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ProzessDer Räuber von der Pommernstraße sollte längst abgeschoben sein

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Das Landgericht in Köln

Vor dem Landgericht in Köln ging der Prozess gegen einen jungen Kurden weiter. Er sollte gar nicht mehr in Deutschland sein.

Neben einer 85-jährigen Frau aus Leverkusen wurde auch ein Kölner Straßenbahnfahrer Opfer des aggressiven Drogenabhängigen.

Der Mann, der Ende August einer 85 Jahre alten Frau ihren Rucksack rauben wollte, hätte da eigentlich schon gar nicht mehr in Deutschland sein sollen. Denn schon Mitte April hatte der 24-jährige Kurde einen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge erhalten. Danach war sein Asylantrag abgelehnt worden. Er sollte Deutschland binnen einer Woche in Richtung Türkei verlassen.

Rund ein Jahr vorher war Mesut L. (Name geändert) angehört worden. Er hatte vorgebracht, 2018 in der Türkei angeklagt worden zu sein, weil er Propaganda der PKK im Internet weitergeleitet hatte. Wie sich am Donnerstag im Kölner Landgericht herausstellte, war er allerdings im Juni 2022 wegen Drogenbesitzes verurteilt worden.

Das ist interessant im Hinblick auf den laufenden Prozess vor der 2. Großen Strafkammer: Denn sowohl den letztlich gescheiterten Überfall auf die 85-Jährige an der Pommernstraße als auch einen weiteren Vorfall fünf Wochen zuvor will L. unter dem Einfluss starker Drogen verübt haben.

Randale in der Straßenbahn

Am 22. Juli war er abends an der Endhaltestelle Thielenbruch in einer Straßenbahn der Linie 3 eingeschlafen. Als der 38-jährige Straßenbahnfahrer ihn an der Schulter rüttelte, sei er aufgesprungen und „direkt auf mich losgegangen“, berichtete der Zeuge am Donnerstagnachmittag. Um sich zu schützen, habe er seine Kladde mit dem Fahrplan hochgerissen, so der Fahrer. Trotzdem habe ihm der Mann einen harten Schlag auf die Brust verpasst. „Das hat schon weh getan“, erinnerte sich der Zeuge.

Dann habe sich der Mann nach gutem Zureden zunächst wieder hingesetzt. Der Fahrer ging auf die Toilette und habe von dort aus bemerkt, dass der Kunde wieder „randaliert“: Zunächst in der Bahn, dann sei der Unbekannte ausgestiegen. Er habe schnell die Türen zugemacht, so der Fahrer. Aber weil er laut Plan noch nicht abfahren durfte, konnte sich der aggressive Kunde von außen an der Bahn zu schaffen machen. Er habe mehrfach gegen zwei Scheiben getreten, sodass diese aus dem Rahmen gerutscht seien. 

Daraufhin habe ihm die Leitstelle gesagt, er solle jetzt einfach losfahren, berichtete der Fahrer. An der nächsten Haltestelle, Dellbrück Hauptstraße, habe er den Schaden begutachtet und die Fahrgäste aussteigen lassen: Die Straßenbahn war zu stark beschädigt, die beiden Scheiben hätten jederzeit herausfallen können. Er steuerte den KVB-Betriebshof in Merheim an.

Es tut mir sehr leid, ich erinnere mich an nichts.
Der Angeklagte

An diesen Vorfall kann sich der Angeklagte praktisch gar nicht mehr erinnern, sagte er. „Es tut mir sehr leid, ich erinnere mich an nichts“, sprach er den Straßenbahnfahrer am Donnerstag im Gericht an.

So ähnlich hatte sich der junge Mann auch beim Prozessauftakt vor zwei Wochen verhalten: Die Leverkusenerin mit ihrem Rollator hatte er im Gericht allerdings wiedererkannt.

Inwieweit der Kurde wegen seines Drogenkonsums überhaupt schuldfähig ist, muss ein Sachverständiger klären. Mit Blick auf die Abschiebung stellt sich für das Gericht allerdings die Frage, ob man den Prozess überhaupt bis zum Ende führen sollte. Eigentlich sollte Mesut L. am 27. Oktober ins Flugzeug Richtung Türkei gesetzt werden. Aus Sicht der Staatsanwältin überwiegt allerdings das Strafinteresse. Das musste das Gericht so hinnehmen. Auch der Verteidiger wunderte sich am Donnerstag über diese Haltung. Folglich wird der Prozess im kommenden Jahr fortgesetzt.