LeverkusenProzess gegen Familienclan beginnt – Ehepaar um 80.000 Euro betrogen

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Einsatzkräfte der Polizei bei der Razzia im April gegen den Familienclan in Leverkusen.

Leverkusen – Ab jetzt rollt die Prozesslawine. Seit Montagmorgen verhandelt die 19. Große Strafkammer am Kölner Landgericht gegen das Oberhaupt der stadtbekannten Großfamilie, ein Mitglied der weitverzweigten Sippe sowie einen Helfer aus Dortmund. 

Im ersten von absehbar mehreren Prozessen gegen die Familie müssen sich Enis H. (alle Namen geändert) –  der 42-Jährige trägt den Beinamen „Don“ und gilt  als Clan-Chef –, der ebenfalls zur Sippe zählende Günter L. sowie Schado U. wegen gewerbsmäßigen Betrugs verantworten.

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Der angeklagte Clan-Chef mit seinem Anwalt Edip Resit.

Der Prozess ist Ergebnis jahrelanger Ermittlungen, die am 14. März in einer Razzia und vier Verhaftungen gipfelten.  Seit diesem Tag sitzt Enis H. als mutmaßlicher Haupttäter im Aachener Gefängnis, den zweieinhalb Jahre jüngeren Günter L. hat die Justiz vorläufig in der JVA Köln-Ossendorf  untergebracht.  

Der bewährte Teppich-Trick

Was da bis zum 9. November vor Gericht aufgearbeitet wird, kommt Kennern der Familie als laufendes Geschäft vor. Die Masche ist bekannt und war schon Gegenstand anderer Prozesse: Vor einem Jahr  reiste das Trio laut Anklage nach Hamburg. Der „Don“ hielt sich im Hintergrund, während sich seine Komplizen gen Westen aufmachten, in das Städtchen Mittelnkirchen.

Dort waren sie telefonisch angekündigt, unter falschen Namen. Ein Paar Mitte Siebzig, das angeblich vor vielen Jahren schon mal Teppiche bei den Angeklagten gekauft hatte, sollte ihnen nun aus einer kurzfristigen Klemme helfen: Ein Container mit Teppichen müsse im  Hamburger Hafen ausgelöst werden, behaupteten sie. Dafür sollte das Ehepaar ihnen 80.000 Euro leihen. Die Sache werde binnen Stunden abgewickelt, als Belohnung winke eine Prämie von 10 000 Euro, als Pfand sollten ein Paar wertvolle Teppiche bei dem Ehepaar deponiert werden - und Günter L. in ihrem Haus bleiben.

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Der angeklagte Helfer im Betrugsprozess gegen die Großfamilie.

Wie in vielen anderen Fällen verfing der simple Teppichtrick: Der 74 Jahre alte Mann  fuhr zur Sparkasse ins benachbarte Jork, hob 80 000 Euro ab und übergab sie den beiden Männern.  Schado U. verließ das Haus angeblich in Richtung Hamburger Hafen, und irgendwann stahl sich auch Günter L. davon. Zurück blieben die  Gastgeschenke – Safran und Datteln – sowie die Teppiche. Kein Verlust, wie üblich: Die Knüpfwaren waren „praktisch wertlos“, so die Staatsanwältin.

Zwei wollen aussagen

Schon am Freitag wird sich zeigen, was im Detail passierte vor einem Jahr. Schado U. will aussagen. Der  51-jährige Dortmunder habe die Tat ja schon bei der Polizei gestanden, erklärte  einer seiner Anwälte. Nur  dass der gelernte Kupferschmied Teil einer Bande ist, bestreitet er. Auch Günter L. will etwas zu der  Tat in Norddeutschland sagen.

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Der „Don“ indes hielt sich am Montag noch bedeckt. Wohl auch, weil der Teppichbetrug nur einer von vielen Vorwürfen gegen den Clan-Chef ist. So soll er sich das Vertrauen eines betagten, überaus vermögenden Ehepaars erschlichen und allein bei ihm rund eine Million Euro erbeutet haben. Außerdem steht Enis H. im Mittelpunkt von Betrügereien zulasten von Banken und der öffentlichen Hand: Die Großfamilie bezieht seit langem Sozialleistungen und pflegt einen aufwendigen Lebenswandel.

Bei der Razzia am 14. März wurden diverse Luxuskarossen beschlagnahmt. Sie standen auf dem Grundstück von Enis H. an der von-Ketteler-Straße. Es wird also nicht das letzte Verfahren gegen die Großfamilie sein. 

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