in die Regierung kommt, ist das ein Dammbruch.“ Deshalb dürfe man die Parlamente nicht verlieren. Richrath lobte auch, dass die Menschen nun auf die Straße gingen. „Wir haben so viel zu verlieren.“ Die Demokratie sei das Beste, was wir haben. „Lasst uns ein Deutschland kreieren, das fest und stabil bleibt.“

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