VergewaltigungsprozessLeverkusener soll 29.750 Euro Schmerzensgeld zahlen

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Ein Flur im Kölner Landgericht. Foto: Ralf Krieger

Ein Flur im Kölner Landgericht.

Der Angeklagte gab zwar zu, seine Freundin geschlagen zu haben. Mehr sei aber nicht geschehen, schon gar keine Vergewaltigung.

„Ich weiß, dass ich mich strafbar gemacht habe“, verliest der Anwalt des mutmaßlichen Gewalttäters und Vergewaltigers Mustafa J. in dessen Namen mit auffallend sanfter Stimme: Das ist kein Geständnis, nur eine Einlassung des Angeklagten. Er gibt darin ein paar Körperverletzungen, auch gefährliche, zu, die er seiner Freundin Nadine L. (alle Namen geändert) beigebracht hat. Was er weiterhin nicht zugibt, sind die sehr viel schwerwiegenderen Vorwürfe der sexuellen Delikte, der Vergewaltigung. Die könnten ihm sogar eine Mindest-Gefängnisstrafe einbringen.

Die Beziehung soll demnach langsam in die Gänge gekommen sein, zuerst habe sie sogar in einem Zimmer mit bei den Eltern gewohnt haben, ohne dass etwas zwischen ihnen gelaufen sei. Als Grund gibt er im Kölner Landgericht an, dass seine konservativ-muslimischen Eltern für ihn eine Hochzeit in Marokko arrangiert hatten. Die Familie stammt ursprünglich aus Ceuta in Marokko. Die Ehe sei dann 2014 auch geschlossen worden, obwohl es zwischen Nadine L. und Mustafa J. kurz zuvor dann doch den ersten Sex gegeben haben soll.

In der Lebensphase als frischer marokkanischer Ehemann mit einer nebenher laufenden Beziehung zu Nadine L. sei er gewalttätig ihr gegenüber geworden. Als Grund verliest der Anwalt: „Sie (Nadine) hat mich in meiner Lebensplanung gestört.“

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Angeklagter will alleinerziehender Vater in Wiesdorf sein

Zur Lebensplanung sagte er noch mehr: Die Ehe mit der Marokkanerin wurde auch bald geschieden, aber es gibt eine Tochter aus der Verbindung. Mit der Tochter, die in die zweite Klasse geht, lebt Mustafa J. nach eigenen Angaben zurzeit in Wiesdorf zusammen: als alleinerziehender Vater. Die Kindsmutter habe das Kind nicht behalten wollen, dem Gericht liegen sogar Papiere der inzwischen in Spanien lebenden Mutter vor, nach denen sie freiwillig aufs Sorgerecht verzichtet haben soll.

3000 Euro, trägt der Anwalt weiter vor, habe Mustafa J. Nadine L. als Wiedergutmachung angeboten, das Angebot habe sie aber abgelehnt. Nadine L. ist Nebenklägerin. Ihr Anwalt verliest daraufhin ihre Forderung: 29.750 Euro Schmerzensgeld, alleine 10.000 Euro für eine ganz besonders erniedrigende Vergewaltigung, bei der sie nach eigenen Angaben innere Verletzungen des Darms erlitten habe.

Die obligatorischen Angaben zu seiner Person machte der Angeklagte Leverkusener selbst, sonst lässt er seine zwei Anwälte vor Gericht agieren. Er selbst ist arbeitslos, habe nichts gelernt, die Hauptschule abgebrochen, habe mal gelegentlich einen 400-Euro-Job gemacht, lebe seit langem vom Jobcenter: „So vier bis fünf Jahre.“ Ab und zu habe er mal vom Onkel oder den Eltern ein Taschengeld bekommen.

Luxus-Poserei im Netz

Beim Betrachten seiner Social-Media-Seite im Netz legt allerdings den Schluss nahe, dass er zumindest im Netz in den Jahren 2015 bis 2018 der Luxus-Muckibuden-Poserei mit AMG-Mercedes, Boss-Klamotten, Sonnenbrille, gestähltem Oberkörper und Rolex gefrönt hat.

Die Richterin ist nicht zu beneiden: Einerseits präsentierte sich Mustafa J. am Donnerstag als treu sorgender alleinerziehender Vater vor Gericht. Andererseits aber hat die rechtspsychologische Gutachterin nicht den geringsten Zweifel daran, dass die belastende Aussagen glaubwürdig und erlebnisbasiert waren.

Die Gutachterin hat den Prozess beobachtet, die Akten studiert und sich intensiv mit Nadine L. beschäftigt. Ihr Fazit: Nadine L. habe sich die belastenden Aussagen nicht ausgedacht, sondern nach ihren Erkenntnissen wirklich selbst erlebt. Insbesondere auch die Vergewaltigungen. Die Anwälte versuchen, das für den Indizienprozess womöglich entscheidende Gutachten in Zweifel zu ziehen.

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